Samstag, 10. Oktober 1914
Die Festung Antwerpen kapituliert vor dem deutschen Belagerungsheer, nachdem sich der Großteil der Verteidiger aus der Stadt zurückgezogen hat. Diese schon seit längerem erwartete Nachricht entfacht in Deutschland erneut die Hoffnung auf einen baldigen Sieg.
Die Zigarrenhandlung von Heinrich Brinck hat weitere 376 Mk. für Zigaretten, Zigarren und Tabak für unsere Bonner Regimenter gesammelt und dem Garnisonskommando zur Verfügung gestellt.
Dank dem 160ern. Dem freiwilligen Hilfsausschuß sind mehrere Feldpostkarten von Offizieren zugegangen, worin diese im Namen des Regimentes den Bonnern für die großen Sendungen von Liebesgaben ihren herzlichen Dank aussprechen.
Ferngläser für Bonner Husaren. Wir erhalten folgende Zuschrift: „Zu meinem Truppenteil, der 29. gem. Ersatzbrigade, gehört eine Kavallerieabteilung von 55 Bonner Husaren. Dieselben sind ohne ein einziges Fernglas ausgerückt. Der Wert eines solchen bei den oft gefährlichen Patruillenritten (sic!) ist ohne weiteres klar. Ich spreche daher die Bitte aus, uns von den in manchen Familien vorhandenen, aber nie gebrauchten Gläsern (Operngläsern) in Futteralen etwa ein Dutzend überlassen zu wollen. (...)“
Wir möchten unseren Lesern die vorstehende Bitte recht sehr ans Herz legen. Ihre Erfüllung würde unseren Husaren nicht nur eine bessere Erkundung ermöglichen, sie würde unsere Leute auch vor dem Abgeschossenwerden einigermaßen sichern.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
Der Fall von Antwerpen hat in Bonn eine Begeisterung ausgelöst, die an die erhebenden Zeiten der ersten Tage des Kriegsausbruchs erinnert. Die Glocken läuteten in der stillen Nacht und verkündeten weithin das erfreuliche Ereignis. In Erwartung der Einnahme der Stadt herrschte schon in den frühen Abendstunden auf den Straßen starkes Leben, und vor unserem Geschäftshause stauten sich die Menschenmengen zu fast undurchdringlichen Massen. Als nun die Glocken die Bürger aus den Häusern und den Betten riefen, herrschte um Mitternacht auf Straßen und Plätzen ein Leben wie am Tage. Vom Kaiserplatz an standen die Bürger dann wie Mauern die ganze Bahnhofstraße entlang vor dem General-Anzeiger und verlangten und erhielten die Bestätigung des Gerüchts, daß Antwerpen in unserem Besitz sei. Jeder aber wollte diese frohe Nachricht auch gedruckt sehen und die Sonderausgabe unserer Zeitung wurde stürmisch verlangt. Dann wurde das frohe Ereignis besprochen – und gefeiert in den Gasthäusern und auch am Denkmal Kaiser Wilhelms I. Tausende Bürger und Bürgerinnen hielten den Kaiserplatz besetzt und in die verhallenden Glockentöne klang der markige Chorus: „Es braust ein Ruf wie Donnerhall“. Zwischendurch donnerten die Züge über die Poppelsdorfer Allee und aus ihnen erschollen begeisterte Hurras der zur Grenze abrückenden Truppen. Es war eine Nacht, die man so leicht nicht vergißt.
„Hier wird Antwerpen bezahlt“. Gute Geschäfte machte gestern abend, als die Nachricht von dem Fall Antwerpens bekannt wurde, auf der Bahnhofstraße ein „Rote Kreuzmann“, der die günstige Lage benutzte und in den dicht gedrängten Menschenmengen mit einem Sammelfaß erschien. Mit lauter Stimme rief er: „Hier wird Antwerpen bezahlt“ und zog damit das Publikum zu seiner Soldatensparkasse. Alles drängte zu ihm hin und lachend gab jeder sein Scherflein. Als Resultat der Sammlung, die von den Pfadfindern veranstaltet wurde, ergab sich das nette Sümmchen von 268,95 Mark.
Dank der 160er. Ein 160er von der Maschinengewehr-Kompagnie teilt in einem Feldpostbrief an seine Mutter mit, daß sie Liebesgaben aus Bonn erhalten hätten. Die Freude sei groß gewesen. Jeder hätte u.a. 15 Zigarren und 30 Zigaretten bekommen. (…) Die Maschinengewehr-Kompagnie werde sich nicht lumpen lassen und später alles wieder gut machen. Sie hätten zwei französische Maschinengewehre erbeutet, die würden sie mit nach Bonn bringen.
Beim Proviantamt Bonn werden noch große Mengen an Hafer, Roggen, Weizen, Heu und Roggenstroh angekauft. Recht baldige Anlieferung ist erwünscht. Für magazinmäßige Ware frei Magazin wird gezahlt: für die Tonne Hafer 230 Mk., Roggen 230 Mk., Weizen 250 Mk., Heu 67 Mk., Roggenstroh 39 Mk.
Die landwirtschaftlichen Arbeiterinnen aus Ostpreußen, Polen und von der russischen Grenze, die in der Umgegend in Diensten stehen, können meist nicht oder doch nur unter großen Schwierigkeiten nach erledigter Zuckerrübenernte in ihre Heimat zurückkehren. Deshalb haben sie sich ihren Dienstherren gegenüber auch für den Winter gegen freie Kost und Wohnung verpflichtet.
Ausstellung im Obernier-Museum: Rheinische Bauweisen. Frohe Wandertage mit lustigen Gesellen werden wieder wach, durchgeht man die Ausstellung, die auf Veranlassung der Gesellschaft für Literatur und Kunst durch den Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Heimatschutz eingerichtet wurde. Hübsch sauber zwischen Glas und Rahmen sieht man Photographien, Federzeichnungen und Aquarelle von alten prächtigen Bauwerken aus verschiedenen Gegenden unserer Provinz. (…) Hat man die Ausstellung, die mit viel Mühe und Fleiß zusammengestellt ist, durchwandert, so überkommt den Besucher eine tiefe Freude, wenn man sieht, wie viel Schönes und Liebes unsere Heimat birgt, und diese Freude steigert sich zu heißem Dankgefühl, denkt man weiter daran, daß uns all das Schöne in unserer Heimat erhalten bleibt, während die Kriegsfurie in Feindesland Werte, die kaum ersetzt werden können, mit unbarmherziger Hand zerstört.
Eine Anregung: Man sollte unsere Soldaten, die verwundet in den hiesigen Lazaretten liegen, soweit sie gehfähig sind, in die Ausstellung führen und ihnen zeigen: Seht, all das Schöne ist durch deutsche Tapferkeit erhalten und von wüsten Eingriffen der Feinde verschont geblieben. Auch dadurch stärkt man Heimatgefühl.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ein Lazarettzug, der von der Firma Schütte-Lanz in Mannheim eingerichtet worden ist, traf gestern nacht mit Schwerverwundeten hier ein. Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Adolf von Schaumburg-Lippe nahm die Einrichtungen des Zuges in Augenschein.
Für Ostpreußen. Die Beamten der hiesigen Güterabfertigung teilen mit, daß nur noch diese Woche Gaben für Ostpreußen angenommen werden. Da es sich um eine Sammelsendung handelt, werden die gütigen Spender gebeten, die Gaben bis heute abend abzugeben.
Dem freiwilligen Hilfsausschuß sind mehrere Karten zugegangen, auf denen der Dank der Truppen unserer Garnison für die übermittelten Liebesgaben ausgesprochen wird. Eine Karte ist vom Obersten von der Heyden [Heyde], dem Kommandeur des Infanterie-Regiments Nr. 160.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)