Donnerstag, 9. November 1916

     

Deutscher Sprachverein. Dienstag, 7. November, abends 6½ Uhr, begann der Bonner Sprachverein im Gasthof zum Kronprinzen seine Wintervorträge. Der während des Krieges den Verein leitende stellv. Vorsitzende, Pfarrer Dr. Richter, begrüßte die zahlreich Erschienenen, darunter auch eine stattliche Zahl von Feldgrauen, und teilte mit, daß auch während des stillen Sommers der Verein nicht untätig gewesen sei. [...] Dann hielt Professor Dr. Tesch aus Köln, der bewährte und begabte Vorkämpfer der Sprachvereinssache, einen fesselnden und begeisterten Vortrag über „Volksseele und Sprache“, der zugleich dem Vorwurf begegnete, als ob die Sprachvereine sich bloß auf die Bekämpfung des Fremdwörterunwesens beschränkten. Ausgehend von dem Reichtum an Wort und Klang, von der Fülle der Mitlaute (Konsonanten) zeigte der Redner an vielen Beispielen, wie keine Sprache sich so zur Weltsprache sowie zum Uebersetzen aus fremden Sprachen, auch keine sich so zur Wissenschaft und Dichtung, besonders mit ihrem tiefen Gemütswesen zur Lyrik eigne, wie die deutsche. Die Sprache ist eben ein Spiegel der Volksseele: die französische spiegelt die glatte Oberflächlichkeit, die englische den seelenlosen Krämergeist, die deutsche den tiefen Empfindungsreichtum des Volkes wieder. [...]

Militärische Jugendvorbereitung. Das Kriegsministerium hat folgende Anordnungen getroffen: Die Sonntagsübungen sind im Einvernehmen mit den Geistlichen in der Regel so zu legen, daß die Jungmannen am Besuche des Gottesdienstes nicht verhindert werden. Es ist auf ein reges Handinhandarbeiten der militärischen Vorbereitung mit der Kirche und der freiwilligen Jugendpflege Bedacht zu nehmen. Die kirchliche Einsegnung von Fahnen militärischer Jugendorganisationen ist unzulässig.

Die Altgummi-, Korken- und Papiersammlung der hiesigen Vaterländischen Vereinigungen befindet sich in der Roten-Kreuz-Halle an der Quantiusstraße. Die Sammelstelle läßt die schriftlich oder durch den Fernsprechr (Nr 4875) bei ihr angemeldeten Gegenstände auch abholen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Photographieren von Kriegsgefangenen. Das stellvertretende General-Kommando weist erneut auf das Verbot des Photographierens von Kriegsgefangenen hin. Dies ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Kommandantur des Kriegsgefangenenlagers Wahn erlaubt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Die Landwirtschaftskammer hat in einer Sitzung des Vorstandes an den Herrn Präsidenten des Kriegsernährungsamtes unter eingehender Begründung den Antrag gerichtet, im Interesse der Milchversorgung von einer Herabsetzung der Preise für Schlachtvieh abzusehen. Aus Anlaß wiederholter Klagen aus den Kreisen der Landwirtschaft hat die Kammer an das stellvertretende Generalkommando des 8. Armeekorps in Coblenz den Antrag gerichtet, die zurzeit in der Landwirtschaft beschäftigten Kriegsgefangenen dort zu belassen, um die im allgemeinen Interesse liegende alsbaldige Beendigung der Hackfruchternte sowie der Herbstbestellung nicht zu gefährden. Das Generalkommando hat hierauf mitgeteilt, daß dem Gefangenenlager in Wahn noch eine größere Zahl von Kriegsgefangenen überwiesen worden ist und daß ein Grund zu weiterer Beunruhigung nicht vorliegt. Der Vorstand bespricht die Frage der Streckung des Brotes durch Zusatz von Gerste und Hafer an Stelle von Kartoffelmehl und hält diese Maßnahme auf Grund der Ernteverhältnisse für erwünscht und möglich. [...]

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)