Montag, 7. September 1914
Am Vortag hatte eine serbische Offensive an der Save begonnen.
Bekanntmachung: Das Landratsamt macht bekannt: „Nach Mitteilung des Guvernements (sic) Lüttich sind deutsche Vergnügungsautomobile in Belgien nicht erwünscht. Außerdem laufen sie Gefahr requiriert zu werden.“
Dem Freiwilligen Hilfsausschuß ist eine so große Anzahl von Büchern usw. zugeschickt worden, daß der Bedarf reichlich gedeckt ist. Wir sagen allen Gebern herzlichen Dank und bitten von weiteren Zusendungen Abstand zu nehmen. Erwünscht sind noch Gesellschaftsspiele und neueste illustrierte Zeitschriften.
Die Einfuhr von frischer Milch und Sahne aus Holland ist vom Herrn Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten bis auf weiteres gestattet worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
Edelmütiges Handeln. Bei einem Besuch im Lazarett der Barmherzigen Brüder zur Ueberreichung von Liebesgaben äußerte ein schwerverletzter Krieger, der beide Arme verloren hatte, den Wunsch, noch einmal seine, ihm erst vor vier Wochen angetraute Frau zu sprechen. Leider habe sie kein Geld, um von Breslau hierher fahren zu können. Nachdem der Arzt den besuchenden Damen – es waren Telegraphen-Gehülfinnen vom hiesigen Telegraphenamt – erklärt hatte, daß der Schwerverwundete voraussichtlich die Ankunft seiner Frau erleben werde, sammelten die Telegraphen-Gehülfinnen unter sich 40 Mk., die sie der Frau telegraphisch als Reisegeld überwiesen. Gleichzeitig wurde ihr telegraphisch mitgeteilt, sie möge sofort zu ihrem Mann kommen. Für freie Unterkunft sei gesorgt. Die Frau des Kriegers ist inzwischen hier eingetroffen, hat ihren Mann noch gesprochen und bei den Eltern einer Telegraphengehülfin freundliche Aufnahme gefunden. So konnte durch opferwilliges Handeln einem Krieger, der sein Leben für das Vaterland in die Schanze geschlagen hat, sein Herzenswunsch erfüllt werden.
Ein größerer Transport französischer Gefangener, die als geheilt aus hiesigen Krankenhäusern entlassen werden konnten, wurde am Samstag nachmittag von hier über die Brücke nach der rechten Rheinseite gebracht, von wo man sie mit der Bahn nach Wahn verbrachte. In hellen Haufen lief die Bonner Jugend neben den Franzosen her, die in Automobilen, Geschäftswagen usw. befördert wurden. Ein junger Franzose, der den Knaben lächelnd zusah, schien das Bonner Platt zu verstehen, denn auf die Bitte eines Jungen: „Herr Franzos gävv me ne Knopp“ riß er sich lachend die Knöpfe von seinem Uniformrock und warf sie den Jungen zu.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Flaggenbrauch: Schön und lobenswert ist die Sitte, die Kunde von deutschen Siegen durch Beflaggung zu feiern, aber viele unserer Landsleute sind, wie in dieser Woche zu beobachten war, mit dem Flaggenbrauche nicht ganz vertraut. Eigentlich soll die Flagge nur über Tag wehen und bei Sonnenuntergang eingezogen werden, eine Regel, die jedoch nur von der Marine streng eingehalten wird. Zudem soll eine Siegeskunde auch nur einen Tag lang durch Beflaggung gefeiert werden und dann die Fahne wieder eingezogen werden, um hoffentlich bald, bei neuen glücklichen Nachrichten wieder zu erscheinen. Setzt sich aber die Beflaggung ohne Unterbrechung fort, so verliert sie Wert und Bedeutung, und zudem läuft man Gefahr, daß, wenn eines Tages etwa eine minder erfreuliche Nachricht einläuft, zwischen ihr und der durch sie erzeugten Stimmung und dem Siegesprangen der Flaggen ein empfindlicher Missklang entsteht. Man richte sich bei der Beflaggung am besten nach den amtlichen Gebäuden, die nach jeder Siegesnachricht für einen Tag die Flaggen hissen. Dann erst wird jeder Siegestag auch äußerlich als ein Festtag wirken und das Auge nicht abgestumpft werden durch den Flaggenschmuck.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
(...) Heute morgen erhielt ich Eure Karten vom 26., 27ten. Wir sind in einer schweren Schlacht. Hoffentlich geht alles gut. Das Schlößchen auf dieser Karte existiert nicht mehr. Gestern habe ich in schwerem Feuer gelegen. 70 Mann an Seilen durch den Marnekanal gezogen, wobei fast einer ertrank. Es ist schrecklich dies alles, und ich wünsche oft, ich wäre wieder bei Euch. Aber der Gedanke, daß man das von Euch fernhält, tröstet einen. (...)
(August Macke an seine Frau Elisabeth, Ansichtskarte aus Luxémont)