Samstag, 12. Januar 1918
Im Namen des Gesamtverbandes der Evangelischen Arbeitervereine Deutschlands (156.000 Mitglieder) hat D. Weber in Bonn dem Herrn Reichskanzler den Ausdruck der Ueberzeugung unterbreitet, daß die deutsche Reichsregierung unter keinen Umständen ihre Stellung in bezug auf die Angliederung von Kurland, Livland und Teilen von Estland an das Deutsche Reich aufgeben werde und daß sie unter keinen Umständen in die völlige Freigabe Belgiens durch Deutschland und die damit eintretende Befestigung der Weltstellung Englands auf Kosten Deutschlands willigen werde, daß die Sicherstellung unserer militärischen Notwendigkeiten für die selbstverständliche unbedingte Voraussetzung jeder Regelung in Ost und West sei und daß sie Hindenburg und Ludendorff eine maßgebende Mitwirkung in allen irgendwie strategischen Fragen zugestehen werde.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Das weiße Fähnchen. In der nächsten Woche wird in unserer lieben Stadt Bonn ein Notsignal gehißt werden, das von einer eigenartigen Genossenschaft ausgeht: Es sind die vereinigten Säuglinge, die Kriegskinder, die sich mit beweglicher Klage an das Herz der Vaterstadt wenden. Nicht nur der „Mutterliebe zarte Sorgen“, nein – der Mutterliebe schwere Sorge, die Sorge selbst sitzt am Bettchen unsere Kleinsten. Sie haben nichts sich zu wärmen und zu kleiden, Windeln, Hemdchen und Söckchen, sie sind nicht vorhanden. Dunkel und kalt ist der Raum, wo sie zum Leben erwachen, hart ist das Lager, das sie empfängt, ihre nackte Hilflosigkeit braucht Tücher und Hüllen. Hier nutzt kein Geld, sie brauchen Opfer! Die Vaterstadt Bonn, sei Schützer und Helfer, erfülle Kriegspatenschaft an den winzigen Menschlein, an den warmen kleinen Leben, die zum Lichte drängen in allerschwerster Zeit. Ihr Großmütter und Mütter, Ihr Hausfrauen und Töchter, schaut in Eure Schränke und Kommoden und sucht ein Scherflein aus Eurem Weißzeug, damit ein Säugling Euch danke durch ein Lächeln, daß sein erster Lebensweg vor Not geschützt sei! Gebt mit freundlichem Gesicht den jungen Helferinnen, die für die Kindlein unserer Vaterstadt bitten kommen, damit wir alle zusammenstehen in dieser Liebespflicht für unseres Vaterlandes Wachstum. Laßt uns helfen dem kommenden Geschlecht, das mühselig seinen Einzug hält in unsere schöne Vaterstadt, es bedarf unseres Schutzes. Laßt uns suchen und finden! Laßt uns die Hände breiten um die Wiege unserer Kleinsten!
Der Bonner Wochenmarkt war gestern ziemlich gut beschickt. Im ganzen waren etwa 40 Verkäuferinnen erschienen. Gemüse, wie Krauskohl, Wirsing, Rosenkohl usw., war verhältnismäßig reichlich vorhanden. Blumenkohl, Spinat und Feldsalat dagegen überhaupt nicht. […] Der Verkauf war im allgemeinen sehr flott und der Markt gegen ½10 Uhr schon wieder fast vollständig geräumt.
Der Großmarkt auf dem Stiftsplatz hatte dagegen gestern fast gar keine Zufuhren. Nur hier und da war eine Verkäuferin mit einigen Körben mit Gemüse, wie Krauskohl, Wirsing und Rosenkohl und etwas Kleinzeug wahrzunehmen. Die Waren waren so wie sie auf den Markt kamen im Augenblick auch schon wieder verkauft.
Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt hatte gestern wieder recht regen Zuspruch. Aber auch hier ließen die Zufuhren außer in Aepfeln und Krauskohl viel zu wünschen übrig. Fische waren überhaupt nicht zu haben. […]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Nachrichten des städtischen Lebensmittelamtes.
[…] Ersatznahrungsmittel für Schwerkranke. Die Annahme, als genüge die Abgabe einer ärztlichen Bescheinigung ohne weiteres zum Bezuge der gewünschten Zusatznahrungsmittel für Kranke, ist irrig. Es muß vielmehr der Verwaltung überlassen bleiben, je nach Vorrat die Mengen der angeforderten Nahrungsmittel zu bestimmen. Täglich gehen über hundert derartige Anträge ein. Bei den geringen Vorräten ist es aber einfach unmöglich, allen Wünschen gerecht zu werden, so gern das Lebensmittelamt dies auch tun würde. Die ärztlichen Bescheinigungen sind 4 Wochen gültig und müssen nötigenfalls nach dieser Zeit erneuert werden.
Eier. Auf jede für die kommende Woche gültige Eierkarte gelangt 1 Ei zum Preise von 42 Pf. zur Ausgabe. Der Verkauf beginnt am Mittwoch, den 17. Januar, nachmittags. Es werden sogen. Kalkeier abgegeben, die sich nur zu Backzwecken eignen.
Kriegsküchen. […] Die Beschaffung von Löffeln ist außerordentlich schwierig geworden. Das Verleihen von Löffeln an Teilnehmer, die das Essen in den Speiseräumen der Kriegsküchen einnehmen, muß daher unterbleiben. Die Gäste müssen sich einen Löffel mitbringen. […]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Lebensmittelverkauf“)
Die deutsche Vaterlandspartei hat, wie auf verschiedene Anfragen klargestellt sei, für ihre verschiedene Versammlungen hier und Umgegend unserem Blatte keine Anzeige zugesandt, es konnte also auch keine Anzeige unterdrückt oder von der Aufnahme ausgeschlossen werden, wie vermutet wird. Der Parteileitung ist die Beschäftigung mit ihr an dieser Stelle anscheinend unerwünscht. Weshalb von einer weiteren Berichterstattung über ihre Versammlungen und sonstige Veranstaltungen abgesehen wurde. Was wir auch für die Folge beizubehalten gedenken.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)