Freitag, 7. Juli 1916
Brot ohne Kartoffelzusatz. Der Oberbürgermeister macht bekannt: Durch die Bundesratsverordnung vom 20. Juni 1916 ist die Brotstreckung durch Weizenschrot zugelassen worden. In Abänderung der bisherigen Backvorschriften in meiner Verordnung vom 31. März 1916 und der Verfügung vom 17. April 1916 bestimme ich daher, daß bei der Herstellung von Schwarzbrot und Feinbrot statt der vorgeschriebenen 10 Gewichtsanteile Kartoffelflocken, Kartoffelwalzmehl oder Kartoffelstärkemehl die gleiche Menge Weizenschrot verwendet werden darf. Der Verkauf des Weizenschrotes beginnt in den nächsten Tagen im städtischen Lebensmittelamt, Zimmer 7.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Das Bonner Licht- und Luftbad ist jetzt wieder in vollem uneingeschränkten Betrieb und während des ganzen Tages geöffnet. Es bildet namentlich für Kinder einen angenehmen Ferienaufenthalt.
Die echten und die falschen Wandervögel. Ein echter Wandervogel schreibt uns: Ein Mitglied des Eltern- und Freundesrates des Bonner Wandervogels e.V. schreibt uns zu unserer gestrigen Pressenotiz „Wandervögel“: Die organisierten Wandervogelbünde, die seit längerer Zeit gegen den Wandervogelunfug Stellung genommen haben, begrüßen es, daß von „amtlicher“ Seite darauf aufmerksam gemacht wird, daß die zur Landplage gewordenen Pseudowandervögel nicht mit den der eigentlichen Wandervogelbewegung angeschlossenen Wandervögeln zu verwechseln sind. Die äußerlich Nachäffung manches Wandervogelmäßigen, verbunden mit Geschmacklosigkeiten und taktloser Unkultur haben den eigentlichen Wandervögeln viele Unannehmlichkeiten gebracht, und es ist nötig geworden, immer wieder darauf hinzuweisen, daß die echten Wandervögel nicht weniger den Mißton dieses falschen Wandervogeltums zu dem Verhalten empfinden, das das Erleben der Natur und der Heimat jedem mit Stilgefühl begabten Deutschen zumal in gegenwärtiger Zeit auferlegt. Wir Wandervögel freuen uns darüber, daß das Wandern im deutschen Land immer mehr Freunde findet, aber gegen die eben gekennzeichneten Fahrtgenossen müssen wir energisch Front machen. In Zweifelsfällen weise man die sich „wandervogelmäßig“ gebärdenden Stadtflüchtlinge zurecht und vergewissere sich, daß sie nicht dem Wandervogelbund angehören. Kennzeichen aller echten Wandervögel ist der silberne Greif im blauvioletten Rechteck oder die Schneegans im grünen Feld.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Dörren von Obst und Gemüse. Im dritten Kriegsjahr wird sich die Ernährung, da es an Fleisch fehlt, zum großen Teil auf pflanzliche Kost beschränken, Es muß deshalb das Ziel jeder Hausfrau sein, beizeiten vorzusorgen und Obst und Gemüse für den kommenden Winter haltbar zu machen. Jetzt ist dazu die richtige Zeit, da Obst und Gemüse in Hülle und Fülle vorhanden sind. Die Hausfrau kann, entsprechend der Jahreszeit, Obst und Gemüse billig einkaufen, es dann sachgemäß für die Aufbewahrung behandeln und es später zum Mittagstisch verwenden. Die einfachste Methode, Obst und Gemüse zu konservieren, ist das Dörren. Besonders zweckmäßig ist das Dörren in diesem Jahr für Obst, da Zuckerknappheit herrscht und das Dörrobst erst beim endgültigen Verbrauch, also von Fall zu Fall, gesüßt zu werden braucht.
Zur Sterilisation, durch die das Obst und das Gemüse so erhalten werden, wie sie nachher ohne Weiteres oder auch angewärmt auf den Tisch kommen, bildet das Dörren des Obstes einen gewissen Gegensatz. Durch das Dörren wird den Pflanzen der Wassergehalt durch Verdampfen entzogen. Durch die Entziehung der Feuchtigkeit und durch die hohe Temperatur wird jeglichen Bakterien die Lebenskraft geraubt. Wenn früher das Dörren meist in primitivster Weise erfolgte und daher auch nicht immer mit so großem Erfolg, so bietet uns heute die moderne Technik bessere Möglichkeiten. In hygienisch einwandfreier Weise können die Gemüse besonders in dem Gasbratofen gedörrt werden. Er ist außerordentlich leicht regulierbar, und das Dörren geschieht schnell und billig. [...] Der Betrieb eines solchen Ofens ist sehr einfach, und jede Hausfrau, die das Dörren mit einem Gasbratofen versucht hat, wird es vorziehen, ihre Früchte und Gemüse, die im Winter besonders gut munden, immer selbst auf diese wohlfeile Art zu dörren. Es sind im Handel auch Dörrapparate zu haben, die sich auf jeden gewöhnlichen einfachen Gasherd aufsetzen lassen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)