Donnerstag, 31. Januar 1918

     

Gartenbauverein Bonn. Die gestrige Monatsversammlung, die erste im neuen Jahre, leitete der zweite Vorsitzende, Herr Thilmann. Er erwähnte unsere militärischen und politischen Erfolge des vergangenen Jahres, betonte, das deutsche Volk könnte vollständig beruhigt in die Zukunft blicken, wenn es Hindenburgs Mahnung zur Einigkeit befolge, und brachte ein begeistert aufgenommenes Kaiserhoch aus. [...]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

   

Die zunehmende Knappheit an Tabaken hat zu einer abermaligen Herabsetzung des den Fabriken eingeräumten Kontingents genötigt. Sie tritt mit dem 1. Februar in Kraft. Die Herstellung von Zigarren wird um ein Drittel, von Rauchtabak um ein Fünftel der bisherigen Erzeugung eingeschränkt. Damit erleidet die Versorgung des Handels, der bisher schon den Bedarf der Zivilbevölkerung nur in sehr eingeschränktem Maße befriedigen konnte, eine weitere starke Einbuße. Unter diesem Zeichen ziehen auch die Preise weiter an, was wiederum zu neuen Klagen der Raucher über die Preise und angebliche Wucherpreise führt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Vom Rhein. Der Schiffsverkehr kann sich wieder voll entfalten. Da durch die Unterbrechung der Schiffahrt sich viel Massengut angesammelt hat, ist für die nächste Zeit lebhaftes Verfrachtungsgeschäft sowohl rheinauf- wie rheinabwärts zu erwarten. Besonders der Versand von Kohlen nach den oberrheinischen Häfen wird lebhaft betrieben. Mangel an Schiffsraum und Schleppkraft ist vorderhand nicht wahrscheinlich, da für längere Zeit volle Belastung der großen Kähne und völlige Ausnutzung der Schleppkraft gesichert ist.

Die vielen Wucherpreise, die zur Zeit am Bonner Gericht schweben, müssen, wie man uns schreibt, eine sehr ungünstige Vorstellung über den Charakter der Bewohner des Vorgebirges erwecken. Da müssen wohl Leute wohnen, die durch die Bank von der herzlosesten, gemeinsten Habsucht verseucht sind, so wird man denken. Daß es auch am Vorgebirge manche Wucherseelen gibt, soll nicht geleugnet werden. Aber Unrecht wäre es, von diesen Wucherprozessen auf den Charakter der Bewohner der Bewohner im Allgemeinen zu schließen. Wucherseelen beteiligen sich nicht an den Werken der christlichen Caritas, wie es z. B. in Bornheim in diesem Sommer noch geschehen ist. An die 70 Ferienkinder aus Essen sind monatlang in der freundlichsten Weise hier aufgenommen und verpflegt worden, ohne alle Aussicht auf irgendwelchen Lohn. Als nun doch noch nachträglich 0,50 Mk. für jeden Tag bezahlt werden sollte, da nahmen die meisten das Geld nicht an, indem sie erklärten, sie hätten dies aus christlicher Nächstenliebe getan. Wie sind denn solche edeldenkenden Menschen plötzlich zu Wucherern geworden? Die Sache erklärt sich leicht. Händler aus den Industriegebieten boten den hiesigen Erzeugern für Bohnen Preise an so hoch, wie diese sie nie würden gefordert haben. Hätten sie die Angebote abgewiesen, so würde man sie wahrscheinlich für dumme Bauern gescholten haben. Jetzt, wo sie die Angebote angenommen haben, schimpft man sie Wucherer, obwohl doch von einem Missbrauch fremder Not zum eigenen Vorteil nicht die Rede sein kann. Von der Höhe der Strafe kann man sich eine Vorstellung machen aus folgendem Fall: Eine gewisse Frau Häuser aus Brenig, deren Mann im Felde steht, hat 30 Pfund Himbeeren über den Preis verkauft. Dafür hat sie ein Strafmandat bekommen von 1000 Mark.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)