Donnerstag, 20. Juli 1916
An vielen Tausenden Wehrfähiger des Stadt- und Landkreises Bonn hat Geheimer Sanitätsrat Dr. Tilger, unser früherer Konsul in Tripolis, zurzeit in Bonn, nicht die geringste Schädigung der Gesundheit oder Leistungsfähigkeit durch die Kriegsernährung feststellen können. Er berichtete darüber ausführlich in der Köln. Ztg. (Abendausgabe vom Dienstag), verweist alsdann auf die Bonner Kriegsküchen und veröffentlicht den Speisezettel der ersten Woche, damit das feindliche Ausland ihn weitergeben kann.
Wichtig für Radfahrer. Die Formulare, auf denen die Erlaubnis zur weiteren Benutzung der Fahrräder beantragt werden kann, sind nunmehr bei der Polizei-Verwaltung eingetroffen. Den Fahrradbesitzern wird geraten, die Anträge unverzüglich bei den zuständigen Polizeirevieren unter Beifügung der Radfahrkarte zu stellen. Die Bekanntmachung tritt am 15. August in Kraft, nach diesem Tage ist die Benutzung der Bereifungen ohne die Erlaubnis der Militärbehörde verboten, sie wird mit schweren Strafen geahndet.
Die Feuerwehr wurde gestern vormittag nach der Sandkaule gerufen, um in der „Eintracht“ einen Kaminbrand zu löschen. Der Betrieb der Kriegsküche wurde durch den Kaminbrand nicht gestört.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Eine abermalige Verteuerung der Zigarren. Man schreibt uns: Wie aus Holland gemeldet wird, hat England seine Aufsicht über die holländische Wareneinfuhr nunmehr auch auf den amerikanischen Tabak ausgedehnt. Es wird eine Einfuhr nur noch so weit zugelassen, als Sicherheit dafür geleistet wird, daß der amerikanische Tabak nicht nach Deutschland zur Ausfuhr gelangt. Die Folge davon ist, daß der deutsche Fabrikant nur noch über die nicht erheblichen Vorräte an amerikanischem Tabak wird verfügen können, die sich bei Erlaß dieser Sperrmaßnahmen bereits in Holland befanden. Diese Vorräte werden nun jedenfalls nur zu abermals wesentlich erhöhten Preisen nach Deutschland verkauft werden. Die deutschen Fabrikanten sind infolgedessen gezwungen, die Preise, die erst kürzlich auf Grund der Mehrbelastung durch die neue Tabakabgabe festgesetzt worden waren, wiederum zu erhöhen. Es wird aber auch zweifellos eine Einschränkung in der Erzeugung eintreten, da die in Zukunft fehlenden Brasiltabake, die in unserer Zigarrenproduktion bekanntlich eine große Rolle spielen, nicht ohne weiteres durch andere Tabake ersetzt werden können. An überseeischen Tabaken werden wir in Zukunft nur solche aus holländischen Kolonien beziehen können.
(Wir hoffen, daß unsere U-Frachtflotte uns „am Qualmen“ halten wird. Red.)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Handels- und Gewerbeverein. Die Hauptversammlung am Dienstag war wieder außerordentlich gut besucht. Herr Hubert teilte mit, daß der Verein Herrn Oberbürgermeister Spiritus zu seinem Jubiläum telegraphisch beglückwünscht habe. Die vorgesehene Besprechung über wichtige Tagesfragen des Bekleidungsgeschäftes leitete Herr Kalt mit der Mitteilung ein, daß nächste Woche drei Beauftragte der hiesigen Preisprüfungsstelle in den einschlägigen Geschäften eine Prüfung vornehmen würden. Es dürften bis 1. August nur 20 v. H. der am 16. Juni festgestellten Warenmengen frei verkauft werden. Diese 20 v. H. dürften auch dann nicht überschritten werden, wenn der Geschäftsinhaber nach dem 16. Juni noch größere Warenmengen bezogen habe. Nach dem 1. August dürfe nur noch gegen Bezugsschein verkauft werden. [...] Mehrere Redner wünschten, es möchten in Bonn mehrere Bezugsschein-Ausgabestellen eingerichtet werden. Herr Kalt versprach, diesen Wunsch bei den zuständigen Stellen zu vertreten. Er und Dr. Uhlitzsch betonten aber die Schwierigkeiten und Unzuträglichkeiten, die sich daraus ergeben könnten, wenn in einer Stadt mehrere Ausgabestellen eingerichtet würden. Uebrigens werde das Geschäft in den ersten Wochen nach dem 1. August so ruhig sein, wie es jetzt lebhaft sei.
Die Versammlung ging dann zu den wichtigen Tagesfragen der Lebensmittelgeschäfte über. Mehrere Kolonialwarenhändler wiesen auf die Schwierigkeiten hin, die ihnen durch die drei Preisstufen bei den sogen. Städtischen Lebensmitteln entstehen, und wünschten, es möchten die niedrigen A-Preise beibehalten, für die Abteilungen B und C aber gemeinsame Preise festgesetzt werden. Auf Klagen über die Warenzuteilung erwiderte Herr Kalt, die Verwaltung komme den Gewerbetreibenden nach Möglichkeit entgegen, alle Wünsche könnten aber bei bestem Willen nicht erfüllt werden. Man müsse berücksichtigen, daß die Stadt bei ihrem Lebensmittelgeschäft in den letzten vier bis fünf Wochen einen Umschlag von 2⅛ Millionen Mark gehabt habe. Syndikus Dr. Uhlitzsch hielt auch zwei Preisklassen für genügend. Die niedrigen Preise für Kriegerfamilien und andere Unterstützte müßten natürlich bleiben. Wenn aber die Klasse C für die gleichen Waren erheblich mehr bezahlen müsse, wie die Klasse B, verursache das berechtigten Aerger, und dieser Aerger mache sich, so unschön und tadelswert das auch sei, am ehesten in geringeren Leistungen für die Kriegswohlfahrtspflege Luft. Die Versammlung beschloß einstimmig, den städtischen Lebensmittelausschuß in einer beschleunigten Eingabe zu ersuchen, daß die Preisklassen B und C zu einer Preisklasse vereinigt werden. [...]
Zum nächsten Punkt, Einschränkung der Verkaufszeit an Sonn- und Werktagen, regte Herr Kalt an, die Inhaber der Bekleidungsgeschäfte sollten sich freiwillig verpflichten, Sonntags ganz geschlossen zu halten und an Wochentagen abends eine Stunde früher zu schließen. Für die Lebensmittelgeschäfte wurde eine derartige Einschränkung der Verkaufszeiten nicht für wünschenswert erachtet, weil dadurch vor allem den erwerbstätigen Hausfrauen das Einkaufen erschwert werden würde, ein Geschäftsschluß für eine bestimmte Mittagspause wurde aber auch befürwortet. Die Ansicht der überwiegenden Mehrheit der Versammlung ging dahin, an Werktagen die Verkaufszeiten nicht einzuschränken, daß aber an Sonntagen vor 11½ Uhr die Geschäfte geschlossen bleiben könnten. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)