Sonntag, 15. Oktober 1916
Kartoffelversorgung. Bonner Einwohner, die auswärts Landbesitz haben, können, wie der Oberbürgermeister bekannt macht, zur Versorgung ihres Bonner Haushalts selbstgezogene Kartoffeln nach Bonn einführen.
Das Kölner Märchen-Theater bringt nächsten Mittwoch im Saale des Bonner Bürger-Vereins das Märchen-Schauspiel in vier Akten „Der Rattenfänger von Hameln“ zur Aufführung. Die muntere Kinderschar, der Bürgermeister mit seinen Ratsherren in Nöten und nicht zuletzt der Rattenfänger werden durch die bekannten Bilder recht lebhaft vor Augen geführt. Das Stück hat in Köln ein ausverkauftes Haus und durchschlagenden Erfolg erzielt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ausschuß für hauswirtschaftliche Kriegshilfe. Aus dem Bericht über die zweijährige Tätigkeit des Ausschusses heben wir folgendes hervor: Der Marmeladenverkauf mußte leider im Sommer 1916 wegen Zuckermangels und wegen gar zu großen Andranges – die Damen konnten den Betrieb kaum mehr bewältigen – an die Stadt abgegeben werden. Die Tatsache aber, daß in dem einen Jahr seines Bestehens für mehr als 100.000 Mark Marmelade verkauft worden ist, mag beweisen, welch’ großer Beliebtheit sich der Verkauf erfreute, und welch’ dringendem Bedürfnis er entgegenkam. Mußte auch der Marmeladenverkauf leider abgegeben werden, so wurde doch der Verkauf anderer wichtiger Nahrungs- und Nähr-Ersatzmittel beibehalten und findet nach wie vor lebhaften Zuspruch.
Die fortschreitende Schwierigkeit der Selbstversorgung für Unbemittelte veranlaßte den Ausschuß schon im Mai 1916 Kinderspeisungen einzurichten. Durch die Freundlichkeit freiwilliger Spender, denen hier herzlich Dank gesagt sei, wurde er in den Stand gesetzt, in den verschiedensten Bezirken Speisungen einzurichten, so daß über 200 schwache, unterernährte Kinder ihr kräftiges Mittagessen erhalten. Der Ausschuß hofft noch immer mehr gute Herzen zu gewinnen, die monatlich für ein Kind 7 Mark bezahlen, um so immer mehr armen bedürftigen Kindern helfen zu können.
Auch der Kleider bezw. Stoffnot versuchte der Ausschuß [entgegen] zu steuern durch Gründung einer Kleiderberatungsstelle. Hier werden durch mehrere Näherinnen und ehrenamtlich tätige Damen getragene Sachen billig verändert, Rat zur Vermeidung von Stoffverschwendung und Anleitung zum selbständigen Aendern gegeben. Ferner werden auch Hüte billig verkauft und vor allem versucht, den Frauen in jeder Weise nach Kräften mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Gerade die Beratungsstellen haben sich als die rechten Orte erwiesen, den Frauen manches Wort der Beruhigung und Ermunterung zu sagen, und ihnen zu zeigen, daß sie hier Verständnis für die Schwierigkeiten ihrer Lage finden und den guten Willen, ihnen zu helfen. Die Kleiderberatungsstelle, die sich in ihrem Lokal am Martinsplatz regen Zuspruchs erfreute, ist nunmehr auch in die Räume Am Hof verlegt worden. Leider macht sich der Stoffmangel bemerkbar; es würden daher größere Zuwendungen von getragenen Kleidern mit Dank begrüßt werden.
Neben der Versorgung dieser eigenen Einrichtungen haben die Damen sich an den Kassen des städtischen Verkaufs am Markt und in der Sternstraße betätigt, auch zur Beaufsichtigung der Kriegsküchen wurden sie herangezogen und je zwei Damen des Ausschusses wurden in die Preisprüfungsstelle und die städtische Lebensmittelkommission gewählt.
Inzwischen machte der wachsende Ledermangel es nötig, auch die Linderung dieser schweren Not, unter der so unendlich Viele litten, in’s Auge zu fassen. Nach dem Vorbilde des Badischen Frauenvereins Karlsruhe wurde deshalb Am Hof 1 im Universitätsgebäude eine Flickschusterei eingerichtet, wo unter Leitung eines Schuhmachermeisters mit Hilfe von 11 Gesellen – auch drei gefangene Russen sind dabei – und einigen ehrenamtlich beschäftigten Damen Stiefel verfertigt und zu mäßigen Preisen an Minderbemittelte abgegeben werden. Außerdem sollen von gesammelten Ledersachen wie Koffer, Tornister, Taschen, Riemen usw. billige Pantoffel hergestellt werden. Daß diese Einrichtung sehr große Mittel erfordert, um wirklich der Allgemeinheit zu nützen, ist selbstverständlich. Große Lederbestände mußten angeschafft, Arbeitsmaterial gekauft, Löhne müssen gezahlt werden und dergleichen mehr. Es war daher etwas schwierig, die nötigen Mittel zu erlangen, aber mit frischem Mut gingen die Damen ans Werk. Wie nötig diese neue gemeinnützige Einrichtung des Ausschusses war, zeigte sich bald. Schnell war die Flickschusterei mit Arbeit überhäuft, nur an einem Tage der Woche kann jetzt noch Arbeit angenommen werden, dann sind die Leute für die ganze Woche beschäftigt, so stark ist der Andrang. In freundlicher Anerkennung dieser segensreichen Tätigkeit haben deshalb die Vaterländischen Vereinigungen und die Städtische Kriegshilfe der Flickschusterei finanzielle Beihilfe gewährt. Dies und das werktätige Interesse einiger Privatleute macht es möglich, das mit kleinen Mitteln begonnene Werk in größerem Maßstabe fortzusetzen, d.h. in großem Umfange Leder zu kaufen, mehr Leute einzustellen, und so den Minderbemittelten wenigstens die große Sorge um ihre und ihrer Kinder Fußbekleidung zu erleichtern. [...]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Personenstandsaufnahme. Wie alljährlich findet am 20. ds. Mts. die Aufnahme des Personenstandes von Haus zu Haus statt. Die gewissenhafte Ausfüllung der Hauslisten A und B ist dringend geboten, unrichtiger oder unvollständige Angaben sind mit Geldstrafe bis zu 300 Mk. bedroht. Auf den Formularen sind die Anleitungen für deren Ausfüllung gegeben. Wichtig ist es, daß bei den infolge der Mobilmachung zum Heeresdienst einberufenen Personen der Truppenteil und der Zeitpunkt, wann sie einberufen wurden, angegeben wird, denn diese Angaben dienen dazu, die Außerhebungssetzung der Einkommensteuer für die Zeit der Einberufung zu bewirken. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)