Sonntag, 20. Dezember 1914

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 20. Dezember 1914Vom Kriegsgericht wurde gestern der Fürsorgezögling K,. aus Oberdollendorf zu 5 Monaten Gefängnis verurteilt. Er hatte im Siebengebirge ein junges Mädchen angehalten, um von ihm Geld zu erpressen. Er erreichte allerdings seinen Zweck nicht.

Der dritte städtische Volksunterhaltungsabend, der gestern im großen Saal des Bürgervereins stattfand, war der Weihnachtsstimmung gewidmet. Das kam am schönsten und feinsten zum Ausdruck in den Weihnachtsliedern, die Frl. Henny Wolf sang. Mit ihrem jugendfrischen, gesunden Sopran gab sie zwei stimmungsvollen Liedern Gretschers („Rauhreif vor Weihnachten“ und „Maria am Spinnrocken“), dem wirkungsvoll und eigenartig gesetzten Weihnachtslied „Heilige Nacht“ von Fritz Fleck und Menzens einfach innigem „An das Christkind“ verhaltene Empfindung und überzeugende Innerlichkeit. An dem reichen Beifall, der dieser schönen, auch im rein Musikalischen, in Phrasierung und Tongebung vortrefflichen Leistung dankte, durfte auch Herr Kapellmeister Sauer für seine feinsinnige Begleitung am Flügel teilnehmen. Das Städtische Orchester brachte Stücke, die sehr gut zu der Gesamtstimmung des Abends paßten. Als vortrefflichste Gabe nimmt man die Bruchstücke aus Humperdincks Märchenoper „Hänsel und Gretel“, die unter Sauers belebender Leitung sehr fein schattiert und mit ausgezeichneter Klangwirkung gespielt wurden. (...) Frl. Emmy Krüger, die Sentimentale unseres Stadttheaters, trug Märchen und Kindergedichte vor und gab zum Schluß in einer Art Sprechgesang Leo Hellers ein wenig sentimentales Gedicht „Das Hellerlein“. Auch ihr dankte reicher Beifall. Mit dem gemeinsamen Gesang „Stille Nacht, heilige Nacht“ schloß der Abend.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 20. Dezember 1914Brennspiritus statt Petroleum. Das stellvertretende Generalkommando des 9. Korps weit, da die Petroleumvorräte des Deutschen Reiches verringert sind, auf die Notwendigkeit der Einschränkung des Petroleumverbrauchs hin, damit einem völligen Mangel möglichst vorgebeugt wird. Es empfiehlt der Verwendung von Brennspiritus.

Ein 68jähriger Bonner als Sanitätssoldat. Man schreibt uns aus Lille in Nordfrankreich: Bei der hier in Lille stationierten Sanitätskolonne vom Roten Kreuz „Prinzessin Viktoria“ befindet sich ein Kamerad im Alter von 68 Jahren, der sich sofort bei Ausbruch des Krieges als freiwilliger Krankenträger gemeldet hat und später zur Sanitätskolonne vom Roten Kreuz übergetreten ist. Bei dem Ausmarsch der freiwilligen Sanitätskolonne vom Roten Kreuz am 2. November zog er mit in Feindesland. Es ist dies unser Gruppenführer, Herr Alex Holler aus Bonn, Bergstraße, der schon den Feldzug 1870/71 mitgemacht hat. Der noch rüstige Herr wird von allen seinen Kameraden hochgeschätzt.

Anzeige im General-Anzeiger vom 20. Dezember 1914Pförtner, nicht „Portier“. Die Staatsbahnverwaltung hat für ihre Dienststellen folgende Verfügung erlassen: „Die Bahnhofspförtner, die noch mit den alten Brustschildern – der Aufschrift „Portier“ – ausgerüstet sind, sollen jetzt solche mit der vorschriftsmäßigen Bezeichnung „Pförtner“ erhalten. Damit wird amtlich ein häufig ausgedrückter Wunsch erfüllt. Hoffentlich wird jetzt überall die Bezeichnung „Pförtner“ eingeführt.

Ein einbeiniger Invalide verursachte am Freitag abend spät auf dem hiesigen Bahnhof im Wartesaal 3. Klasse einen großen Auflauf. Da man ihm den Aufenthalt im Wartesaal zum Nächtigen nicht gestatten wollte und ihm auch die Verabreichung geistiger Getränke verweigert wurde, bedrohte er mit einer Krücke die Anwesenden und drang auch schließlich auf das Bahnpersonal ein, weil dieses das Zertrümmern der Fensterscheiben verhindern wollte. Die zur Hilfe gerufene Polizei hatte mit dem jähzornigen Menschen, der sich mehrfach auf den Boden fallen ließ und dann wieder aufschnellte, ihre liebe Not. Nur mit großer Mühe gelang es, den aufgeregten Burschen unschädlich zu machen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Anzeige in der Deutschen Reichszeitung vom 20. Dezember 1914Eine neue Zeitung ist von unseren Truppen auf französischen Boden gegründet worden. Sie heißt „Liller Kriegszeitung“. Die erste Nummer, die vom 8. Dezember datiert ist, hängt in einem Schaufenster unserer Geschäftsstelle aus. Das Herz lacht einem vor Freude und Stolz, wenn man dieses Blatt in die Hand nimmt. Soldaten – Mannschaften und Offiziere – erzählen darin, was ihnen Ernstes und Heiteres begegnet ist beim Marsch, Biwak, Gefecht, Schützengraben und Sturm. Und sie erzählen das in der guten deutschen Schlichtheit und Herzhaftigkeit, die immer das beste Zeichen deutscher Ehrlichkeit war. „Wenn dieses Blatt unseren Gegnern bekannt wird“ – so schließt der einleitende Artikel der ersten Nummer – „so sollen sie erkennen, wie groß, wie stark, wie kampfesmutig, wie siegesgewiß, wie herzensfröhlich ist: das deutsche Heer.“

Zündhölzer dürfen nicht mit der Feldpost verschickt werden. Auf dieses schon früher erlassene Verbot wird amtlicherseits noch einmal aufmerksam gemacht. Denn es sind wiederholt durch Zündhölzer, die mit der Post verschickt wurden, größere Brände entstanden; erst vor kurzem ist, wie wir schon berichteten, ein ganzes Feldpostauto durc Selbstentzündung von Streichhölzern in Brand geraten. Auch in Blechdosen und ähnlichen starken Verpackungen dürfen keine Zündhölzer verschickt werden. Wer diesem Verbot zuwider handelt, kann nicht nur die Allgemeinheit empfindlich schädigen, sondern hat auch mit seiner Person, vorbehaltlich der Bestrafung nach den Gesetzen, für jeden entstehenden Schaden zu haften.

Königl. Universitäts-Augenklinik. Das Quartett Harmonie, bestehend aus den Herren Toni Merz, Johann Heck, Willy Bünten und Gerhard Stüsser, erfreute am Donnerstag abend zum zweiten Male die Verwundeten der Königl. Augenklinik durch musikalische Darbietungen. Die Herren ernteten großen Dank und reichen Beifall.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)