Mittwoch, 23. Januar 1918
Die Brotversorgung nach dem 1. Februar. Seit dem 5. November v. J. werden bekanntlich neben einer täglichen Kopfmenge von 200 Gramm Mehl wöchentlich anderthalb Pfund Kartoffeln zur Verfügung gestellt, mit denen das Brot gestreckt werden sollte. […] – Da nach dem 1. Februar keine Kartoffeln als Brotersatz mehr ausgegeben werden, muß die Bürgerschaft, wie im vergangenen Jahre, wenn auch in etwas geringerem Umfange, auf die Steckrübe zurückgreifen. Es werden in Bonn wöchentlich sechs Pfund Steckrüben ausgegeben werden. Schon jetzt kann allen Familien nur dringend geraten werden, wenigstens zweimal in der Woche die Kartoffelvorräte mit Steckrüben zu strecken.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Das Schweineschlachten auf dem Lande. Die Beschwerden über das Schweineschlachten auf dem Lande, das ohne jede Rücksicht auf die Lage der Verhältnisse angeordnet worden ist, haben insofern einen Erfolg gehabt, als nach einer neuerlichen Entscheidung der Landesfleischstelle zu Berlin unter Umständen eine Ausnahme gemacht werden darf. Major Seidler von dieser Landesfleischstelle hat nämlich hierüber folgende Erklärung abgegeben: „Die Kommunalverbände sind angewiesen, von der verordneten Abschlachtung Ausnahmen zu gewähren, dort, wo der Nachweis des genügenden Futtervorrats erbracht wird, ohne auf menschliche Nährstoffe (Getreide, Kartoffeln) zurückgreifen zu müssen.“
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Vaterlandspartei und freie Aussprache. Eine freie Aussprache hat die Deutsche Vaterlandspartei bisher noch nirgendwo gestattet. Fürchtet sie diese Aussprache? Oder was hält sie ab, sich ihren Gegnern öffentlich auseinander zu setzen? Der Kampf, wie er neuerdings gegen sie geführt wird, ist allerdings wenig erbaulich: Pfarrer Traub ist an verschiedenen Orten buchstäblich niedergeschrien, -gebrüllt, -getrampelt worden; anderswo hat es wüste Radauszenen gegeben; in Köln hatten die Gegner schon eine Stunde vorher den Saal, in dem der bekannte Kaplan Schopen aus Godesberg für die Vaterlandspartei sprechen sollte, dicht besetzt, es kam nur zu einem erregten Wortwechsel zwischen den Veranstaltern und den Gegnern, Kaplan Schopen hatte sich telegraphisch entschuldigt, und die Versammlung ging auseinander ohne sonstige Unerfreulichkeiten. Aber eine Partei, wie die Vaterlandspartei, darf vor einer öffentlichen Aussprache nicht zurückschrecken, und besser ist es, die Vorwürfe, die gegen sie vorzubringen sind, sofort zurückzuweisen, als sich vor ihnen verkriechen. Die Mitglieder des Bundes der Kriegsbeschädigten und ehemaligen Kriegsteilnehmer haben auch ein Recht, gehört zu werden, und die Vaterlandspartei sollte sich bemühen, gerade diese Leute wiederzugewinnen, die durch schroffe Zurückweisung nur verbittert werden. Die Ausführungen von Professor Zitelmann über die belgische Frage in der Versammlung der Vaterlandspartei im Katholischen Vereinshause in Bonn haben Angehörige dieses Bundes ruhig angehört und in sich aufgenommen. Es kann also nicht behauptet werden, sie seien jeder Belehrung unzugänglich. Ich bin überzeugt, die Vaterlandspartei könnte manches Mißtrauen zerstreuen, wenn sie eine Aussprache zuließ. So lange sie aber jeder Auseinandersetzung ausweicht, muß sie schon auf sich nehmen, daß jede Ausstreuung und jede Behauptung über sie geglaubt wird.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)