Mittwoch, 11. Juni 1918

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 12. Juni 1918Ernährung und Bekleidung.
   Die Ernährungsverhältnisse gestalten sich vor der neuen Ernte doch noch schwieriger, wie es in den letzten Wochen den Anschein hatte. Vom 1. Juli ab können zur Brotherstellung seitens der Reichsstelle keine Streckungsmittel mehr geliefert werden, und demzufolge wird trotz der Ersparnisse, die das Lebensmittelamt an Mehl aufgespeichert hat, voraussichtlich doch noch vom 1. Juli ab eine Verminderung der Brotration auf 3¾ Pfund eintreten müssen.
   Auf andern Ernährungsgebieten sieht es etwas freundlicher aus. So ist vor allen Dingen die Gemüseversorgung jetzt verhältnismäßig besser. Die Zwangsbewirtschaftung bewährt sich also, denn der Gemüsebauer kommt wieder zum Wochenmarkt und der städtische Verkaufsstand wird dadurch erheblich entlastet. Da in letzter Zeit wiederholt von den Gemüsebauern auf den Wochenmärkten Käufer mit dem Bemerken abgewiesen worden sind, daß die Ware bestellt sei, wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Annahme von Vorbestellungen unzulässig und strafbar ist. Die Marktpolizei wird angewiesen werden, in solchen Fällen die Ware einfach zu beschlagnahmen und im städtischen Verkauf der Bevölkerung zuzuführen. […]
Anzeige im General-Anzeiger vom 12. Juni 1918   Besonders schlecht wird in der nächsten Zeit die Fleisch- und Fettversorgung sein. Das Nutzvieh ist noch immer in schlechtem Ernährungszustand, und die Dürre der letzten Zeit hat die Weiden auch nicht so verbessert, daß hierin ein Umschwung in den nächsten Wochen eintreten wird. Ebenso muß mit allen Mitteln eine Schonung des Milchviehbestandes angestrebt werden. Geschieht dies nicht, so sehen wir im Winter einer beispiellosen Milch- und Fettknappheit entgegen, und es ist eine der wichtigsten Aufgaben, daß die Milch für Säuglinge und Schwerkranke und für Kinder bis zum 5. Lebensjahre sichergestellt wird. Nachdem wir aus dem neutralen Auslande gar nichts mehr an Fetten erhalten, muß auch voraussichtlich von Mitte Juli ab die jetzt schon sehr knappe Fettration von 62½ Gramm auf den Kopf der Bevölkerung auf 50 Gramm herabgemindert werden. Gerade der Mangel an Fetten wird von der ganzen Bevölkerung als sehr unangenehm empfunden, und für die Hausfrau bedeutet es tatsächlich eine Kunst, mit diesen geringen Fettmengen im Haushalt auszukommen.
   Dem Lebensmittelamt ist es gelungen, aus dem besetzten russischen Gebiet sogenannten Roniker Käse einzuführen, der in diesen Tagen mit ¼ Pfund zum Preise von 90 Pfg. an die Bevölkerung verteilt wird. Sollte dieser Käse Anklang finden, so wird auch voraussichtlich in den nächsten Wochen mit weiteren Verteilungen zu rechnen sein. […]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 12. Juni 1918Das Vorausbestellen von Gemüse auf dem Wochenmarkt ist unstatthaft. Da in letzter Zeit wiederholt Käufer auf dem Wochenmarkt von den Gemüsebauern mit dem Bescheid abgewiesen wurden, daß das in den Körben enthaltene Gemüse usw. vorbestellt ist, macht das Städtische Lebensmittelamt darauf aufmerksam, daß dies unzulässig und strafbar ist. Die Marktpolizei ist angewiesen, diese Waren zu beschlagnahmen und dem städtischen Verkauf abzuliefern, wo sie dann im Interesse der Allgemeinheit veräußert werden. Hoffentlich wird von Wachtmeister Schumacher auch unnachsichtlich nach dieser Anweisung verfahren.

Der Bonner Wochenmarkt war gestern im allgemeinen gut beschickt, hauptsächlich mit Gemüse und Kopfsalat. Hiesiger Spargel kommt fast gar nicht auf den Markt. […] Erdbeeren und Stachelbeeren sind außer nachmittags beim städtischen Verkauf auf dem ganzen Markt fast nicht zu finden, ebenfalls keine Kirschen. Ein Köpfchen Salat, ziemlich lose und grün, kostet immer noch 25 und 30 Pfg., auch unverhältnismäßig teuer. Trotz der großenteils hohen Preise war der Verkauf durchweg flott.
Anzeige im General-Anzeiger vom 12. Juni 1918   Der Großmarkt auf dem Stiftsplatz hatte fast gar keine Zufuhren.
   Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt setzte in kurzer Zeit wieder etwa 10 Zentner Spargel ab. Außer großen Mengen Gemüse und Kopfsalat waren unter anderem noch fremde Tomaten zu 2,40 Mark das Pfund, fremde Gurken zu 80 und 90 Pfg. das Stück und neue Möhrchen ohne Laub zu 90 Pfg. das Pfund zu haben. Kopfsalat wurde hier durchweg auch zu 25 Pfg. das Stück verkauft. Nachmittags sind auch Erdbeeren zu 1,10 Mark das Pfund zu haben.
   Da seit einigen Tagen der Verkauf von grünen Erbsen begonnen hat, es den Verkäufern aber bei dem kolossalen Gedränge fast unmöglich ist, ihre Erbsen auszuwiegen, hat die Stadtverwaltung Bonn den Verkäufern von grünen Erbsen bis auf weiteres erlaubt, ihre Ware innerhalb der Einzäunung des städtischen Verkaufs auszuwiegen, stellt ihnen sogar noch Wagen unentgeltlich zur Verfügung, damit das unnötige Gedränge vermieden wird.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Die Jugendabteilung des K.K.V. [Katholischer Kaufmännischer Verein] beging am verflossenen Sonntag ihr 8. Stiftungsfest in einer der Zeit entsprechenden Weise. […] Eine Sammlung für die Ludendorff-Spende erzielte den schönen Betrag von 35 Mark. – Die Abteilung zählt heute ca. 140 Mitglieder, von denen 50 eingezogen sind. Vier Mitglieder starben den Heldentod fürs Vaterland. […]

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)