Donnerstag, 15. Juni 1916
Gemüse-Richtpreise, und zwar für den Großhandel wie für den Kleinhandel, hat der Oberbürgermeister für Bonn festgesetzt. Gegen jeden Verkäufer, der höhere Preise fordert, wird strafrechtlich eingeschritten werden. Die Preise werden im Anzeigenteil dieser Zeitung bekannt gemacht.
Die Höchstpreise für Fleisch- und Fleischwaren werden in einer heute veröffentlichten Bekanntmachung des Oberbürgermeisters neu festgesetzt.
Ernteurlaub. Das stellvertretende Generalkommando des 8. Armeekorps weist mit Rücksicht auf die demnächst beginnende Erntezeit darauf hin, daß voraussichtlich in diesem Jahre eine geringere Berurlaubung von Mannschaften wie im Vorjahre stattfinden wird und die Landwirte sich daher bei der Erledigung der landwirtschaftlichen Arbeiten gegenseitig aushelfen sollen.
Im Anzeigenteil dieser Zeitung werden die Landwirte aufgefordert, Anträge auf Ueberlassung von Kriegsgefangenen und Gespannkräften für die bevorstehenden Erntearbeiten zu stellen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zur Einschränkung des Fahrradverkehrs. Die Verfügung des Gouverneurs der Festung Köln, daß alle Vergnügungs- und Spazierfahrten auf Fahrrädern verboten sind, findet hier in Bonn noch wenig Beachtung. Unsere Polizei geht jetzt streng gegen Uebertretungen dieses Verbots vor. Gestern nachmittag wurden im Hofgarten eine ganze Anzahl Personen angehalten, die das Rad zu Spazierfahrten benutzten. Sie alle werden eine Polizeistrafe zu gewärtigen haben. Nach der neuen Verordnung sind also alle Vergnügungsfahrten sowohl innerhalb der Stadt als auch in die Umgebung verboten. Nicht betroffen von dieser Verordnung wird der Fahrradverkehr zu gewerblichen Zwecken. Angestellte und Arbeiter dürfen also nach wie vor ihre Räder benutzen zu Fahrten von ihrer Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück; desgleichen können Geschäftsboten von ihren Drei- und Zweirädern Gebrauch machen. Auch ist den Schülern und Schülerinnen gestattet, auf ihren Rädern in die Schule und wieder zurück nach ihrer Wohnung zu fahren. Zu empfehlen wäre, den Radfahrern, die zum Fahren berechtigt sind, einen Ausweis auszustellen, um sowohl den Aufsichtsbeamten wie auch den Radfahrern unnötige Auseinandersetzungen zu ersparen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 14. Juni. Bei der heute nachmittag im Kurparksaale getätigten Gemeinderatsersatzwahl für den aus dem Amte ausgeschiedenen Förster a. D. Friedrich Esser zeigte sich eine überaus schwache Beteiligung, indem von den mehr als 2000 Wahlberechtigten der dritten Wählerklasse insgesamt nur 24 ihr Wahlrecht ausübten. Es waren hiervon nur 3 aus der früheren Gemeinde Friesdorf, wo statutengemäß der zu Wählende wohnen muß, zur Wahl erschienen. Von diesen 24 abgegebenen Stimmen entfielen auf Gastwirt Franz Heubach zu Friesdorf 9 Stimmen und auf den von der Zentrumspartei aufgestellten Kandidaten Königl. Zugführer a. D. Heinrich Lackmann 15 Stimmen. Die Amtszeit dauert drei Jahre.
Geislar, 15. Juni. Kartoffeldiebe treiben im hiesigen Orte seit einigen Tagen ihr unsauberes Handwerk. So wurde vergangene Woche in der Nacht von Freitag auf Samstag einer Witwe, deren Söhne im Felde stehen, aus verschlossenem Hofe 2 Zentner Kartoffeln gestohlen. In derselben Nacht wurde einer anderen Witwe ein Handwagen gestohlen, mit dem anscheinend die Kartoffeln weggeschafft worden sind. In der Samstag Nacht wurde von einem Felde eine größere Menge Gemüse gestohlen. Es scheint, als wollten die Spitzbuben diese Woche ihre Arbeit fortsetzen. Vorvergangene Nacht, nachdem sie mehrmals bei wehrlosen Einwohnern ihr Glück versuchten, aber verjagt wurden oder sich ohne Erfolg zurückzogen, drangen sie in die Scheune einer dritten Witwe ein, wo ihnen etwa 1 ½ Zentner Kartoffeln in die Hände fielen. Von den Dieben fehlt bis jetzt jede Spur.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Wertlose Wertsachen. Dem Beispiele anderer Städte folgend, haben die Vaterländischen Vereinigungen im Geschäftshause Fürstenstraße Nr. 6 eine Sammel- und Verkaufsstelle für wertlose Wertsachen eingerichtet. Die Leitung dieser Sammelstelle hat Frau Geheime Kommerzienrat Guilleaume übernommen und zahlreiche Damen haben sich für diesen Liebesdienst zur Verfügung gestellt. Wir haben in der Kriegszeit gelernt, daß vieles, was früher unbrauchbar erschien, noch benutzt werden kann. Wollsachen, Stoffreste, Kupfersachen, Papiervorräte und zuletzt unsere Goldsachenwurden hervorgesucht, damit alles in neuer Form erstehen und dem Vaterlande Nutzen bringen könnte. Nun gibt es aber fast in jedem Hause noch Sachen, die zur Ausschmückung der Wohnung gedient, die aber der wechselnden Mode oder des veränderten Geschmackes zuliebe zur Seite gestellt sind, dort als Staubfänger dienen, den Raum nutzlos in Anspruch nehmen, Aergernis beim Hausputz erregen, kurzum wertlose Wertsachen sind. Diese Sachen wie Bilder, Schmucksachen (ausgenommen Goldsachen) alte und moderne Möbelstücke, Handarbeiten, Spitzen, Kristall, Zinnsachen, Bronzen, Vasen, Nippsachen, Bücher, Decken usw. nimmt die Sammelstelle der Vaterländischen Vereinigungen gern an, um sie wiederum zum Verkauf zu stellen. Denn mancher hat gerade eine derartig wertlose Wertsache nötig, er findet dann günstige Kaufgelegenheit und hat dabei noch Gelegenheit, die Bestrebungen der Bonner Kriegswohlfahrtspflege zu unterstützen; denn der ganze Erlös soll zum Besten der karitativen Bestrebungen unserer Kriegswohlfahrtspflege verwandt werden. Wir hoffen, daß auch dieser neuen Einrichtung das Wohlwollen der Bonner Bürger, die bis jetzt stets offene Hand für alles das, was unsern lieben Feldgrauen nützen könnte, gehabt haben, entgegengebracht wird.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)