Dienstag, 29. August 1916

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 29. August 1916Verkauf von Zwetschen und Weißkohl. Das Lebensmittelamt, Abteilung Obst und Gemüse, Rathausgasse 16, ersucht durch Bekanntmachung in der heutigen Nummer dieser Zeitung die Bonner Haushaltungen, ihren Bedarf an Zwetschen und Weißkohl anzuzeigen. Die Preise werden voraussichtlich nicht über 25 M. für den Zentner Zwetschen und 6 M. für den Zentner Weißkohl sein. Es werden bis zu fünf Zentner ausgegeben, aber nicht unter 25 Pfund. Der Kleinverkauf findet in der bisherigen Weise an den Verkaufsstellen statt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Die gemeinnützige Schreibstube des Vereins zur Beschäftigung Arbeitsloser bittet, das soziale gute Werk der Schreibstube durch Aufträge zu unterstützen. Es werden dort handschriftliche Offertbriefe, Maschinenschrift-Verfielfältigungen, Abschriften aller Art, technische und kaufmännische Arbeiten stenographische und Diktat-Aufnahmen, Doktorarbeiten usw. hergestellt. Ferner wird auch Aushülfspersonal stunden- und wochenweise zur Verfügung gestellt. Die gemeinnützige Schreibstube befindet sich Münsterstraße 28.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Die Leichtathletik-Meisterschaften, des Bezirks Bonn des Rheinisch-Westfälischen Spielverbandes wurden gestern auf dem Spielplatz an der Kölnstr. ausgetragen. Leider wurden die Leistungen nach dem Einsetzen des Regens durch schlechte Bodenverhältnisse beeinflußt. Die Ergebnisse sind folgende: 100-Meter-Lauf: [...], 200-Meter-Lauf [...], Handgranatenweitwurf [...], Handgranaten-Zielwurf [...].

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Folgen des Höchstpreiserlasses für Gemüse. Am Tage zuvor, ehe noch die Höchstpreise festgesetzt waren, konnte man alle Sorten Gemüse je nach Bedarf, teils zu höheren, teils aber auch zu bedeutend niedrigeren Preisen, in Hülle und Fülle einkaufen, während gleich am Tage darauf der Wochenmarkt nur spärlich damit beschickt war. Zwei Bauersfrauen, welche ich nach der Ursache frug, warum so wenig Bohnen, Erbsen, Salat, Kappus, Rüben, Gurken usw. zum Markt gebracht würden, da doch diese Sorten Gemüse, bei der günstigen Witterung, zur Zeit in Massen heranwüchsen? Antworteten mir: „Die Händler gehen seit den festgelegten Höchstpreisen auf dem Lande von Haus zu Haus, und kaufen alles Gemüse auf, wir kommen heute auch das letzte Mal zum Markt! Gestern waren bei uns auch Aufkäufer da, bevor wir noch Erbsen, Salat, Bohnen und Gurken gepflückt hatten. Wir ernten das nächste Mal frühzeitig das Gemüse ab, übergeben dasselbe den Händlern, erhalten dafür den Höchstpreis, sparen dadurch den Fahrpreis, das Standgeld, und was das Beste ist, noch recht viel Zeit zur Feldarbeit.“ Während nun die Landleute und Händler bei den neuen Richtpreisen recht zufrieden abschneiden, haben wir Bonner Hausfrauen dahingegen den Schaden zu tragen, denn wir können jetzt zusehen, wo wir etwas zum kochen herbekommen. Die Haushaltungsführung wird uns mit jeder Neuverordnung schwieriger gemacht. Bei der vorletzten Höchstpreisfestsetzung wurde der Wochenmarkt sofort von Aufkäufern überschwemmt, die Alles ankauften und uns Bonnern nichts übrig ließen. Jetzt ist es zwar den auswärtigen Händlern verboten zum Markt zu kommen, dafür gehen sie aber direkt an die Quelle, woselbst vielleicht noch größerer Vorteil für dieselben zu erzielen ist. Was sind das überhaupt für Zwischenhändler? Wo bringen diese das uns zukommende Gemüse hin?
   Wäre Alles von Kriegsbeginn an seinen natürlichen Weg gegangen. Die Marktverordnungen wie in Friedenszeiten beibehalten worden. Keine Höchstpreise eingeführt und nur der wucherischen Preistreiberei Einhalt getan worden, indem man, wie auch auf der letzten Gartenbauvereinsversammlung angeregt wurde, eine bestimmte Stunde, vielleicht zum 10 Uhr vom Magistrat aus, festgesetzt hätte, welche dem Zwischenhandel von diesem Zeitpunkte an, erst erlaubte, aufzukaufen. – Im Kriegsjahr 1870/71 wurde um 11 Uhr von der Rathaustreppe mit einer Schelle die Zeit zum Aufkauf für den Handel angezeigt – dann könnte man Obst und Gemüse, sowie vieles Andere, wenn auch den Kriegsverhältnissen entsprechend, zu etwas höheren, aber doch normalen Preisen erstehen, und alle Leute, sei es nun der Erzeuger, oder der Händler, sowie der Verbraucher wären samt und sonders auf ihre Rechnung gekommen und zufriedengestellt worden. Namentlich hätte man dem Wucher und der Habgier keine Gelegenheit gegeben, so üppig in die Blüte zu schießen.
   (Anmerkung der Redaktion: Die städtische Verwaltung in Bonn hat sich mit allen Mitteln gegen Festsetzung von Höchstpreisen für Gemüse gewehrt. Sie wurden trotzdem durch den Regierungspräsidenten eingeführt.)

Anzeige im General-Anzeiger vom 29. August 1916In einer Bonner Zeitung war dieser Tage unter andern großen Anzeigen von Kinos eine Anzeige enthalten, in welcher verschiedene Stücke aufgeführt werden, und in welcher es offenbar zur Empfehlung heißt: „Man jubelt nicht allein! Man schreit vor Lachen!“
   Jeder normal denkende Mensch muß sich mit Abscheu von einer solchen Anzeige wenden. Es ist geradezu ein Skandal, daß derartige Anzeigen verfaßt und in einer Zeitung aufgenommen werden.
   Es wird gewiß niemand etwas dagegen haben, daß in den schweren Zeiten, die man jetzt durchzumachen hat, jemand zur Ausspannung oder Ablenkung sich ein erlaubtes und bescheidenes Vergnügen gestattet, zumal wenn dies in einem solchen Rahmen geschieht, daß dadurch andere Personen nicht unangenehm berührt werden müssen.
   Wenn aber ein Unternehmen für seine Possen es notwendig hat, mit solchen Reklameausdrücken das Publikum auf seine Leistungen aufmerksam zu machen, dann muß, das die Oeffentlichkeit und Allgemeinheit durch solche widerwärtigen und ekelhaften Anzeigen belästigt wird, dagegen öffentlich Front gemacht werden.
   Zu einer Zeit, wo täglich und stündlich an der Front Hunderte von braven Bürgern ihr Leben dahingeben und Verwundungen erleiden, die vielfach für immer Siechtum oder Arbeitsunfähigkeit herbeiführen, wo im Lande der Ernst der Zeit herrscht und die Sorge in viele Familien eingekehrt ist, da ist es geradezu schmählich, wenn öffentlich aufgefordert wird, ein Lokal zu besuchen, wo man „nicht allein jubeln, sondern vor Lachen schreien soll.“
Es dürfte sich tatsächlich nicht nur empfehlen, sondern notwendig sein, daß die Behörde sich ein derartiges Theater etwas genauer ansieht. Wenn sich herausstellt, daß dem betr. Unternehmer das Verständnis für die heutige Zeit abgeht, so muß ihm die entsprechende Belehrung erteilt werden, mit der Maßgabe, daß im Widerholungsfalle das Lokal ohne weiteres geschlossen wird. Ein Verlust für die „Kunst“ würde auch wohl daraus kaum entstehen?
   Gleichzeitig dürfte es sich auch empfehlen, daß darauf hingewiesen würde, daß die marktschreierischen Anzeigen der Kinotheater ebenfalls auf ein der Zeit entsprechendes Maß zurückgeführt würden.
Einer für Viele.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)