Sonntag, 17. Dezember 1916
Ueber seine Reiseerlebnisse in Mittelafrika hielt Freitag abend der frühere portugiesische Konsul Singelmann aus Braunschweig den Mitgliedern und Freunden der Kolonialgesellschaft und einiger anderer Vereine einen fesselnden Lichtbildervortrag. Der Vortragende hat seine letzte Afrikareise im April 1914 angetreten und noch während des Weltkrieges fortgesetzt. Er zeigte zunächst Bilder von der portugiesischen Hafenstadt Funchal, die vor kurzem zweimal von unseren Ubooten besucht worden ist, und von den reichen portugiesischen Kakaoinseln Principe und San Thomé, dann schilderte in Worten und Bildern die portugiesische Kolonie Angola. Von Angola ist die flache Küstenzone sehr fruchtbar, aber den Tropenkrankheiten unterworfen. Die anschließenden drei ausgedehnten Hochländer sind ebenfalls sehr fruchtbar, dabei frei von Tropenkrankheiten, sie eignen sich vorzüglich für Ackerbau und Viehzucht, haben auch genug schwarze Arbeiter, sind nahe genug am Ozean und stellen daher vorzügliche Kolonialgebiete dar. Angola und der dahinterliegende Teil des belgischen Kongostaates weisen alle die Kolonialerzeugnisse auf, deren Deutschland bis zum Kriege in immer steigendem Maße bedurfte und die Deutschland nach dem Kriege wieder einführen muß, und zwar aus eigenen Kolonien, wenn es nicht die von der Pariser Wirtschaftskonferenz hohen Zölle zahlen will. Es ist daher, wie der Vortragende ausführte, in weiten Kreisen Deutschlands der Wunsch rege geworden nach einem großen mittelafrikanischen Kolonialreich, in dem unserer bisherigen deutschen Kolonien durch Hinzunahme feindlicher Nachbargebiete abgerundet werden und das dann einen zusammenhängenden Besitz vom atlantischen bis zum indischen Ozean darstellt. Ein solches Kolonialreich, das sich im Notfalle auch selbst verteidigen könnte, würde uns ohne hohe Ausfuhrzölle alle nötigen Nahrungsmittel und Rohstoffe liefern und in steigendem Maße ohne hohe Einfuhrzölle unsere Industrieerzeugnisse aufnehmen. Zur Verwirklichung dieses Planes hat Deutschland genügend Faustpfänder in der Hand: den 12 Millionen Eingeborenen in unseren Kolonien stehen 40 Millionen Einwohner in den von uns besetzten feindlichen Gebieten gegenüber, die englischen, russischen, französischen und belgischen Gefangenen in deutschen Händen stellen einen um 10 Milliarden höheren volkswirtschaftlichen Wert dar als die deutschen Gefangenen in Feindesland. Und daß diese günstigen Verhältnisse sich noch weiter zu unseren Gunsten bessern, dafür werden die unvergleichlichen Taten unserer Feldgrauen sorgen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Frau Prinzessin zu Schaumburg-Lippe besuchte am Donnerstag das Mutterhaus vom Roten Kreuz und erfreute die Verwundeten durch Liebesgaben und ganz besonders durch Uebersenden eines schönen Grammophons, welches ihnen in manchen schweren Stunden willkommene Unterhaltung und Zerstreuung bieten wird.
Weihnachtssendungen. Die Reichspostverwaltung ersucht auch in diesem Jahre, mit den Weihnachtssendungen bald zu beginnen, damit die Paketmassen sich nicht in den letzten Tagen vor dem Feste zu sehr zusammendrängen. Die gegenwärtigen durch den Krieg geschaffenen schwierigen Verkehrsverhältnisse erheischen dringend die besonders pünktliche Auslieferung der Weihnachtssendungen, damit die pünktliche Ankunft der Pakete gesichert ist und Betriebsstockungen ferngehalten werden. Die Pakete sind dauerhaft zu verpacken; die Aufschrift der Pakete muß deutlich, vollständig und haltbar hergestellt werden. Der Name des Bestimmungsortes muß recht groß und kräftig gedruckt oder geschrieben sein und die Paketaufschrift sämtliche Angaben der Paketkarte enthalten. Zur Beschleunigung des Betriebes trägt es wesentlich bei, wenn schon der Absender die erforderlichen Marken auf die Paketkarte klebt. Die Versendung mehrerer Pakete mit einer Paketkarte ist bis einschließlich 24. Dezember weder im inneren deutschen Verkehr noch im Verkehr mit dem Auslande gestattet.
Seife ist jetzt ein sehr begehrter Artikel, und selbst Leute, die früher nie eine besondere Vorliebe für dieses Reinigungsmittel gezeigt haben, widmen ihr in letzter Zeit großes Interesse, besonders, wenn sie billig zu bekommen ist. So hatte auch ein hiesiger Stehbierhallenwirt neben seinem Ausschank einen recht schwunghaften Seifenhandel eingerichtet. Verkauft wurde weit unter Tagespreis. Schließlich stellte die Polizei aber Ermittlungen an, die zu dem überraschenden Ergebnis führten, daß die Seife in einer Seifenfabrik gestohlen war. Als Diebe kamen drei Arbeiter aus Bonn in Frage, die in Gemeinschaft mit dem Wirt die Seife gestohlen und verkauft haben. Teilweise sind die Diebe schon etwa 25 Jahre bei der Seifenfabrik tätig. Sie entwendeten größere Posten, brachten sie dann dem Wirt, welcher sie weiter verkaufte. Als Käuferin wurde bereits eine Frau aus Bonn ermittelt, die keine Bedenken gehabt hat, sich auf die billige Weise zu versorgen. Sämtliche Beteiligte wurden dem Gerichtsgefängnis zugeführt. Gegen den Wirt schwebt außerdem noch ein Verfahren wegen Diebstahls von Bienenzucker.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kölner Märchen-Theater. Am Mittwoch, den 20., nachmittags 3 Uhr, findet im Festsaal des Bonner Bürger-Vereins die Aufführung von „Waldmüllers Weihnachten“, Weihnachtsfestspiel in drei Akten mit Gesang und Tanz statt. – Hierauf folgt: „Der Kinder Weihnachtstraum“, ein lehrreiches und wirkungsvolles Märchen mit Musik und Puppenspiel – Vorverkauf bei H. Brink, Zigarrengeschäft, Am Hof, und L. Schroeder, in der Sürst.
Die voraussichtlichen Wirkungen des Hilfsdienstgesetzes waren Gegenstand einer eingehenden Beratung von Vertretern der rheinischen Handwerkskammern, des rheinischen Handwerkerbundes, des rheinischen Genossenschaftsverbandes und der rheinischen Genossenschaft zur wirtschaftlichen Förderung von Handwerk und Gewerbe. Es ergab sich eine erfreuliche Uebereinstimmung der Ansichten über die voraussichtliche Mitarbeit des Handwerks am vaterländischen Hilfsdienst und die hierbei zu beachtenden Gesichtspunkte. Daß die Beratungen von vaterländischem opferbereiten Geiste getragen waren, braucht nicht besonders betont zu werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)