Donnerstag, 6. Juli 1916
Ueber die Taten unserer Luftfahrer wird fast täglich von der Obersten Heeresleitung berichtet. Aus allen diesen Nachrichten geht hervor, daß unsere Luftflotte der unserer Gegner nicht nur ebenbürtig, sondern bereits weit überlegen ist. Sie nicht nur auf diesem Standpunkt zu erhalten, sondern sie immer weiter auszubauen, das ist das Bestreben des Deutschen Luftflotten-Vereins von jeher gewesen und wird es auch fernerhin sein. Ein jeder Deutsche sollte an diesem Werke tatkräftig mitwirken! Ferner betrachtet es der Deutsche Luftflotten-Verein als eine Ehrenpflicht des deutschen Volkes, den Hinterbliebenen gefallener Lufthelden durch Gewährung von Unterstützungen zu helfen und ermatteten Luftfahrern Erholung zu bieten. Jedermann sollte sein Scherflein zur Erreichung dieser Ziele dadurch beitragen, daß er diesem nationalen Verein als Mitglied beitritt. Der jährliche Mindestbeitrag beträgt nur 3 Mark. Die Beitrittserklärung kann auf der Karte erfolgen, die einem heute zur Verteilung gelangenden Werbeblatt angefügt ist.
„Wandervögel“. Von amtlicher Seite wird mitgeteilt: In letzter Zeit ist wiederholt die Beobachtung gemacht worden, daß Abteilungen sogenannter Wandervögel beiderlei Geschlechts, namentlich wenn sie von ihren Wanderungen zurückkehren, durch ein dem Ernst der Zeit nicht entsprechendes Benehmen sowie durch ihre oft karnevalistische Kleidung bei einem großen Teile der Bevölkerung Aegernis erregen. Besonders mehren sich die Klagen über vielfach unanständige Gesänge dieser Ausflügler in den Eisenbahnen.
Es handelt sich bei diesen Ausschreitungen natürlich nicht um wirkliche Wandervögel; denn die Wandervogel-Bewegung pflegt das Wandern, um Körper und Geist zu kräftigen und die freie Natur zu genießen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ueber das Obsteinkochen ohne Zucker sprach gestern abend im dichtgefüllten unteren Saale der Germaniahalle Herr Gartenbaulehrer Lange von der Landwirtschaftlichen Akademie in Poppelsdorf vor einer vom Hauswirtschaftlichen Ausschuß einberufenen Versammlung. Er führte aus, daß in diesem Sommer zu Einmachzwecken nur geringe Zuckermengen zur Verfügung ständen und daß dadurch altbewährte Einkochrezepte ihre Gültigkeit verlören. Aber auch ohne Zucker würden Früchte durch Erhitzen in luftdicht schließenden Gläsern, Krügen und Flaschen haltbar. Die Früchte müßten gewaschen, gekocht und in die Gläser oder Krüge gefüllt werden, die man mit einem Stopfen und einer darüber gebundenen Schnur verschließt. 25-35 Minuten müßten die Gefäße dann in heißem Wasser, das bis zum Sieden erhitzt wird, stehen, und dann müßte der Kork fest in den Hals gedrückt werden, der darauf mit Pech, Harz, Siegellack verdichtet wird. Auch Obstmus lasse sich ohne Zucker einkochen. Bedingung bei dem ganzen Einkochen ist peinlichste Sauberkeit. In luftdicht verschlossenen Flaschen halten sich auch Obstsäfte. Im weiteren Verkaufe seines Vortrages führte Herr Lange aus, wie man Aepfel, Birnen und Pflaumen durch einfaches Dörren haltbar machen könne. Obstkraut würde unter Verwendung von Süßapfel usw. ohne Zucker hergestellt. Alle ungezuckerten Obstarten und Obstsäfte würden vor dem Gebrauch beim Wiedervorhandensein größerer Zuckermengen nach Belieben nachgesüßt.
An den sehr lehrreichen Vortrag schloß sich eine längere Erörterung, in der eine ganze Anzahl von Damen Fragen stellte und ihre Erfahrungen mitteilte.
Der Vorsitzende dankte dem Redner und der Versammlung zum Schluß und teilte mit, daß demnächst ein besonderes Schriftchen über den Gegenstand des Vortrages zu haben sein werde.
Brotmehl mit Holzmehl. Dem Warenagenten Hermann Jakob Spanier hat die Behörde die Ausübung seines Gewerbes als Handelsagent mit Lebensmitteln untersagt. Spanier hat, wie dem Düsseld. Gen.-Anz. von seinem Bonner Berichterstatter gemeldet wird, an den Bäckermeister Rott, dessen Geschäft geschlossen worden war, Mehl geliefert, das zum großen Teil aus Strohmehl, Holzmehl und Gips bestand.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ansammlung vor den Geschäften. Obwohl die Behörde fortgesetzt erklärt, da Waren in genügender Menge in den einschlägigen Geschäften zu haben sind, und daher Ansammlungen zwecklos seine, findet man immer noch vor einzelnen Geschäften Frauen in hellen Scharen stehen und geduldig warten, bis die Reihe an sie kommt. An einem Buttergeschäft in der Altstadt stand gestern früh 6 Uhr bereits ein Dutzend Leute, die auf Butter warteten. Gegen 11 Uhr standen noch weit über 100 Frauen dort, obwohl in der Zwischenzeit flott verkauft worden war. An keinem der vielen anderen Geschäfte war auch nur annähernd ein solcher Andrang, und mehrfach konnte man beobachten, daß in einzelnen Verkaufsstellen nur eine oder zwei Personen waren, die Butter verlangten und natürlich auch gleich ohne langes Warten erhielten. Man fragt sich unwillkürlich, weshalb die Frauen immer dorthin gehen. Wo der meiste Andrang ist. Besser ist die von der Stadt gelieferte Butter dort auch nicht. Es hat den Anschein, als ob vielen Frauen das Herumstehen zur lieben Gewohnheit geworden ist. Da sollte doch die Behörde einschreiten und die Kundenliste der einzelnen Geschäfte auf ein zulässiges Maß einschränken. Ein Familienvater.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Frühkartoffeln zum Preise von 15 Pfg. das Pfund werden am Donnerstag vormittag an den städtischen Verkaufsstellen auf dem Markte und in der Maxstraße abgegeben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)