Mittwoch, 20. Dezember 1916
Weihnachtsfeier für verwundete Soldaten. Es war eine schöne, erhabene Feier, die am Montag in den Sälen des evangelischen Gemeindehauses fast 500 verwundete Soldaten zur dritten Kriegsweihnachtsfeier vereinigte, eine ansehnliche Schar fand leider keinen Platz mehr. Ein sinnig geschmückter Christbaum grüßte vom Podium herab. Sie alle, die tapferen Kämpfer, hatten gestritten und gelitten für des Vaterlandes Freiheit und Ehre. Nun durften sie, im Vaterlande von liebenden Händen gepflegt, das traute Weihnachtsfest mitfeiern. Fürsorgende Hände und Herzen hatten ihnen den Tisch so freundlich geschmückt. Erbauliche und erzählende Schriften, Postkarten mit Worten unseres Kaisers u. a. lagen für jeden bereit. Herr Militärseelsorger Pfarrer Lorenz sprach als Leiter der Feier den Willkommensgruß. Er betonte, daß vielfach im Frieden das Weihnachtsfest veräußerlicht, verkommen gewesen sei, das Weihnachtserlebnis des Mensch gewordenen Gottessohnes sei über den irdischen Gaben vergessen, wenigstens vielfach vernachlässigt worden. Sein Wunsch sei, daß die Weihnachtsfreude für alle Verwundeten zu einer Quelle neuer Kraft und Genesung werden möge. [...] Herr Militäroberpfarrer a. D. Geheimer Konsistorialrat D. Rocholl gab dann ein Bild unseres Hindenburg, auf persönliche Bekanntschaft aus seiner Amtstätigkeit in Hannover gründend. Der Redner wußte unsern Nationalhelden in launiger Weise den Soldaten zu schildern als Menschen, Christen und Soldaten. [...] Für die leibliche Erfrischung gab es Kaffee und Weihnachtsgebäck. Schon klangen die Abendglocken, als Herr Pfarrer Lorenz das Segenswort zum Geleite sprach. Draußen senkten sich über dem Rheintale und unserer Stadt die Nebelwolken. Ein Sinnbild unserer Tage: über dem Dunkel dieser Erdenzeit leuchtet in ewig strahlender Herrlichkeit der Stern von Bethlehem. Dort ist ewiger Friede!
Der Verbrauch von Weihnachtskerzen möglichst einzuschränken, fordert der Oberbürgermeister die Bürgerschaft dringend auf.
Die männlichen Lehrlinge im zweiten und dritten Lehrjahre während des Krieges vom Besuch der Fortbildungsschule zu befreien und die Fortbildungsschulpflicht der jüngeren Lehrlinge auf einen halben Tag wöchentlich zu beschränken, hat der Innungsausschuß die Stadtverwaltung gebeten. Einen gleichen Antrag hat die Zentrumsfraktion der Stadtverordneten für die übermorgige Stadtverordnetensitzung gestellt.
Den Familien der zum Kriegsdienst einberufenen städtischen Arbeiter will die Stadt die bisherigen Unterstützungen nicht verkürzen, auch wenn durch die neuerliche Erhöhung der Reichsunterstützung der Höchstbetrag aller Unterstützungen jetzt zwei Drittel des zuletzt bezogenen Lohnes des Einberufenen übersteigen sollte.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Durch Diebstähle werden in der Weihnachtszeit besonders die großen Warenhäuser schwer geschädigt. Trotz umfassender Sicherheitsmaßregeln und scharfer Kontrolle gelingt es immer noch Warenhausdieben und –diebinnen größere Diebstähle auszuführen, ohne daß sie gefaßt werden. Der Inhaber eines hiesigen großen Warenhauses schätzt den Schaden, der ihm durch die Diebstähle in diesem Jahre bereits erwachsen ist, auf weit über 10.000 Mark. Hin und wieder gelingt es aber doch, einen Spitzbuben zu ermitteln. So wurde in einem hiesigen Warenhaus eine etwa 30 Jahre alte Frau festgenommen, die für etwa 30 Mark Sachen entwendet hatte. Die Diebin besuchte die einzelnen Verkaufsstände mit einer großen Tasche bewaffnet, und ließ in derselben alles, was eben zu stehlen war, verschwinden. Bei ihrem Treiben wurde sie aber von einem Angestellten überrascht. Es wurde sofort Anzeige bei der Polizei erstattet, die die Festnahme veranlaßte. Eine recht harte Strafe wird wohl nicht ausbleiben. Es ist aber auch unbedingt notwendig, daß gegen derartige Diebe scharf vorgegangen wird, damit die Geschäftsleute wenigstens etwas geschützt werden.
Weihnachtskarpfen. Die Stadt läßt durch mehrere Fischhandlungen sowie auf dem Wochenmarkt lebendfrische Karpfen, das Pfund zu Mark 1,60 verkaufen. Auch andere Fische wie Schellfische, Stockfische, Schollen, Flundern und Bücklinge, kommen jetzt täglich auf dem Wochenmarkt zum Verkauf. Die Abgabe erfolgt nur gegen Vorzeigung der Lebensmittelkarte der Stadt Bonn.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eine Weihnachtsgabe soll den städt. Beamten, Angestellten und Arbeitern gewährt werden. Von den Stadtverordneten wird hierfür die Bewilligung eines Kredits von 25.000 Mark verlangt. Die Verteilung soll durch eine besondere Kommission erfolgen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)