Freitag, 13. Oktober 1916
Die diesjährigen Volkshochschulkurse eröffnete Dienstag abend Privatdozent Dr. J. M. Verweyen mit dem ersten seiner Vorträge über den „deutschen Idealismus“. Wir müssen u. können die gegenwärtige Lage auch gedanklich zu bewältigen und geistig zu klären suchen. Auch unsere Krieger draußen werden von Ideen geleitet, und diese sind das Treibende ihrer Seele. So streiten in dem Weltkrieg nicht nur Waffen gegen Waffen, auch Geist und Geist, Volkscharaktere und Nationalitäten stehen sich gegenüber. [...] Der deutsche Imperialismus strebt nach einem Weltreich des Geistes, nach ehrlichem Wettbewerb, der nicht die Kleinen unterdrückt, nicht brutal zu werden braucht, um sich selbst zu behaupten. Der englische Imperialismus dagegen ist der ins Politische übersetzte Egoismus: Recht oder Unrecht, mein Land! Er suchte daher stets den mächtigsten Staat auf dem Kontinent auszurotten: Spanien, Holland, Frankreich, jetzt Deutschland. Das englische Auge ertrug nicht das „Made in Germany“, der englische Haß sah mit Neid und Mißgunst das Aufsteigen seines Rivalen, daraus folgte dann die Einkreisungspolitik. – Wie sich der Geist Frankreichs, Italiens, Rußlands und schließlich auch der deutsche Geist bei derselben Betrachtungsweise im einzelnen darstellt, sollen die folgenden Vorlesungen zeigen. H. G.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Lokal-Abteilung Bonn des Landwirtschaftlichen Vereins für Rheinpreußen hielt gestern nachmittag im Goldenen Stern eine Versammlung ab, in der Herr Professor Neubauer über Winterfütterung und Herbstbestellung sprach. Er wies auf den Mangel an Kraftfuttermitteln hin und setzte auseinander, welche Mengen an Eiweißstoffen und Kohlenhydraten den einzelnen Tieren mindestens verabreicht werden müsse. Namentlich betonte er den hohen Wert eines guten Wiesenheus, das kein Landwirt verkaufen solle. Er solle möglichst welches hinzukaufen. An Düngemitteln ständen Kalisalze nur in geringerem Prozentsatz zur Verfügung. Auch an Superphosphaten werde ein Mangel eintreten. Dagegen sei eine Zunahme des Verbrauchs an Kalkstickstoff eingetreten.
Verkauf von Butter. Bis auf weiteres werden 30 Gramm Butter pro Kopf und Woche abgegeben. Der Preis für ein Pfund Butter ist auf M. 2,75 festgesetzt; 30 Gramm kosten demnach 17 Pfennig.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Schuhkarten? Die Ortsgruppe Köln des Zentral-Verbandes deutscher Schuhwarenhändler, eingetragener Verein, teilt mit, daß die Einführung von Bezugsscheinen für Schuhwaren unmittelbar bevorstehe. Bei den letzten Verhandlungen über Preisbeschränkung von Schuhwaren habe sich ergeben, daß das Angebot die Nachfrage bei weitem nicht decken könne. Um daher eine gerechte Verteilung der vorhandenen Vorräte zu gewährleisten, sei obige Maßregel geplant.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)