Samstag, 21. November 1914

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 21. November 1914„Kriegsbeute“. Das Kriegsministerium hat unterm 26. Oktober 1914 folgende Verfügung erlassen: Alle dem Feind abgenommenen oder von ihm auf dem Schlachtfelde zurückgelassenen Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände sowie ganz besonders auch die Waffen und die Munition gehören zur „Kriegsbeute“, deren Eigentum dem Deutschen Reich zusteht. Ihre sorgfältige Sammlung und Abführung an die Sammelstellen ist wichtig. Die unbefugte Aneignung ist unzulässig, die Versendung mit der Post, die bei Munition überdies zu schwerer Gefährdung der Transporte Anlaß geben kann, das persönliche Mitbringen solcher Stücke zum Verschenken oder zum Verkauf sowie die mutwillige Beschädigung von Beutestücken ist verboten.

Evangelische Gemeinde Beuel. Am Totenfest, Sonntag, den 22. November, nachmittags 3 Uhr, findet eine Gedächtnisfeier bei den Kriegsgräbern auf dem neuen Friedhof in Beuel statt.

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 21. November 1914Stadtverordneten-Sitzung. Der Oberbürgermeister Spiritus eröffnete die Sitzung um 5 ½ Uhr. (...) „Dann möchte ich der Versammlung noch eine Anregung vorschlagen. Wir nähern uns der Weihnachtszeit. Da nun von den städtischen Arbeitern und Angestellten ein großer Teil im Felde steht, etwa 350, so glaube ich, es wäre ein guter Gedanke, wenn wir unseren lieben Bonnern, die sich im Dienste der Stadt befinden, zu Weihnachten eine kleine Freude bereiten. Die Freude soll darin bestehen, daß sie empfinden, daß wir an sie denken, indem wir ihnen ein kleines Liebeszeichen zukommen lassen. Ich habe nun gedacht, diese Sendung in einem Werte von 5 bis 6 Mark auszugestalten. Doch müssen die Sendungen schon bald besorgt werden, denn in nächster Woche sollen alle Weihnachtspäckchen abgesandt werden. Ich erlaube mir, Ihnen vorzuschlagen, jedem städtischen Arbeiter und Angestellten eine Weihnachtsgabe von 5 bis 6 Mark zukommen zu lassen.“ (...) Dieser Vorschlag wird einstimmig angenommen. (...).

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 21. November 1914In der gestrigen Stadtverordnetenversammlung wurde auf Anregung des Oberbürgermeisters Spiritus beschlossen, den im Felde stehenden städtischen Beamten, Angestellten und Arbeitern zu Weihnachten ein Weihnachtspaket mit Wollsachen, Zigarren und sonstigen nützlichen Dingen zukommen zu lassen. Ferner wurde nochmals die Frage der Festsetzung von Höchstpreisen für Kartoffeln erörtert und die Gründe dargetan, weshalb man nicht einer solchen Einführung von Höchstpreisen für kleinere Bezirke das Wort reden könne. Dagegen sollen Verhandlungen eingeleitet werden, ob ein städtischer Kartoffel-An- und Verkauf für unsere minderbemittelten Mitbürger eingerichtet werden soll. Die Verhandlungen wurden in geheimer Sitzung geführt.
   Der Geschäftsbericht und Bilanz der Bahnen Bonn-Siegburg und Bonn-Königswinter vom 1. April 1913 bis 31. März 1914 wurden nach kurzer Debatte, die eine Herabsetzung der Fahrpreise betraf, angenommen, ebenso derjenige der Bahn Bonn-Godesberg-Mehlem. Die Unterstützung der hiesigen privaten Lyzeen mit 25 Mark für jedes einheimische Kind wurde ohne Erörterung beschlossen, ebenfalls eine Aenderung der Satzung des Kuratoriums der städtischen höheren Lehranstalten für die weibliche Jugend und die Verpachtung eines Grundstücks.
   Anzeige im General-Anzeiger vom 21. November 1914In geheimer Sitzung beschlossen die Stadtverordneten, den städtischen Kartoffel-An- und Verkauf in die Wege zu leiten. Außerdem wurden 5000 Mk. für den Kriegslazarettzug bewilligt.

Soldatenhumor im Felde. Ein Bonner schreibt einem Bonner Dachdeckermeister aus Tahure: „Sind Sie doch so gut und schicken Sie jemanden nach hier, um unser Dach zu reparieren. Es ist ein Strohdach, aber nicht wasserdicht. Wir haben uns entschlossen, Sie kommen zu lassen, damit das Durchregnen aufhört. Sie können sich ein paar stramme Franzosen mitnehmen, es sind gerade frische angekommen. Es grüßt herzlich Euer Franz Meyer. Gruß an alle Bönnsche Bekannten.“

Warme Decken für unsere Truppen. Immer wieder kommen Berichte, daß wollene Decken im Felde erwünscht und notwendig sind. Bei Neueinrichtungen und Umzügen werden vielfach ältere Decken, Vorhänge und Stoffe zur späteren Verwendung beiseite gelegt. Diese Stoffe sind oft von bestem Material, jedoch unmodern, und wegen ihrer Farbe nie mehr zu verwenden. Aus solchen Stoffen und Vorhängen lassen sich sehr gut warme Decken herstellen. Jeder Polsterer und Tapezierer wird diese Umarbeitung vornehmen. Fast in allen Herrschaftshäusern gibt es solche Vorräte, die zwecklos dort liegen, für unsere Truppen aber von großem Wert sind.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 21. November 1914Wider die falsche Sparsamkeit. Bevor der Krieg ausbrach, beabsichtigte mancher Hausbesitzer, das schadhaft gewordene Dach seines Hauses ausbessern zu lassen, neue Blechrinnen zu legen usw. Dann kam der Krieg und der Hausbesitzer meinte sparsam zu handeln, als er diese Auslagen auf das „nächste Jahr“ verschob. Und es regnete und es fiel sogar schon einmal Schnee. Das Wasser drang durch das schadhafte Dach, zog in die Balken, tropfte in das Zimmer und das Holz faulte, der Mörtel wurde weich. Eines Tages wird sich eine Stelle aus der Zimmerdecke lösen und herabstürzen.
   Ist das Sparsamkeit?
   „Weil Krieg ist“, die notwendigsten Ausbesserungsarbeiten bis „nach dem Krieg“ zu verschieben, ist nicht nur keine Sparsamkeit, es ist falsche Wirtschaftsführung, die einmal schlimme Folgen haben kann.
   Auch andere Arbeiten, vorgesehene Anstriche von Hausfassaden, Ladenumbauten, Erweiterungsbauten, Zimmertapezieren usw. werden jetzt nicht ausgeführt, weil „Krieg ist“. Das Handwerk ist dadurch in eine schwere Notlage versetzt worden. Es ist unschwer vorauszusehen, daß nach dem Krieg die Konjunktur sich erheblich bessern wird. Die Nachfrage nach Material und Arbeitskräften wird außerordentlich stark sein und die Arbeiten werden wahrscheinlich lange Zeit verschoben werden müssen und dazu noch viel mehr Geld kosten als heute. Namentlich auf dem Lande liegen viele gewerbliche Kräfte brach, weil kurzsichtige Sparsamkeit viele Landwirte und sogar Gemeinden von der Erteilung von Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 21. November 1914Aufträgen abhält.
   Der furchtbare Existenzkampf unseres Vaterlandes verlangt gebieterisch eine vorausschauende, von dem Bewußtsein der Verantwortlichkeit gegenüber dem Ganzen getragene Wirtschaftsführung. Nichts erschwert diese so sehr, als eine falsch verstandene Sparsamkeit.

Zwei Milliarden Gold Mark sind nach sachverständiger Schätzung jetzt noch „im Strumpf“ beim deutschen Volk versteckt. Wenn das Geld in den Gewölben der Reichsbank steckte, könnte diese dafür 6 Milliarden Banknoten und Schatzscheine ausgeben. Die patriotische Bedeutung der Abfuhr des Goldgeldes an das Reich liegt somit auf der Hand. Alle Post- und Staatskassen sind angewiesen, Gold auszuwechseln. Also ist die Mühe nicht groß. Im übrigen ist der Ankauf von Gold unter Zahlung von Aufgeld und die Ablieferung ans Ausland, wozu einzelne Versuche gemacht worden sind, neuerdings vom Reichsanwalt als Landesverrat mit Strafverfolgung bedroht worden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)