Freitag, 7. August 1914

Am Tag zuvor hatten Serbien Deutschland und Österreich-Ungarn Russland den Krieg erklärt.

 

Zur Fahne. Frau Witwe Winter, Lengsdorf, hat 14 Angehörige im Feld: 3 Söhne, 1 Reservist Fußartillerie, 1 Landwehr Garde-Inf., 1 Landsturm Inf.-Reg. 28; 4 Schwiegersöhne: 1 Reserve, 2 Landwehr, 1 Landsturm; 7 Enkel: 1 aktiv, 3 Reserve, 3 Landsturm.

Der Hilfsausschuß für durchfahrende Truppen bittet um Liebesgaben aller Art. (…)

Die sämtlichen Mitglieder der beiden jüdischen Verbindungen der hiesigen Universität (Verein jüdischer Studenten und Rheno-Silesia) sind als Freiwillige unter die Fahnen getreten.

Das Bonner Städtische Orchester hat seine Konzerte in Bad Neuenahr eingestellt, weil sehr viele Orchestermitglieder zu den Waffen einberufen wurden. Das Orchester bleibt jedoch bestehen. Das Orchester wird nicht aufgelöst.

Ein Kraftwagen, der die Marke einer belgischen Firma trug, ist gesternnachmittag auf dem Markt angehalten worden. Von den beiden Insassen behauptet der eine, Aachener zu sein.

 

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")

 

Die unausgebildeten Landsturmpflichtigen werden aufgefordert, sich am 7. Mobilmachungstage (Samstag, 8. August) von 8 Uhr morgens ab, zur Aufnahme in die Landsturmstammrolle zu melden und zwar die in den Jahren 1869-1878 einschl. geborenen im Bonner Bürgerverein, oberer Saal, die in den Jahren 1879-1890 einschl. geborenen in der Münster-Mädchenschule, die in den Jahren 1891-1894 einschl. geborenen in der Münsterknabenschule, die im Jahre 1895 geborenen in der Germaniahalle, Friedrichstraße, die im Jahre 1896 geborenen im Dreikaisersaal, Kölnstraße 8, die im Jahre 1897, sofern sie das 17. Lebensjahr vollendet haben, in der Münster-Knabenschule.

Die sich Meldenden haben ihre Militärpapiere (Landsturmschein bzw. Ersatzreserve-Paß) mitzubringen. Den Jahrgängen 95, 96 und 97 angehörige Landsturmpflichtige haben Geburtsschein oder sonstigen amtlichen Ausweis vorzulegen.

 

Zur gemeinsamen Bekämpfung der Notstände, die in dem nunmehr ausgebrochenen Weltkriege auch unserer Vaterstadt nicht erspart bleiben werden, haben sich folgende Frauenvereine dem Vaterländischen Frauenverein angeschlossen: Deutsch-evangelischer Frauenbund, Frauenbund der deutschen Kolonialgesellschaft, katholischer Frauenbund, Flottenbund, Wöchnerinnenverein Bonn-Endenich, Verein für Frauenbildung und Frauenstudium, Mädchenhort, Kinderhortverband, National-liberaler Frauenverein, vereinigte Elisabethvereine, Lehrerinnenverein, Frauenverein Kessenich, Frauenverein Poppelsdorf, israelitischer Frauenverein, Verein der Freundinnen junger Mädchen, katholischer Lehrerinnenverein, Comenius- und Fröbelvereine Anzeige im Bonner General-Anzeiger vom 8. August 1914und allgemeiner deutscher Kindergärtnerinnen-Verein, Bonner Frauenverein, Frauen-Arbeitsstätte des Vereins zur Beschäftigung Arbeitsloser, Frauenverein Bonn-Endenich für Wochenpflege, Verein Säuglings- und Genesungsheim, Berufsberatungsstelle für Frauenberufe, Stellenvermittlung des katholischen Frauenbundes, evangelischer Frauenverein Bonn-Süd, evangl. Jugendbund, Mädchengruppe und Pfadfinderkorps sowie der Frauenverein Beuel.

Möge dieser im Interesse des Ganzen nur zu begrüßende Zusammenschluß reiche Früchte tragen!

Geldspenden werden nach wie vor angenommen im Palais Schaumburg, Koblenzerstraße 141, vormittags von 10-12 Uhr, bei Herrn General Clemens, Weberstraße 88, bei Herrn Schulrat Dr. Baedorf, Rathaus, Zimmer 30, Lebensmittel- und Wäschespenden bei Frl. Schaafhausen, Koblenzerstraße 33, Fräulein Hälschner, Koblenzerstr. 29, Frau van der Elst, Baumschul-Allee 45a, in der Zentralsammelstelle der Universität.

Die Sammlungen des Vaterländischen Frauenvereins ergaben bis heute 11.000 Mark. Herzlichen Dank allen, auch den kleinsten Spendern!

 

Der Vaterländische Frauenverein hat eine Hauptsammelstelle in der Lese, Koblenzerstraße 35, eröffnet, die von 9-1 Uhr morgens und von 3-7 Uhr nachmittags offen ist.

Erschossen. Auf dem Bahnhof Unkel wurde in vergangener Nacht ein junger Kaufmann aus Bonn, der einen Mehltransport bewachte, von einem Unbekannten erschossen.

Verbandnotwendigkeiten wurden gestern durch Aerzte mit zwei Automobilen bei der Firma Eschbaum nach Lüttich geholt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Wilde Gerüchte. Eine ganz eigenartige Spannung der Nerven liegt über der Masse, die alles rasch aufgreift und erwägt und richtet. Haltlose Gerüchte, wie sie in den Tagen großer Erregung stets verbreitet werden, waren auch gestern wieder im Umlauf. Auf den Straßen, auf den öffentlichen Plätzen, vor den Schaufernstern der „Deutschen Reichszeitung“ drängen sich Tausende, lesen die Anzeige in der Deutschen Reichsszeitung vom 7. August 1914neuesten Telegramme, harren neuerer Nachrichten und erzählen, die russische Flotte sei bei den Allantinseln am Bottnischen Meerbusen von der deutschen Flotte teils vernichtet, teils eingeschlossen worden, die Oesterreicher hätten 20 000 Serben gefangen, englische Kriegsschiffe seien in der Nähe von Helgoland gesehen worden, bei den Kämpfen in Belgien habe es 6000 verwundete und viele hundert tote deutsche Soldaten gegeben. Was an diesen Gerüchten Wahres ist, steht zu der Stunde, da wir diese Zeilen schreiben, noch nicht fest. Jedenfalls fehlen vollkommen die amtlichen Bestätigungen. Aber die Gerüchte waren nun einmal da. Jedes Wort, soweit es sich auf den Krieg, auf den Kampf unserer Truppen bezieht, wird mit einer wahren Gier verschlungen, und alles, was zum Ruhme unseres Heeres ist, wird mit einer glühenden Begeisterung, mit brausendem Hurrarufen aufgenommen. Patriotische Lieder erklingen immer wieder. Die angeblichen Kämpfe werden besprochen, die Landkarte wird neu eingeteilt. Die großen Züge von Ersatztruppen werden mit Hurrarufen begrüßt, winkende Hände und flatternde Tücher schicken ihnen einen letzten Gruß auf das Feld der Ehre nach. Dazwischen drängen sich wieder Lastwagen, die sich zur Verfügung der Kommandos zu stellen haben, wagen, die noch den ebbenden Geschäften der Industrie und des Handels dienen, Autos und Wagen der Elektrischen, und über allem die warme August-Sonne, eine leichte Dunstschicht aus Staub und Luft und die Tonwellen der Hurrarufe und der vaterländischen Lieder.

Das Brot ist teurer geworden.
Eine Kommission von Bäckermeistern hat gestern zusammen mit der städtischen Verwaltung die Preise für Brot bis auf weiteres wie folgt festgesetzt: Schwarzbrot 0,75 Mark, Feinbrot 0,60 Mark und Graubrot 0,60 Mark. Brötchen werden nicht mehr gebacken.

Festgenommen. Ein Kraftwagen auf dem die Aufschrift Belgische Feinbäckerei mit schwarzem Lack überstrichen war, wurde gestern abend auf dem Markt von Soldaten angehalten. Da der Führer und sein Begleiter sich nicht genügend ausweisen konnten, wurden sie von der Polizei festgehalten, der Kraftwagen beschlagnahmt. Die Beiden gaben an, auf dem Wege von Aachen nach Koblenz zu sein, um dort den Wagen der Militärverwaltung zur Verfügung zu stellen. Ob dieses richtig ist, muß die eingeleitete Untersuchung ergeben.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)