Sonntag, 6. Januar 1918
Beschlagnahme von Sackpapier.
Durch Bekanntmachung vom 5. Januar ist die Beschlagnahme aller Mengen von Papier zur Herstellung geklebter Papiersäcke (Sackpapier) angeordnet worden. Vom 20. Januar ab darf Sackpapier nur gegen Bezugsschein der Reichssackstelle in Berlin veräußert oder geliefert werden. Die Verarbeitung von beschlagnahmten Sackpapier zur Herstellung geklebter Papiersäcke von mehr als 8000 Quadratzentimeter Sackflächeninhalt bleibt zulässig. Der genaue Wortlaut der Bekanntmachung ist bei den Landratsämtern, Bürgermeisterämtern und Polizeidienststellen einzusehen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Gesuche um Zurückstellung vom Militärdienst. Das Oberbürgermeisteramt gibt auf Veranlassung des Bezirks-Kommandos das folgende bekannt: Künftig sind sämtliche Gesuche um weitere Zurückstellung nicht durch die Zivilbehörden, sondern unmittelbar dem Bezirkskommando einzureichen und zwar spätestens 4 Wochen vor Ablauf der Zurückstellungsfrist. Gesuchsteller, die diese Anordnung außer Acht lassen, haben zu gewärtigen, daß sie 14 Tage vor Ablauf der Zurückstellungsfristen Gestellungsbefehle erhalten und nach Ablauf der Zurückstellungsfrist eingestellt werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Vermieter haltet die Augen auf!
Der Ortsverein Bonn zur Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit hat unterm 21. Dezember 1917 einen interessanten Bericht öffentlich bekannt gegeben. In diesem Berichte ist darauf hingewiesen, daß eingegangene Mitteilungen über das Leben und Treiben alleinstehender weiblicher Personen Gegenstand der letzten Sitzung gewesen sei.
Der Bericht appelliert an das Ehrgefühl der Bonner Bürger und ermahnt die Vermieter zur Vorsicht bei der Vermietung von Wohnungen.
Einen großen Fehler begehen die Vermieter dadurch, daß diese Wohnungen vermieten, ohne sich vorher über die neuen Mieter genau zu erkundigen. Dadurch ist es vorgekommen, daß Wohnungen an angebliche Eheleute vermietet worden sind, die tatsächlich, wie die jüngste Volkszählung dargetan, überhaupt nicht verheiratet waren und in wilder Ehe zusammen gelebt.
Zweizimmer-Wohnungen sind an alleinstehende weibliche Personen vermietet worden, wovon das eine Zimmer an einen sog. möblierten Herrn, dem nebenbei auch Kost und Wohnung erteilt wird, untervermietet wird. Alle Begleiterscheinungen müssen aber zu erkennen geben, daß der Grund dieser Untervermietung tiefer liegt. Wenn auch nicht ohne Weiteres das Strafgesetz einschreiten kann, so laufen doch in diesem Falle Vermieter Gefahr, mit den Strafbestimmungen in Konflikt zu kommen. Das Strafgesetz besagt, daß sich Personen strafbar machen, die durch ihre Vermittlung oder durch Gewährung von Gelegenheit der Unzucht Vorschub leisten. Es wäre wirklich ein Segen, wenn alle Vermieter rücksichtslos in ihren Wohnungen jeden anstößigen Verkehr untersagen wollten. Der Vermieter hat hierzu nicht nur das Recht, sondern die Pflicht. Die Leichtfertigkeit der Vermieter hat zu sehr unliebsamen Konsequenzen in der gegenwärtigen Kriegszeit geführt; das beweisen die vor Gericht schwebenden und noch anzustellenden Ehescheidungsklagen.
Es müßte, wo die Vermieter nicht aus freien Stücken in gegebenen Fällen jeden anstößigen Verkehr in den Mietwohnungen untersagen, ein Druck ausgeübt werden, daß jeder anstößige Verkehr behoben wird. Das sind wir insbesondere unseren im Felde stehenden Kriegern schuldig, deren Ehefrauen gegen die eheliche Treue verstoßen.
So viel aus den Bestrebungen des Ortsvereins Bonn zur Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit hervorgeht, wird der Vorstand des genannten Vereins etwaige Beschwerden wohlwollend prüfen und auch die geeigneten Maßnahmen treffen, ohne daß der Beschwerdeführer Gefahr läuft, als Denunziant verurteilt zu werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)