Freitag, 25. Dezember 1914

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 25. Dezember 1914Schwestern zur Front. Am 23. Dezember entsandte der Vaterländische Frauen-Verein, Stadtkreis Bonn, sechs Schwestern zur Arbeit nach St. Quentin. Die Schwestern waren vom Herrn Territorialdelegierten für freiwillige Krankenpflege dringend angefordert worden.

Weihnachtsgaben für die Verwundeten. Das Delikatessenhaus Braunschweig hat gestern sämtliche Lazarette mit Weihnachtsgaben (Wein, Kognak, Rum, Obst usw.) reichlich beschenkt. Dem Geber sei auch an dieser Stelle der Dank der Verwundeten ausgesprochen.

Der Wehrbund veranstaltet am dritten Feiertag (Sonntag) eine Marschübung über die Berge nach Mehlem und zurück. Alle Abteilungen treten hierzu um ½8 an der Südschule in Kessenich an. (...)

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Weihnachten 1914.

Wir starren in das Kerzenlicht
Und begreifen es nicht,
Daß in das Dröhnen der Weihnachtsglocken
Kanonendonner sich mischt,
Daß in das helle Kinderfrohlocken
Todbringend die Granate zischt.

Schmerzgeschrei die Luft durchgellt,
So mancher Soldat vornüber fällt.
Der noch im Tod das Schwert umklammert hält.
Menschenliebe, Menschheitsfrieden
Singen die Glocken
Allerwärts.

Erschrocken
Greifen wir ans Herz:
Noch ist uns nicht beschieden
Jener Frieden,
Von dem die Engel singen
Und die Herzen wiederklingen.

Haß, Wut und Neid hat den Frieden zerstört,
Die Menschen betört,
Daß sie sich in blutigen Schlachten
Zu erwürgen trachten. –
Und nun erstarrt die Welt im Leid.
Menschheitsfrieden? – Noch ist er weit.

Und noch viele werden zu Boden sinken,
Der Winterschnee wird ihr Herzblut trinken.
Und der Tod
Tritt noch in manche Stube, wo jetzt
         der Christbaum loht.

Wir starren in das Kerzenlicht,
Wir trauern wohl, aber verzagen nicht.
Wir wissen, daß nach dieser Winternacht
Ein schönerer Morgen dereinst erwacht,
Wo Schlachtenlärm und Donner schweigt,
Der Sieg sich zu uns neigt
Und sich über das deutsche Land
Ein Friedenshimmel spannt.

Kommt dann das Christkind, werden
Die Glocken jauchzend erschallen
Und die Wahrheit wird in uns widerhallen:
„Frieden den Menschen auf Erden
Und den Menschen ein Wohlgefallen."
                      Heinz Dohm – Bonn

Anzeige im General-Anzeiger vom 25. Dezember 1914Weihnachten 1914 ist mit eisernem Griffel in unsere Herzen eingeschrieben. Der fröhliche Frieden, der sonst im Familienkreise unter dem brennenden Weihnachtsbaum heimisch war, ist in diesem Jahr ernster Nachdenklichkeit und hier und da banger Sorge um das Leben der Väter, Söhne und Brüder gewichen. Aber als dann die Frage auftauchte, ob die Weihnachtstage den Zauber des Christbaumes entbehren sollten, da stemmten sich hoch Tausende gegen dieses Ansinnen. Der Weihnachtsbaum sollte nicht fehlen, und fast noch mehr als in früheren Jahren wurde der Tannenbaum begehrt und gekauft.
   Es ist wohl so, daß wir das Weihnachtsfest 1914 noch inniger, trautlicher gestalten wollen, um den Kindern, für die ja der Tannenbaum eigentlich bestimmt ist, keine bangen Gedanken aufkommen zu lassen, keine verwunderten Fragen „Warum haben wir keinen Weihnachtsbaum?“ Dann auch ist es für unsere Tapferen im Felde beruhigend, wenn sie wissen, daß daheim die Weihnachtslichter frohe, zufriedene Mienen bescheinen, und daß das Leben in der Heimat seinen ruhigen Gang weitergeht.
    Das Bonner Stadtbild zeigte in den letzten Wochen einen regen Verkehr. Außer den Verwundeten, die in den Lazaretten untergebracht sind, sind viele Weihnachtsurlauber hier eingetroffen. Man sieht viele zugereiste Familienmitglieder der hier weilenden Krieger, die die Feiertage gemeinschaftlich mit ihnen verbringen wollen. Das Weihnachtsgeschäft hat sich in den letzten Tagen noch recht gehoben, und wenn man in Betracht zieht, daß man in den ersten Kriegswochen an ein völliges Darniederliegen des Geschäftsverkehrs dachte, so kann man jetzt mit freudiger Genugtuung feststellen, daß, dank unserer guten Wirtschaftslage, der Geschäftsverkehr eine starke Aufwärtsbewegung gemacht hat. Und auch diese Tatsache wird mit dazu beitragen, daß es uns gelingen wird, durchzuhalten.

Der Vaterländische Frauenverein des Stadtkreises Bonn entsandte am 23. Dezember auf dringende Anforderung des Territorialdelegierten für freiwillige Krankenpflege sechs Schwestern zur Arbeit nach St. Quentin.

Mehlem, 23. Dez. Für die Kinder der Suppenküche Mehlem-Lannesdorf veranstaltete Frau W. Th. Von Deichmann, Mehlemer Aue, am Samstag eine hübsch verlaufene Weihnachtsfeier, an der auch die Vorsitzende des Vaterländischen Frauenvereins, Frau Bürgermeister Dengler, teilnahm. Die Lehrerinnen Frl. Schütz und Hoff (Mehlem), Frl. Kalscheuer (Lannesdorf) haben durch Gesangsdarbietungen und ein Weihnachtsspiel die Feier verschönt. Die Aufsichts- und Hülfsdamen der Suppenküche hatten es übernommen, den Kindern Schokolade und Gebäck zu reichen. An 300 Kinder wurden am Schluß mit Spielsachen, Büchern und Leckereien beschenkt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 25. Dezember 1914Von der Handelskammer zu Bonn ist uns ein Aufruf zur Sammlung von Mitteln zur Ausrüstung des ersten deutschen Lazarettzuges für die türkische Armee mit der Bitte um Weiterverbreitung zugesandt worden. (…)
  
Wenn auch tagtäglich die Opferwilligkeit unserer Bevölkerung zur Linderung der Kriegsnot von den verschiedensten Seiten angerufen wird und verhältnismäßig große Opfer gefordert werden, so möchten wir doch der Zuversicht Ausdruck geben, daß vorstehender Aufruf nicht unbeachtet bleibt, sondern möglichst alle Kreise sich dazu bereitfinden, Spenden für den bezeichneten guten Zweck zu gewähren. Eilt es doch, dem türkischen Volke unsere Anerkennung dafür zu zollen, daß es uns in schwerer, ernster Zeit im richtigen Augenblick treue Freundschaft bekundete. Auch dem türkischen Volke gegenüber soll Treue um Treue gehalten werden.
    Spenden, worüber öffentlich quittiert werden soll, nimmt unsere Expedition sowie die Geschäftsstelle der Handelskammer zu Bonn, Schumannstraße gern entgegen.

Eine nachahmenswerte Weihnachtsbescherung bereiteten die bemittelten Angehörigen der ersten Kompagnie des Landsturm-Infanterie-Bataillons Bonn ihren hilfsbedürftigen Kameraden von der gleichen Kompagnie. Sie zeichneten insgesamt einen Betrag von weit über 1000 Mark, kauften dafür von der Stadtverwaltung Gutscheine für Lebensmittel und Briketts und verteilten die Scheine an die Frauen jener Kameraden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)