Donnerstag, 3. Januar 1918
Fliegerangriff. Bei dem Fliegerangriff auf die offene Stadt Mannheim wurde der Verlust von zwei Menschenleben und die Verletzung einiger Personen dadurch hervorgerufen, daß sich die Getöteten und Verletzten nicht in Deckung begaben. Die Bevölkerung wird daher wiederholt ermahnt, die Vorschriften über das Verhalten bei Fliegerangriffen genauestens zu beachten. Es ist durchaus kein Zeichen von Mut, wenn jemand trotz der Warnungszeichen bei einem Fliegerangriff auf der Straße bleibt, vielmehr gehört ein großes Maß an Leichtsinn dazu. Mit Recht hat es dann auch die Staatsbehörde abgelehnt, solchen Personen, die durch Nichtachten der Vorsichtsmaßnahmen von feindlichen Fliegern getroffen werden, irgendwelche Entschädigungen jetzt oder später zu gewähren.
Auch das Abblenden und Verdunkeln der Wohnungen und Geschäftsräume nach Eintritt der Dunkelheit wird noch immer nicht vorschriftsmäßig durchgeführt. Die Bevölkerung wird daher erneut ermahnt, diese Vorschriften aufs genaueste zu befolgen, da nach der nunmehr gültigen militärischen Verordnung keine polizeilichen Strafverfügungen mehr erlassen werden können, sondern sämtliche Uebertretungen sofort durch das außerordentliche Kriegsgericht abgeurteilt und in der Regel mit Gefängnis und nur bei Vorliegen mildernder Umstände mir Haft bezw. Geldstrafe belegt werden.
Universität. [...] Wie der Rektor am Schwarzen Brett bekannt gibt, wird vom nächsten Montag ab der Hörsaal 18 (Speisesaal) täglich von 5 bis 9 Uhr nachmittags den Studierenden zum Aufenthalt offen stehen. Einlaßkarten sind vom Rektor täglich von 12 bis 1 Uhr persönlich in Empfang zu nehmen. Da nur eine beschränkte Zahl von Einlaßkarten zur Verfügung steht, wird erwartet, daß nur solche Studierende beiderlei Geschlechts sich bewerben, die wirklich unter Heizungsschwierigkeiten des Abends zu leiden haben. Von 7 Uhr ab ist die Verbindung des Hörsaal 18 mit allen übrigen Räumen der Universität aufgehoben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Kohlenverteilung. Man schreibt uns: Während mein Kohlenlieferant mir gestern nur zwei von fünf Karten für den Januar und zwar mit Steinkohlen beliefern durfte, auf behördliche Anordnung hier, wie er sagte, sah ich gestern glücklichere Menschen. Auf der Kaiserstraße lag eine dicke Schütte von gewiß 60 Zentnern Braunkohlen und Briketts vor dem Hause und wurden am helllichten Tage in den Keller gebracht. Mit dem Neid der Besitzlosen und Frierenden sah ich auf diese Glücklichen und eigenartige Gedanken stiegen in mir auf. Wie wäre es, wenn die angedrohte Revision bei diesen Großbeziehern und dann noch in Briketts, beginnen würde? Und dann, warum sind diese Bezieher erfolgreicher in der Heranschaffung von Briketts wie das Kohlenamt?
(Wir vermuten, daß die Bürger in der Kaiserstraße die Briketts durch die Aufwendung höherer Beförderungskosten beschafften. Jedoch hören wir gerne ein aufklärendes Wort der Ortskohlenstelle. Die Schriftl.)
Weihnachtsbescherung Bonner Kriegerwitwen und Waisen. Man schreibt uns: Die im Auftrage der Vaterländischen Vereinigungen vom Freiwilligen Kriegsausschuß für durchfahrende Truppen veranstaltete Weihnachtsbescherung der Bonner Kriegerwitwen und –Waisen hatte am Nachmittage des 31. Dezembers die geräumige Turnhalle des städt. Lyzeums bis auf den letzten Platz gefüllt. 285 Witwen mit 631 Kindern, im Ganzen 916 Personen, waren zur Bescherung geladen worden. Mit dem Vorstand der Vaterländischen Vereinigungen, der Vertretung der hiesigen Geistlichkeit sowie der militärischen Behörden war auch Oberbürgermeister Spiritus erschienen. Erwartungsvoll blickte die große, frohgemute Kinderschar auf die beiden mächtigen Christbäume und die langen Reihen der Gabentische, die auch noch die weiten Nebenräume füllten. Eingeleitet und beendet wurde die Feier durch den gemeinsamen Gesang der schönen alten Weihnachtslieder, wobei besonders die frischen Kinderstimmen wohltuend hervortraten. Dazwischen trug Frau Anni Gentrup, begleitet von Musikdirektor Sauer, mit ihrem klangvollen Sonor zwei Lieder vor.
In seiner Ansprache betonte Dr. Krantz, daß die Reichhaltigkeit der heutigen Bescherung in erster Linie der hochherzigen Spende der Frau Prinzessin zu Schaumburg-Lippe zu danken sei. Das auf ihre Anregung zugunsten dieser Weihnachtsbescherung vor zwei Monaten im Bonner Bürgerverein veranstaltete Konzert hatte einen überaus reichen Ertrag ergaben. Weiter bilden die aufgesparten Bestände des Freiwilligen Hülfsausschusses eine angenehme Grundlage für die Geschenke. Durch da Entgegenkommen des städtischen Bekleidungsamtes und des Lebensmittelamtes wurden dann die verfügbaren Summen preiswert in zweckmäßige Gaben umgetauscht, sodaß heute abend jedem Haushalt ein willkommener Zuschuß zu seinen Lebensmitteln und jeder Frau und jedem Kind Schuhe und warme Kleidung zugeteilt werden können. Dazu auch noch für etwas Weihnachtsgebäck und Aepfel gesorgt werden. Trotz der wachsenden Einschränkungen, die das vierte Kriegsjahr jeder Familie gebietet und trotz der Trauer, die der Krieg wohl in jedes Haus hineingetragen hat ist jetzt um die Jahreswende die allgemeine Stimmung zuversichtlicher als zuvor. Von Rußland aus scheint der Friede nahe zu sein. Damit gewinnen wir die große Hoffnung, daß dieser furchtbare Krieg in absehbarer Zeit mit einem ehrenvollen Frieden enden werde, und daß dann unser geliebtes Vaterland in all seinen Volkskreisen sich an den Segnungen fleißiger und friedlicher Arbeit wieder wird erfreuen können. Bis dahin aber heißt es aufrecht stehen und in Pflichttreue und vaterländischem Opfergeist durchhalten.
Die Verteilung der Gaben vollzog sich in umsichtiger Anordnung und der hülfsbereiten Mitwirkung der beteiligten Damen rasch und ohne Störung.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
„Gitt dem Panz e Kolljeh“. Ihren Artikel in der Freitags-Zeitung vom 28. Dez. [Arbeiterin in Köln kauft teuren Schmuck] haben wir gelesen. Die Sache scheint doch etwas unwahrscheinlich, denn eine Schwerarbeiterin kann sich, wenn sie sich ehrlich durchschlagen will kein „Kolljeh“ von 1.200 Mark erlauben. Wir möchten doch den Aufgeber des Artikels bitten, das bekannte Geschäft namhaft zu machen. Die Leute müssen doch der Verkäuferin bekannt sein, da sie angibt, die Käuferin sei eine Schwerarbeiterin gewesen. Es kann ja auch ein Dienstmädchen oder eine Herrschaft in bäuerlicher Verkleidung gewesen sein. Mehre ungläubige und wahrheitsliebende Schwerarbeiterinnen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Eine große Kohlenersparnis kann dadurch erzielt werden, daß die Feuerung an den Küchenherden, die meist für die Verhältnisse viel zu groß ist, kleiner gemacht wird, indem man sie mit Lehm oder aber am zweckmäßigsten mit Schamotte ausschmiert. Nach einer gründlichen Reinigung der Feuerung wird dieselbe angefeuchtet und dann dick mit den ebengenannten Mitteln bestrichen. Man wird finden, daß die Heizung für den Familiengebrauch stark genug ist, daß aber, und dies ist in der jetzigen Zeit von größter Wichtigkeit, an Brand eine ungeheure Ersparnis eintritt. Viele Familien haben bereits davon Gebrauch gemacht und sind ohne Ausnahme gut damit gefahren.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)