Donnerstag, 6. April 1916
Der Bonner Lazarettzug ist von seiner 80. Fahrt zurückgekehrt und hat seine Verwundeten in Bamberg ausgeladen. An Liebesgaben sind wie immer erwünscht: Zigarren, Zigaretten, Rotwein, Kognak, Pantoffeln, Marmelade in Blecheimern, besonders aber Kopfkissenbezüge, Größe 50 zu 60. Dies alles ist abzugeben Bahnhofstraße 40. (...)
Bonner Wehrbund. Eine Abteilung des Bonner Wehrbundes hatte die Höhen auf dem Venusberg bei Kessenich, Dottendorf und Friesdorf besetzt. Gegen diese Stellungen rückten vom Rhein her drei gegnerische Gruppen an. Der Führer dieser Gruppen beschloß, die Stellungen von der Flanke anzugreifen. Mit überlegenen Kräften stürmte er die Friesdorfer Höhe und warf die dort stehenden Verteidiger zurück auf die Mitte des Kampfplatzes, die Dottendorfer Höhe. Ausgesandte Verstärkungen verliefen sich und trafen daher nicht rechtzeiitg ein, um die Friesdorfer Stellung zu halten. Nach erfolgter Erstürmung der Friesdorfer Höhe konnte die Dottendorfer Stellung, die nun von zwei Seiten angegriffen wurde, auch nicht mehr gehalten werden. Erfolgreicher waren die Verteidiger der Kessenicher Stellung, die ihren Platz siegreich behaupten konnten, da sie von schwächeren Kräften angegriffen wurden. – An den beiden Ostertagen soll eine Wanderung in den Westerwald unternommen werden, die hoffentlich eine gute Beteiligung finden wird.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Hamsterfieber. Das Einhamstern ist einer der dunkelsten Punkte unseres Wirtschaftslebens im Kriege. Der Umfang, in dem es geübt wurde und geübt wird, wirft ein bedenkliches Licht auf die geringe soziale Reife und den Mangel an Pflichtgefühl der Gesamtheit gegenüber – wenn man diesen Mangel nicht als Entschuldigung für den Hamsterer ansehen will, denn für gewöhnlich kommt dem Hamsterer gar nicht zum Bewußtsein, daß sein Tun seine Nebenmenschen schwer schädigt und zur Gefahr für die Gesamtheit werden kann. Möglicherweise bildet sich der Hamsterer auf seine Schläue und Vorsicht noch etwas ein und denkt nicht daran, daß diese Vorsicht eine kurzsichtige Gesinnungslosigkeit ist. So erheiternd und ungefährlich der Hamster von Kochsalz z. B. ist, so traurig ist es, wenn das Eindeckungsfieber übergreift auf knapp gewordene, lebensnotwendige Erzeugnisse, umsomehr, als es Neigung hat, immer als Massenerscheinung aufzutreten. Hier gilt es für jeden, Selbsterziehung genug zu besitzen, vom Hamstern abzusehen und es möglichst zu verhüten; das ist gemeinsames Interesse von uns allen. Wie fühlbar wären unsere Versorgungsnöte in den Großstädten erleichtert, wenn alle soziales Empfinden genug besäßen, nicht sinnlos aufzukaufen, was für sie erreichbar ist! Wie viele Unruhe erregende und erschwerende behördliche Eingriffe in Handel und Verkehr könnten unterbleiben, wenn der Hamsterer nicht die Vorräte aus dem Marktangebot herausrisse und für sich aufstapelte! Wenn man vornehme Rücksichtnahme auf andere sonst für eine elementare Pflicht des gesellschaftlichen Zusammenlebens hält, so sollte man doch auch in diesem Punkte Erziehung genug besitzen, nicht für sich mit Beschlag zu legen, was anderen aus unserer großen Volksgemeinschaft, die vom Krieg und von Nahrungsnöten vielleicht schwer getroffen sind, zusteht. Es ist keine Entschuldigung, daß man diese Gehamsterte bezahlt – es bleibt trotzdem ein Raub am Gut des Nächsten, denn von unseren Vorräten müssen wir alle leben und wer mehr nimmt, als ihm zusteht, begeht eine verächtliche Handlung. In vielen Geschäften hängen Aufschriften „Das Gold gehört in die Reichsbank!“ Mindestens ebenso nötig wäre überall eine Aufschrift, die die Käufer auf die Gefahren des Hamsterns hinweist unter der Überschrift: „Wer hamstert, versündigt sich am Vaterland!“
Einbruchdiebstähle. In letzter Zeit sind hier verschiedene Einbruchdiebstähle verübt worden. In einem Uhrengeschäft an der Poststraße wurden nachts durch Diebe eine Anzahl wertvoller Taschenuhren gestohlen. In eine Speisewirtschaft an der Martinstraße, die wegen Einberufung des Inhabers seit längerer Zeit geschlossen ist, drangen gestern am hellichten Tage zwei junge Burschen ein, öffneten mit einem Dietrich die Haustür und die Tür zum Gastzimmer und stöberten in den dort lagernden Vorräten an Mineralwasser und anderen Getränken herum. Vor dem Weggehen verunreinigten sie aus Aerger darüber, daß sie nichts Mitnehmenswertes vorfanden, das Gastzimmer in gemeinster Weise. Von Nachbarn wurde die Polizei herbeigerufen, die das Haus abschließen ließ.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Bonner Volksspende.
200.000 Mark ist das bisherige Ergebnis der Bonner Volksspende. Mit Stolz kann die Bonner Bürgerschaft auf ihre damit bewiesene Opferfreudigkeit zurückblicken. Arm und reich, jung und alt haben fest zusammengestanden, da es galt, der Bonner Kriegswohlfahrtspflege die von ihr so dringend benötigten Mittel zuzuführen, und das Ergebnis der noch nicht einmal 8 Monate währenden Sammlungen in Höhe von 200.000 Mark ist ein durchaus befriedigendes. Die Aufgaben, die der Bonner Kriegswohlfahrtspflege obliegen, gebrauchen jedoch auch Geld und abermals Geld. Da ist zunächst die Verbands- und Krankenerfrischungsstelle „Prinzessin Victoria“ in Lille, die in ihrer segensreichen Tätigkeit schon über 1½ Million Portionen an die zur und von der Front kommenden braven Truppen verabfolgt und manchen Vaterlandsverteidiger mit Liebesgaben aller Art ausgestattet hat. Ihr Wirken bewährt sich ganz besonders bei allen großen Offensiven auf den um Lille herumliegenden kritischen Zipfeln unserer Westfront. Ferner wurden für die Verpflegung und Erfrischung der durchfahrenden Truppen, die beim Beginn des Feldzuges einsetzen mußte, 40.000 Mark aufgewandt. Das Vereinslazarett „Prinzessin Victoria“ in seinem Heim Luisenstraße Nr. 6 erfordert fortlaufende Ausgaben, die sich schon auf über 42.000 Mark belaufen. Für die Beschäftigung arbeitsloser Frauen in den Arbeitsstätten der Vaterländischen Vereinigungen und die Anfertigung von Lazarettwäsche und Wollsachen sind weit mehr als 35.000 Mark ausgegeben. Die Sendungen an die Truppen ins Feld zu Weihnachten und bei anderen Gelegenheiten, namentlich die Lieferung von Wollsachen, Zigarren, Schokolade, Konserven, Kerzen usw. haben neben den vielen Liebesgaben von großem Wert, die für diese Zwecke kostenlos zur Verfügung gestellt waren, schon über 80.000 Mark erfordert. Ferner wurden für die Unterhaltung der Verwundeten in den hiesigen Lazaretten, die Ausrüstung der Beförderungs-Einrichtungen für die Ankunft der Verwundeten, die Gefangenenfürsorge, die Weihnachtsbescherung der Verwundeten, die Weihnachtsbescherung der Angehörigen und Kinder unserer braven Truppen über 20.000 Mark aufgewandt. Die Beihilfe für Säuglingsheime, Lazarettzüge, Kriegsbeschädigte in Elsaß-Lothringen, Soldaten-Nachtmittagsheime usw. haben über 30.000 Mark erfordert. Und so geht es weiter! Es sind alles Einrichtungen, die sich glänzend bewähren und die unseren Truppen und unsern Verwundeten manche Erleichterung und manche frohe Stunde bringen, die aber andererseits fortlaufend den Aufwand erheblicher Mittel bedingen. Je länger der Kampf dauert, um so härter werden die Ansprüche an unser braves Heer und unsere Flotte und um so freudiger empfinden diese jedes Gedenken aus der Heimat, das ihnen unser Streben beweisen soll, ihre schwere Zeit, wenn es auch nur mit einem Schärflein ist, zu erleichtern. Mitbürger! Denkt daher auch weiter an Eure Pflicht dem Vaterlande gegenüber. Werdet nicht müde im Geben. Offene Hand und warmes Herz ist das, was Euch zur Pflicht hinter der Front gereicht. Werbt daher weiter für die Kriegswohlfahrtspflege und ihre Einrichtungen in der Stadt Bonn. (...)
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)