Sonntag, 26. November 1916
Der Bezirksverein Köln des Verbandes mittlerer Reichs-Post- und Telegraphen-Beamten hielt am Sonntag in der Bürgergesellschaft einen Bezirkstag ab, der den Kriegsverhältnissen entsprechend sehr gut besucht war. Der Bezirksvorsitzende, Goergen (Bonn) gedachte in seiner Eröffnungsansprache unseres tapferen Heeres und der Kollegen im Felde und in den besetzten Gebieten. Seine Rede klang in ein Kaiserhoch aus. Das Andenken von 14 seit der letzten Tagung gefallenen und gestorbenen Mitglieder wurde geehrt. Der Vorsitzende hielt alsdann einen Vortrag über „Unsere Lage“. Er betonte, daß die Beamtenschaft ursprünglich den festen Willen hatte, keine Sonderansprüche zu erheben; noch der vorjährige Verbandstag habe in diesem Sinne entschieden. Die durch die lange Kriegsdauer geänderte Lebenslage habe aber diesen guten Willen zum Aushalten durchkreuzt, und heute seien die Verhältnisse in den meisten Beamtenfamilien derart, daß die Gewährung ausreichender Kriegsbeihilfen und Teuerungszulagen, wie sie von Privatbetrieben und städtischen Verwaltungen längst gezahlt würden, dringend notwendig sei. Aus den zahlreichen Einzelbeschlüssen sind zu erwähnen die Anstrebung der vierteljährlichen Gehaltszahlung, mit der zugleich eine Förderung des bargeldlosen Verkehrs bezweckt wird, eine Erklärung für die Beibehaltung der Sommerzeit und ein Antrag auf möglichst weitgehende Einführung der ungeteilten Arbeitszeit. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Zuckerrübenernte konnte bei schönstem Herbstwetter beendigt werden, ohne daß man die Arbeit auch nur einen einzigen Tag hätte unterbrechen müssen. Die Ernte ist sehr verschieden ausgefallen. Die Erträge schwanken zwischen 60 bis 90 Doppelzentner auf dem preußischen Morgen. Ueberall waren die Rüben stark belaubt. Blätter und Köpfe kommen den Landleuten als Winterkraftfutter wohl zustatten. Da die meisten Rübenäcker bereits wieder neubestellt und mit Weizen besät sind, kann man die Saatarbeit vorläufig als abgeschlossen betrachten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Butterabgabe. Wir erhalten folgende Zuschrift: „Eine Bonner Hausfrau“ schreibt einen Artikel über die Butterabgabe in einem Geschäft der Acherstraße, womit wohl unser Geschäft bezeichnet sein soll. Der Artikel muß bei Uneingeweihten den Anschein erwecken, als ob das Geschäft ohne Grund den Verkauf eingestellt habe. Daß dem nicht so ist, weiß jeder, der bei uns Kunde ist und die Mühen kennt, die unsere Firma sich schon während des ganzen Krieges zur Befriedigung ihrer Kundschaft gibt, daß weiß jeder, der das Gedränge mit angesehen hat, welches sich an dem fraglichen Nachmittag in dem Ladenlokal abspielte, wobei die Marmorplatte des Ladentisches herabgestoßen wurde, von anderen Vorkommnissen überhaupt zu schweigen. Will da eine „Hausfrau“ noch einen Weiterverkauf verlangen? Wir nehmen gerne an, daß die Hausfrau nicht im „größten“ Gedränge war, und die Vorgänge im Laden nicht miterlebt hat. Auch hat ja die „Hausfrau“ die wiederholte Erklärung über die Schließung angeblich nicht gehört, scheint also schon ziemlich im Hintertreffen gestanden zu haben. Es ist aber unverständlich gar traurig, möchte man sagen, daß jeder Kunde sofort nach Eintreffen der Ware, wenigstens aber am gleichen Tage bedient zu werden fordert. Das ist bei unserem großen Kundenkreis wirklich nicht gut möglich, obgleich schon drei Personen ständig bedienen.
Warum finden aber auch die Veröffentlichungen des städtischen Lebensmittelamtes keine Beachtung, in denen immer und immer wieder erneut bekanntgemacht wird, daß reichliche Vorräte vorhanden sind, und daß jedes Gedränge überflüssig ist.
Diese Bekanntmachung sollte sich aber auch die „Hausfrau“ endlich einmal ansehen, anstatt unter Entstellung der Tatsachen den Weg in die Oeffentlichkeit zu nehmen. Firma Johann Krebs.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Das Kammergericht hatte in einem beachtenswerten Rechtsstreit zu entscheiden, welcher gegen den Metzgermeister Z. aus Godesberg schwebte. Z. war angeschuldigt worden, entgegen den erlassenen Kriegsvorschriften Fleisch ohne Fleischkarten und ohne die vorgeschriebenen Eintragungen verkauft zu haben. Zu seiner Verteidigung macht Z. geltend, es habe sich um Wurstwaren und Kalbfleisch gehandelt, welches aus dem Auslande gestammt habe; die Kriegsvorschriften, welche für Godesberg erlassen seien, kämen daher nicht in Frage. Das Schöffengericht sprach auch den Metzgermeister frei. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft verurteilte die Strafkammer zu Bonn a. Rh. Z. zu einer Geldstrafe, da die in Rede stehenden Kriegsvorschriften sich sowohl auf inländische wie auch auf ausländische Fleischwaren beziehen. In den maßgebenden Vorschriften werde allgemein von Fleisch und Fleischwaren gesprochen. Diese Entscheidung focht Z. durch Revision beim Kammergericht an, welches indessen die Revision als unbegründet zurückwies und u. a. ausführte, aus der Bekanntmachung des Bundesrats vom 27. März 1916 ergebe sich, daß die in Frage kommenden Vorschriften der maßgebenden Verbände inländisches und ausländisches Fleisch treffen können. Die betreffenden Vorschriften für den Stadtkreis Bonn haben sogar ausländisches Fleisch ausdrücklich erwähnt; indem die Vorschriften für den Landkreis Bonn allgemein von Fleisch und Fleischwaren sprechen, sei anzunehmen, daß die fraglichen Vorschriften sich auch auf Fleisch und Fleischwaren beziehen, welche aus dem Auslande stammen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)