Donnerstag, 14. Juli 1916
Der Bäckermeister F. Roth in Bonn, seine Frau und seine Tochter waren von der hiesigen Strafkammer zu 500 M., 300 M. und 100 M. Geldstrafe verurteilt worden, weil sie von Oktober 1915 bis Februar 1916 über tausend Brote ohne Brotbuch verkauft hatten. Die Strafkammer hatte ihre Entschuldigung, daß sie ihrer aus den ärmeren Kreisen bestehenden Kundschaft zur besseren Ernährung Brot ohne Brotkarte abgegeben haben, da die festgesetzte Menge nicht ausreiche, nicht gelten lassen, vielmehr festgestellt, daß der Verkauf in gewinnsüchtiger Absicht und zur Erzielung eines größeren Umsatzes geschehen sei. Die Angeklagten hatten gegen das Urteil Revision eingelegt. Diese ist, wie uns aus Leipzig geschrieben wird, Dienstag vom Reichsgericht verworfen worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Prinz Adolfs letzter Weg. Gestern gaben sie ihm das letzte Geleite, wurde der tote Fürstensprößling aus der Stadt geführt, die er so geliebt, in der er Jahrzehnte gewohnt, mit dessen Bürgern er sich eins gefühlt, mit der er gelebt, wie sonst nicht Fürstenart ist. Wie die Bürgerschaft ihn verehrte, zeigte der gestrige Tag: Halb Bonn war auf den Beinen. [...]
Nach dem religiösen Trauerakt formierte sich der Trauerzug. Soldaten und Bürger, Fürsten und Gelehrte setzten ihn zusammen. Der verstorbene Prinz war General, da hatte das Militär den Vorrang: Husaren, frisch flatterten ihre Lanzenfähnlein im Wind, Gewehre schulternde Musketiere, ordenbeladene Offiziere. Der Prinz lebte unter uns, wie ein Bürger; seinen Leichenzug füllte das feierliche Schwarz des bürgerlichen Festkleides und unzählige Fahnen und Banner der Vereine unserer Stadt. Lebhafte Beziehungen unterhielt er zur Universität und studierenden Jugend; Studenten in Wichs und Studentinnen folgten seinen sterblichen Ueberresten. Die Leichenparade kommandierte der Kommandeur des Ers.-Batl. 160, Oberstleutnant Schmelting. [...]
Dem Leichenwagen schloß sich das Trauergefolge an, das Pfarrer Lorenz als amtierender Geistlicher eröffnete. [...] Dann zog die bunte, mittelalterlich anmutende Schar der Studentenverbindungen in vollem Wichs mit wehenden Fahnen und blitzenden Schlägern vorbei. Bescheiden schlossen sich ihnen studierende junge Damen an. Ihnen folgten die Hausangestellten und Beamten des Verstorbenen und zahlreiche Bürger unserer Stadt.
Würdigen und wirkungsvollen Beschluß des Trauerzuges machten die Vereine unserer Stadt. Militär- und Turnvereine, Vereine, die das deutsche Lied auf ihre Fahnen geschrieben und die deutsche Kraft pflegten. Allen war der Prinz zugetan gewesen und alle hatten ihn im Leben verehrt und liebgewonnen und gaben ihm nun mit ihren prächtigen Fahnen und Standarten und starken Abordnungen das letzte Geleit.
Fast eine Viertelstunde zog das Trauergefolge vorbei, und wo der Leichenwagen ankam, entblößten sich die Häupter. Auch die Sonne, die seltene, gab dem toten Prinzen den letzten Gruß mit aus der Stadt, die er geliebt hatte; kaum daß der Trauerzug sich in Bewegung gesetzt, so durchbrach sie siegreich das düstere Gewölk und vergoldete die Wipfel des Hofgartens und zeigte ein sommerlich freundliches Straßenbild dem Toten zum Abschied.
Unzählige Menschen säumten die Straßen, die der Zug passierte, bis zum Bahnhof. Schulkinder bildeten im Hofgarten Spalier. Unzählige harrten dann noch des Zuges, der den Toten weit fort in sein Heimatland zur Gruft seiner Ahnen tragen sollte.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Verwundetenfürsorge. Am Freitag, den 7. ds. [Monats] folgten die Verwundeten des Bonner Mutterhauses einer Einladung des Vaterländischen Frauenvereins Landkreis Bonn, zu einer Rheinfahrt nach Neuwied., die sehr angeregt und fröhlich verlief. Auf dem Schiff wurde der Kaffee eingenommen, und nach Ankunft in Neuwied der Schloßpark besichtigt, wo Ihre Königliche Hoheit die Frau Fürstin zu Wied, die Verwundeten in huldvoller Weise mit Wein und Zigarren bewirten ließ. Nach einem Rundgang durch den Park durfte das schöne Schloß, mit seinen kostbaren Gemälden und vielen interessanten Erinnerungen an berühmte Persönlichkeiten, besichtigt werden. Bei herrlichem Sonnenschein wurde die Rückfahrt unter fröhlichem Gesang angetreten, während verschiedene Wohltäter den Verwundeten Bier spendeten. Allen Teilnehmern werden die am gastlichen Rhein verlebten Stunden unvergeßlich bleiben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)