Sonntag, 9. August 1914
An den Vortagen hatten deutsche Truppen den belgischen Verkehrsknotenpunkt Lüttich erobert – ein Ereignis, das alle Bonner Blätter begeistert als wichtigen Erfolg feiern.
Die Frau Prinzessin zu Schaumburg-Lippe stattete vorgestern dem vom Vaterländischen Frauen-Vereine Stadtkreis Bonn und dem Roten Kreuze errichteten Lazarette „Glückauf“ in der Luisenstraße einen Besuch ab. Ihre Königl. Hoheit hat das Protektorat über das Lazarett übernommen und zu seiner Einrichtung einen namhaften Betrag gespendet. Das vollständig neuzeitlich eingerichtete Lazarett enthält 26 Betten, macht einen freundlichen Eindruck und steht gebrauchsfertig zur Aufnahme von Verwundeten bereit.
Eine Bekanntmachung des Oberbürgermeisters weist darauf hin, daß Privatpersonen das Beschießen von Fliegern verboten ist.
Soldatenhumor. Ein lustiges Gedicht, das in Süddeutschland entstanden ist und dort von einrückenden Soldaten gerne gesungen wird, soll nun auch hier verbreitet werden. Das Gedicht, das nach der Melodie „Oh Tannenbaum“ zu singen ist, lautet:
O Nikolaus, o Nikolaus,
Du bist ein schöner Bruder!
Du redest uns von Frieden vor
Und rüstest heimlich Korps und Korps,
O Nikolaus, o Nikolaus,
Du bist ein falsches Luder!
O Engeland, o Engeland,
Wie hast du dich benommen!
Als wie ein rechter Krämersmann,
Der nimmt so oft und viel er kann –
O Engeland, o Engeland,
Das soll dir schlecht bekommen!
Der Franzmann auch, der Franzmann auch
Weist wieder seine Krallen.
Er möchte zu gern an den Rhein,
Wir aber nach Paris hinein –
Das will ihm nicht, das will ihm nicht gefallen.
Und wenn die Welt vor Feinden wär
Und keinem wär zu trauen –
So sorchten (sic) wir uns dennoch nicht.
Wir halten’s wie der Kaiser spricht.
Wir werden sie, wir werden sie,
Wir werden sie verhauen!
Das Bonner Licht- und Luftbad wurde im Monat Juli von 2027 Personen gegenüber 1025 Personen des Vorjahres besucht. Es ist die höchste bis jetzt erreichte Besucherzahl.
Das Ende der Fremdtümelei. Wieviel schwere Kämpfe um die Reinheit der deutschen Sprache und gegen die abscheuliche Fremdtümelei, besonders in den Bezeichnungen von Firmen- und Vergnügungsstätten, hat nicht schon der deutsche Sprachverein ausgefochten. Infolge des Krieges scheint er jetzt auf der ganzen Linie zu siegen. (...) Mit leisem Lächeln, aber auch mit herzlicher Freude sieht man überall Pappe und Kleistertopf, Pinsel und Farbe, Hammer und Meißel anrücken, um das „On parle francais“, „English spoken“ usw. zu tilgen und aus der englisch-deutschen eine rein deutsche Schneiderei zu machen. (...) Hoffentlich räumt dieser Sprach-Feldzug nicht nur gründlich, sondern auch dauernd mit der Fremdtümelei auf. (...) In Köln hat das Café Picadilly sofort nach Bekanntwerden der Kriegserklärung seinen Namen in „Café Germania“ umgeändert. Deutsches Kaffeehaus nach dem Berliner Vorbild wäre noch hübscher gewesen. (...) Auch bei uns in Bonn wären ähnliche Namensänderungen angebracht.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
Rheinischer Humor in ernster Zeit. Mit dem Poststempel Pfaffendorf erhalten wir von einem „bönnschen Jung“ eine Postkarte, die so recht zeigt, daß der Rheinländer auch in ernster Zeit den Humor nicht verliert. Die Karte lautet: „Bonner General-Anzeiger. Wie wir Bonner den Krieg auffassen (Landwehr 1 und 2), geht daraus hervor, daß wir seit zwei Tagen aus dm Lachen nicht herauskommen. Der Metzgermeister J. von der Sternstraße und meine Wenigkeit als Kölner sorgen für den nötigen Humor. Wir haben einen ganz kleinen Leutnant; J. hat ihm schon gesagt, wenn er sich nicht schicke, dann kräg er gekündig. Vorläufig sind wir noch Kurgäste von Pfaffendorf. Wenn me ävve loßläge, dann gitt et nix ze laache. Mir komme all met enem Orde nah Huus. Also, Bonner Bürger, verloht Uech op ons und sorgt, dat Ihr ene Moht hat, wie mir. Mir bränge Uech all ene kleene Franzos em Zigaarekeßge met! Adieu, Bonner, auf Wiedersehen!“
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Prinz und Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe haben dem Roten Kreuz und dem Vaterländischen Frauenverein für die Zwecke des Vereinslazaretts in der Luisenstraße 10.000 Mark zur Verfügung gestellt.
Beim Erntebund der Bonner Jugend haben sich bereits über 700 Jünglinge und Mädchen zur Erntearbeit gemeldet. Viele sind bereits verteilt. Der Erntebund läßt ferner 15 kräftige Leute im Mähen unterrichten.
Unsere Beigeordneten Bottler, Seelen und Dr. Lühl sind zum Heeresdienst einberufen worden. Von den Stadtverordneten nehmen die Herren Justizrat Sieberger, Prof. Münichmeyer, Dr. Wassermeyer, Dr. Goertz und Wellamnn an dem Feldzug teil.
Ein Bonner Husaren-Offizier , der Reserveleutnant Junghan ist, als er mit zwei Mann unserer Königshusaren einen Patrouillenritt auf französisches Gebiet unternahm, vom Feind aus dem Hinterhalt erschossen worden. Junghan war im Zivilleben Bergwerksassessor, seine Kameraden schätzten ihn als einen lieben, treuen Freund.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)