Donnerstag, 6. Juni 1918

   

Etwa 3000 Kriegsgefangene aus unseren jüngsten Siegen im Westen kamen Dienstag nachmittag in einem langen Eisenbahnzuge durch Bonn. Die Engländer und Franzosen, die an den Wagenfenstern zu sehen waren, schienen sich mit ihrem Schicksal, in deutscher Gefangenschaft das Ende des Krieges abwarten zu müssen, ausgesöhnt zu haben.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 6. Juni 1918Die Ludendorff-Spende tritt als allgemeine Reichsspende an die Stelle der bisherigen Zersplitterung. Alle Einzelsammlungen für Kriegsbeschädigte sollen von jetzt ab zusammenfließen in das große Wohltätigkeitswerk der Ludendorff-Spende. Darum geht der Ruf zur Beihilfe durch das ganze Reich. Auch an die Bonner Bürgerschaft ist er laut und eindringlich ergangen. Mögen alle ihn hören und beherzigen, und möge jeder nach seiner Kraft beitragen als Dank für diejenigen, die ihre Glieder und ihre Gesundheit opferten für das Vaterland und für uns.

Fliegeralarm. Heute vormittag gegen 9 Uhr wurden in Bonn die Sirenen in Bewegung gesetzt, da Luftgefahr gemeldet worden war. Nach etwa 20 Minuten wurden die Sirenen wieder ausgeschaltet.

Woher kommen die Kornblumen auf dem Wochenmarkt? Ein Leser schreibt uns: Auf dem Markt standen heute vier Frauen mit Kornblumen, die sie zum Verkauf anboten. Nur vereinzelt findet man Kornblumen, außer in den Kornfeldern. Wieviel Brotgetreide wird zertreten, um die Körbe dieser Frauen zu füllen? Bei Nachfrage dürften die Verkäuferinnen wohl etwas in Verlegenheit kommen, sollten sie den Ursprung der Blumen nachweisen. Es dürfte sich empfehlen, den Verkauf dieser Blumen zu verbieten. (So viel uns bekannt, werden auch Kornblumen zum Verkauf von Gärntern gezüchtet. Die Schriftl.)

Ueber das Verbot der Brennesselverfütterung liegt uns eine Mitteilung der Bonner Stadtverwaltung und über die Brennesselsammlung eine Mitteilung der Siegburger Verwaltung vor. Es wird in ersterer Zuschrift darauf hingewiesen, daß die Ernte der Brennesseln der Meldung beim Webstoffmeldeamt in Berlin unter der Aufschrift „Nesselbeschlagnahme“ unterliegt, daß aber auch die Sammelstelle des örtlichen Kriegsausschusses Bonn-Stadt, Am Hof 1, mit der Entgegennahme von Brennesselstengeln beauftragt ist. Die Nichtanmeldung unterliegt schweren Strafen. Die Brennessel ist bester Ersatz für Baumwolle: sie wird der Stoffherstellung zugeführt. […]

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Das Lazarett des Bonner Mutterhauses vom Roten Kreuz unternahm gestern bei herrlichem Sonnenschein in Begleitung von Herrn Landrat von Nell und Frau von Nell, Frau Oberin von Stramberg und Geheimrat Dr. Hoerstermann eine Rheinfahrt nach Schloß Namedy. Auf besonderen Wunsch Seiner Durchlaucht des Prinzen Karl Anton von Hohenzollern fand der Ausflug noch vor seiner Rückkehr ins Feld statt. Eingehend unterhielt sich der hohe Herr mit seinen feldgrauen Gästen über ihren Dienst draußen und ihre Verwundung. Nach reicher Bewirtung im Schlosspark wurde eine photographische Aufnahme gemacht, und als die Verwundeten, beschenkt mit Liebesgaben, die Wagen bestiegen, welche sie zum Schiff zurückführten, leuchtete Dank und herzliche Freude über den so schön verlebten Tag aus ihren Augen.

Warnung. Da die vielen Ermahnungen zum Schutze unserer öffentlichen Anlagen bisher vollkommen fruchtlos waren, werden die Anlagen jetzt unter verschärfte Aufsicht gestellt und alle Uebertretungen rücksichtslos zur Anzeige gebracht. Besonders sind es ältere Leute, die trotz der schönen breiten Wege durch gedankenloses Ablaufen der Rasenkanten im Hofgarten helfen, diese schönen Anlagen zu ruinieren. Die Eltern werden gut tun, ihre Kinder eindringlich darauf aufmerksam zu machen, um sich vor unliebsamen Folgen zu bewahren. Auch die Hundebesitzer werden ihren Getreuen mehr Aufmerksamkeit als bisher schenken müssen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)