Mittwoch, 10. April 1918

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 10. April 1918Ernährungs- und Bekleidungsfragen.
Die letzten Monate vor der Ernte, Mai, Juni, Juli, werden auch in diesem Jahre in der Ernährung der Bevölkerung die schwierigsten sein. Glücklicherweise sind wir diesmal
mit Kartoffeln versorgt und werden es voraussichtlich während der letzte drei Monate des Wirtschaftjahres bleiben. Die Kartoffel wächst immer mehr als der Hauptteil unserer gesamten Ernährungswirtschaft heraus, und allen Einwohnern unserer Stadt kann nicht dringend genug jetzt bei der Feldbestellung entgegen gerufen werden: Baut auf euren Ländereien soviel wie möglich Kartoffeln an. [...]
    Nicht so gut wie mit der Kartoffel sieht es mit dem Brotgetreide aus, und es ist nicht ausgeschlossen, daß bereits in der nächsten Zeit eine weitere Herabsetzung der auf den Kopf und Tag entfallenden Mehlmenge eintreten muß. Unser Lebensmittelamt hat aber auch hierin vorgesorgt insofern, als durch die zeitige Ausgabe von nur 3½ Pfund Brot wöchentlich gewisse Rücklagen erspart sind. Es ist daher mit Sicherheit zu erwarten, daß die Wochenmenge von 3½ Pfund Brot auf den Kopf auch in den letzten Monaten des Wirtschaftsjahres gegeben werden kann. [...]
    Ein Zeichen dafür, daß in Bonn die Ernährung verhältnismäßig gut ist, ist die Teilnehmerzahl der Kriegsküchen, die gegen das Vorjahr geringer ist.
   Fortan werden am Samstagnachmittag alle Geschäftsräume des Lebensmittelamtes geschlossen bleiben, mit Ausnahme der Kartenausgabenstelle und der Bezugsscheinausgabestelle.
    Dem städtischen Bekleidungsamt sind wieder neue Aufgaben zugeteilt worden. Es hat fortan auch die Bewirtschaftung getragener Schuhwaren und von gebrauchtem Leder zu übernehmen. All diese Sachen dürfen daher nur über das städtische Bekleidungsamt erworben werden. Es ist also verboten, getragene Schuhwaren, alte Koffer, Sättel, Satteltaschen, Schulmappen, Handtaschen, Anzeige im General-Anzeiger vom 10. April 1918Aktenmappen, Lederfutterale, Schurzfelle, Riemen aller Art usw., falls diese Gegenstände aus Leder sind, an jemand anders als wie an das städtische Bekleidungsamt, zu veräußern.
    Durch die Einführung der neuen Schuhbedarfsscheine ist jedes Neuschuhwerk, dessen Sohlen mindestens im Gelenk oder in der Vorderfläche ganz aus Leder bestehen, auch wenn die Sohle mit Sohlschonern oder mit Halbsohlen aus Ersatzstoff sind, bezugsscheinpflichtig. Der neue Schuhbedarfschein ist nicht übertragbar, gilt überall im deutschen Reich, hat eine Gültigkeitsdauer von 12 Monaten, gibt aber kein Recht auf Lieferung der Ware. Bedarfscheinberechtigt ist jeder Verbraucher, der nicht mehr als ein Paar gebrauchsfähige Schuhe besitzt, worüber eine schriftliche Erklärung abzugeben ist. In einem halben Jahr ist man nur zum Bezuge von einem Paar Schuhen berechtigt. Wer jedoch zwei Paar gebrauchsfähige Schuhe abgibt, erhält einen neuen Bedarfsschein. [...]
    Es sei nochmals darauf hingewiesen, daß das städtische Bekleidungsamt von jedermann Schuhe zur Ausbesserung annimmt. Die Annahme findet Montags, Dienstags und Mittwochs nachmittags von 3 bis 5 Uhr statt. Es empfiehlt sich, wie bereits einmal betont, nicht zu lange mit der Ausbesserung der Schuhe zu warten.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

  

Im botanischen Garten bemerkten wir gestern zum ersten Mal die Anpflanzung eines Gewächses, das sonst mehr die Landwirte als die Botaniker beschäftigt. Ein Gartenarbeiter war auf dem großen Felde zwischen Weiher und Schloß mit dem Setzen von – Saatkartoffeln beschäftigt, allerdings nur auf einer verhältnismäßig kleinen Fläche.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 10. April 1918Zur Rheinschiffahrt. Die Schiffahrtsabteilung beim Chef des Feldeisenbahnwesens in Duisburg beabsichtigt mit Rücksicht auf den Kohlenverbrauch die Personendampffahrten auf dem Rheine in diesem Sommer ganz einzustellen. Auf das energische Vorgehen der Rheinstädte hin ist jedoch erreicht, daß die Personenfahrten mindestens in dem Umfange bestehen bleiben, wie sie der Fahrplan des vergangenen Jahres aufwies. Bei dieser Gelegenheit sei auf die Wichtigkeit dieser Verkehrsverbindung ganz kurz hingewiesen. Auf der Strecke zwischen Mannheim und Köln wurden in 4½ Monaten des vergangenen Jahres 1,4 Millionen Personen auf Rheinschiffen befördert. Hinzu kamen 54.000 Militärpersonen.

Wir deutschen Frauen nähen Deutschlands Ehrenkleid.
Siebenmal haben wir schon dazu mitgeholfen. Wir bringen es auch ein achtes Mal fertig. Frau Deutschland soll nicht in Lumpen gehen, wenn ihre Söhne draußen kämpfen, siegen, bluten, sterben.
Der 13. und 14. April ist unser heiliger Tag.
Da nehmen wir, was wir sonst für uns und unseren Haushalt ausgegeben hätten, und legen es zu einer stattlichen Gabe zusammen. Denn wenn einmal Frieden wird, wollen wir den erwerbstätigen Frauen helfen, daß sie Unterkunft finden und sich weiter ausbilden können.
Wir sammeln schnell – Alles an einem Tag! Aber wir geben langsam aus – Immer nur die Zinsen.
So reichen wir, was uns gesammelt wird, der Mutter Deutschland zum achten Kriegsgewand. Und sie gibt uns zurück, was wir in der Fürsorge ausgeben sollen: Fünf von Hundert, Jahr für Jahr.
Es gibt doppelten Segen der einmaligen Gabe: die große Summe dem Vaterland geliehen, die jährlichen Zinsen aber den Kriegsnöten gewidmet.
Sammelstellen sind: Volksspende am Markt, Oberbergamt, Konviktstraße 2, Münsterbibliothek, Kathol. Frauenbund, Martinstraße 3, Lehrerinnen-Verein, Königstraße 47, Pützstraße 24/26 (Kessenich), Klemens-Auguststraße 21. P.
Zum Empfang geöffnet 13. April, mittags 12 Uhr, bis 14. April, 1 Uhr.
Helft, Ihr Bonner Frauen! Opfert am 13. und 14. April! Denkt an den doppelten Segen!

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 10. April 1918Eine vaterländische Kundgebung fand Sonntag abend in der Lese statt, um, wie Oberbürgermeister in der Begrüßungsansprache betonte, das vaterländische Denken und Empfinden zu stärken und zu vaterländischem Tun anzuregen. Noch nie sind wir, bemerkte Oberbürgermeister Spiritus weiter, in den bald vier Kriegsjahren so stolz, so freudig und so zuversichtlich zusammengekommen wie heute. Zwar die Verluste sind schmerzlich, und jeder leidet unter dem Krieg. Aber ist das, was wir zu erdulden haben, so groß, daß wir darüber zu klagen ein Recht haben? Voll Vertrauen können wir in die Zukunft sehen, umsomehr, als auch draußen an den Fronten alles mehr wie zufriedenstellend ist. Mit Zuversicht dürfen wir hoffen, daß die Stunde nicht mehr fern ist, da die endgültige Entscheidung dieses Krieges zu unseren Gunsten auf Frankreichs Boden errungen wird. Für diese Entscheidung die Geldmittel beschaffen zu helfen, hat jetzt wieder jeder, der Reiche wie der Arme, Gelegenheit. Es zu tun ist eine Dankespflicht gegenüber unseren Helden, die uns schützen, gegenüber unseren großen Feldherren und gegenüber unserem Kaiser. Nach zwei prächtigen Liedergaben des von Professor Grüters geleiteten Städtischen Gesangvereins: „Morgengebet“ und „Deutschland“ von Mendelsohn, nahm Gymnasialdirektor Geheimrat Dr. Erythropel aus Düsseldorf das Wort zu seinem Vortrage „Vom Durchbruch und Endsieg“. Das Prinzip dieses gewaltigsten Krieges ist die Absperrung auf geistigem, wirtschaftlichem, politischem und militärischem Gebiet. Deutschland und seine Verbündeten sind von den Feinden abgesperrt worden. Die geistige und politische Absperrung sei schon längst vorbereitet und durchgesetzt. Dann folgte die wirtschaftliche Sperre. Seit dem 1. Februar 1917 haben unsere U-Boote den Durchbruch erzwungen. Zu Lande ist durch unseren Frieden mit Rußland der Sperring in breitester Ausmessung durchbrochen. In der gegenwärtigen Amiens-Schlacht brechen wir auf der bisher breitesten Front durch; denn je breiter die Bresche ist, umso sicherer ist auch der Erfolg. Amiens ist das Ziel. Wird es erreicht, so haben wir die Verbindungswege von Paris nach London dauernd und sicher unterbrochen. England und Frankreich können nicht mehr mit großen Heeresmassen zusammenwirken. Auch wir in der Heimat sollten jetzt den Durchbruch erleben, damit der deutsche Endsieg errungen wird: ergibt die achte Kriegsanleihe nicht nur eine gewaltige Gesamtsumme, sondern ist auch die Zahl der Zeichner so groß, daß sich darin der einmütige Wille des deutschen Volkes zum Endsieg bezeugt, so bedeutet dieses Ergebnis für uns einen politischen Sieg, für unsere Gegner die politische Niederlage. Der zweite Redner, Reichstagsabgeordneter Dr. Pfleger, sprach über die deutsche Marine im Weltkriege. Er berührte die zahlenmäßige Ueberlegenheit der englischen Flotte und erwähnte dann die Tätigkeit unserer Flotte während des Krieges. Die technische Leistungsfähigkeit unserer Uboote war schon zu Beginn des Krieges der der englischen überlegen, sie ist während des Krieges ganz gewaltig gesteigert worden. Hätten wir den Ubootkrieg nicht geführt, so wären wir sicher militärisch erdrückt worden, aber so rütteln wir mehr und mehr an den beiden Hauptpfeilern der englischen Weltherrschaft, dem Schiffsraum und der Handelsschiffahrt, und die Lebensmittelnöte haben in England in der letzten Zeit einen Umfang angenommen, daß das deutsche Volk einen solchen Umschwung wohl schwerlich willig hingenommen hätte. Die englischen Staatsmänner haben es auch schon längst aufgegeben, das deutsche Volk besiegen zu können, sie rechnen nur noch auf den Mißmut und die Uneinigkeit des deutschen Volkes, und sie tun alles, um Mißmut und Uneinigkeit bei uns zu schüren. Daran sollten wir stets denken. Jeder soll sich daher den Interesse unseres Vaterlandes dienstbar machen, seine Arbeitskraft und sein Geld in den Dienst des Vaterlandes stellen. Nur wenn wir einig sind, werden wir eines Friedens teilhaftig werden, der uns ein glückliches, mächtiges und freies deutsches Vaterland schafft. Die Reden sowie die Lieder des Städtischen Gesangvereins und ein Musikvortrag der Militärkapelle fanden reichlich Beifall. Die Versammlung, die den großen und den dahinter liegenden Gartensaal der Lese füllte und an der auch die Spitzen der hiesigen Behörden teilnahmen, schloß mit dem gemeinsamen Gesang: „Deutschland, Deutschland, über alles“.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)