Samstag, 22. Juli 1916
Das Nachmittagsheim für Verwundete, Koblenzer Straße 90, hält seine Räume und seinen Garten von jetzt ab von 1 bis 6½ Uhr geöffnet. Da die Lazarettverwaltungen die Ausgehzeit der Verwundeten neuerdings verlängert haben, können unsere genesenden Krieger nun auch im Nachmittagsheim länger verweilen und vor allem den Aufenthalt in dem schönen Garten des Heims ausgiebiger genießen.
Die Wettkämpfe im Wetturnen, die auf Anordnung des Kriegsministeriums in diesem Jahre abzuhalten sind, beginnen für Bonn am morgigen Sonntag früh auf dem städtischen Spielplatze an der Kölnstraße. Sie bestehen für einzelne in einem Dreikampfe, der sich wieder aus Hinderniskauf, Weitsprung und Werfen von Handgranaten zusammensetzt, und aus Einzelwettkämpfen, nämlich Schnellauf und Hochsprung. Gruppen werden einen Eilbotenlauf ausführen sowie Barlaufen, Schlag- und Fußball spielen. Alle Freunde der militärischen Ertüchtigung werden zur Besichtigung dieser Wettkämpfe eingeladen. Die Wettkämpfe werden am folgenden Sonntag fortgesetzt, dann soll auch die Preisverleihung stattfinden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Fliegerpost. Gestern nachmittag warf ein Flieger auf das Dach des Hauses Louis David, Bahnhofstraße, ein Paket. Es handelt sich um ein in eine schwarz-weiß-rote Flagge eingewickelte Brieftasche, die einen Brief an eine Dame in der Gerhard v. Arestraße enthielt. Der Flieger hatte also die Adresse seiner Sendung ziemlich zielsicher erreicht.
In den Kriegküchen unserer Stadt pulsiert überaus frisches Leben, das jedem Einsichtigen Freude erweckt und die beste Gewähr dafür ist, daß man mit der Schaffung solcher Kriegsküchen einen überaus guten Griff tat. Wenn nach dem anerkannten Sprichwort „Die Liebe geht durch den Magen“ in diesem Falle der Nagel auf den Kopf getroffen wird, da doch die Kriegsküchen in erster Linie zur Befriedigung des Magens dienen, so ist es nicht verwunderlich, daß sich in unseren Kriegsküchen die Liebe unserer Bürgerschaft in steigendem Maße zuwendet Vergleicht man die Einrichtung dieser Kriegsküchen in den verschiedensten Bezirken des Reichs, so kann man mit gutem Gewissen die Bonner Einrichtung, - obschon sie noch jung – doch eine Musterküche hinstellen. Sowohl in den freundlichen Räumen des Fuhrparks in der Ellerstraße als auch in den Sälen der Eintracht in der Sandkaule und in der Klemens-Auguststraße spielt sich in den Morgenstunden (wie das an dieser Stelle bereits des öfteren geschildert) ein frisches Tun und Treiben ab. Hilfsbreite Damen der Stadt schalten und walten hinter mächtigen Speisekesseln. Pünktlich zur Mittagsstunde steigt verlockender Duft der fertigen Speisen in die Nase. Hübsch säuberlich, in Reih und Glied ohne Gedrängel empfangen die Bürger das Essen und zwar für diese Kriegszeiten so reichlich, daß jedem, der eine Portion verdaut hat, die Katze den Magen nicht wegschleppt. So gab es gestern eine treffliche Freitagskost: frische Kartoffeln mit Petersilie und Kabeljau, darüber ein pikante Tunke. Wie Schreiber dieser Zeilen an eigenem Leibe erfahren, war dieses Mittagessen überaus schmackhaft zubereitet, was übrigens von allen Abnehmern bestätigt wurde.
Wenn hier und da ein Mittagessen nicht ganz so mundgerecht nach dem Geschmack Einzelner ausfällt, so ist das nicht immer zu vermeiden, wenn man die Schwierigkeiten der Nahrungsmittelbeschaffung zum ersten und zum zweiten die ungeheuren Kosten bedenkt, die eine solche Massenspeisung verursacht. Nichts ist leichter als nörgeln und kritisieren (es gibt Leute, die bringen das zur Genialität). Besser machen aber ist die Kunst; und besser wird’s schon, da sich täglich Lehren aus dem Bestehenden ergeben.
Als besonders vorteilhaft möchten wir die Einrichtung bezeichnen, wie sie im Eintrachtsaale der Sandkaule besteht. Dort ist jedermann Gelegenheit geboten, das Mittagessen an Ort und Stelle an weißgedeckten Tischen zu verzehren. Bunte Blumen auf den Tischen geben dabei dem Speiseraum ein trauliches, anheimelndes Gepräge.
Wer diese Küchen besucht? Das ist ein großer Kreis Arbeiter, Beamte jeglicher Berufe, Studenten und Studentinnen, vor allem aber unsere Bürgerfrauen, deren Männer im Felde stehen.
Wie sehr die Einrichtung sich in des Wortes wahrster Bedeutung dem „Geschmack“ der Bürger angepaßt hat, beweist die stets steigende Benutzung. Ja, man hat sich sogar veranlaßt gesehen, für die Folge auch an Sonn- und Feiertagen zu kochen. Wenn erst Anfang August die weitere Kriegsküche in Kessenich eröffnet ist, wird die Stadt Bonn tagtäglich etwa 7000 Personen mit ausreichender und kräftiger Mittagskost versorgen können.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Gemeinnützige Schreibstube des Vereins zur Beschäftigung Arbeitsloser e. V. ist durch den Krieg sehr in Mitleidenschaft gezogen. Während sie in Friedenszeiten täglich durchschnittlich 18 Stellenlose mit Anfertigung von Reklamearbeiten (Adressenschreiben und Vervielfältigung von Briefen für Fabriken und kaufmännische Betriebe) beschäftigte, ließen solche Arbeiten seit Kriegsbeginn fast sämtlich nach. Indes konnte die Schreibstube als Ersatz für diesen Ausfall eine Anzahl Stellenlose außerhalb ihrer Geschäftsräume bei kaufmännischen Firmen vorübergehend beschäftigen. Wenn auch hierdurch ein großer Teil Stellenloser so lange versorgt ist, bis sie in längere oder dauernde Arbeit kommen, so bleibt der Schreibstube doch immer ein wesentlicher Teil bedürftiger Leute übrig, die selbst in Aushilfeposten schwer unterzubringen sind und für die sie in anderer Weise besorgt bleiben muß. Es sind dieses hauptsächlich die über 55 Jahre alten stellenlosen Kaufleute und Schreiber, sowie bedürftige schwächliche Kriegerfrauen und Töchter von gefallenen Kriegern, die sich durch einfache schriftliche Arbeiten noch einen kleinen Nebenverdienst sichern wollen. Die Schreibstube kann aber all diesen Personen nur dann etwas Beschäftigung geben, wenn sie, wie in Friedenszeit, seitens der kaufmännischen Firmen durch Ueberweisung schriftlicher Arbeiten unterstütz wird. Darum sei auch an dieser Stelle auf die gemeinnützige Einrichtung erneut hingewiesen, die Schreibstube befindet sich Bonn, Münsterstraße 28.
Das städtische Gaswerk hat besondere Maßnahmen getroffen, um den Gasbezug weiter zu erleichtern. Um Hausbesitzern, die noch nicht mit Gas versehen sind und nicht für Gas-Automatik-Anlagen, sondern gewöhnliche Gasabnahme in Frage kommen, die Herstellung der Zu- und Innenleitungen zu erleichtern, wird das Gaswerk auf Antrag die Leitungen solcher Häuser auf eigene Kosten herstellen lassen und die vorgelegten Beträge ratenweise nach Friedensschluß einziehen. Anträge wolle man an das städtische Gaswerk oder an einen der zugelassenen Installateure richten, wo die näheren Bedingungen zu erfahren sind. Hierzu sei auch auf die Bekanntmachung im Anzeigenteil verwiesen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)