Sonntag, 26. März 1916
Die nationalliberale Frauengruppe hielt vorgestern abend eine sehr gut besuchte Mitglieder-Versammlung ab, in der Frau Krukenberg aus Kreuznach etwa folgendes ausführte: In den letzten Monaten machte sich ein gewisser Gegensatz zu der gehobenen, einheitlichen Stimmung von früher bemerkbar. Es sei das ganz natürlich und ergebe sich aus den im Kriege immer mehr veränderten Verhältnissen, aber ohne etwas beschönigen zu wollen, könne man doch feststellen, daß unser Volk noch immer die gleiche Siegeszuversicht und den gleichen Willen zum Durchhalten hat, wie zu Beginn des Krieges. Bei der Lebensmittelversorgung ruhe die Riesenlast der Arbeit auf den wenigen Männern, die zu Hause geblieben seien. Leider fänden diese Männer häufig genug nicht die genügende Unterstützung bei der Allgemeinheit, da es an dem richtigen Brotkartengeist noch immer fehle und jeder gern seine eigenen Wege gehe. In Kreuznach sei es gelungen, die Lebensmittelversorgung mit großem Erfolg in die Hände der Frauen zu legen. Fett- und Butterverteilung sei dort durch die Frauen so geregelt, daß jeder sein Teil bekomme, und dadurch, daß die Einrichtung gerecht und zu verlässig arbeite, sei die Stimmung der Bevölkerung in ruhigere Bahnen gelenkt worden. Man habe dadurch auch erreicht, was beim Verteilen durch Geschäfte nicht möglich sei: Fühlung mit den Frauen zu nehmen und durch die Einwirkung von Mensch zu Mensch die gute Stimmung wachzuhalten. Auch bei der Zusammenarbeit von Stadt und Land könne die Frau ausgleichend wirken. Die Stadtfrauen müßten wieder Landarbeit lernen, je mehr sie selbst arbeiten, desto mehr Vertrauen bringe ihnen der Bauer entgegen. Frau Krukenberg kam sodann auf die Wohnungsfrage zu sprechen, die für die zurückkehrenden Krieger in würdiger Weise gelöst werden müsse. Es müßten Kriegerheimstätten gegründet, das Wohnungswesen müsse überhaupt ausgebaut werden. Es sei Pflicht der nationalliberalen Frauen, auf alle diese Fragen hinzuweisen und zu verlangen, daß besonders bei der Lebensmittelversorgung Frauen eingestellt werden, da gerade auf diesem Gebiete die Frau doch sachverständiger sei als der Mann. [...]
Tödlicher Unglücksfall. Ein Soldat stürzte gestern vormittag gegen 11 Uhr vom Dache des Städtischen Gymnasiums in den Schulhof. Er war sofort tot.
Den jüdischen Mitbürgern gibt der Oberbürgermeister Gelegenheit, in der Zeit vom 1. bis 25. April jüdisches Osterbrot zu beziehen. Wir verweisen auf die Bekanntmachung in dieser Zeitung.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Arndt-Eiche in Eisen. Der Verkehr an der Arndt-Eiche war in der verflossenen Woche nicht so rege wie in den Wochen zuvor. Immerhin stieg, besonders infolge größerer Zuwendungen, darunter der des Bonner Handwerks, die Gesamteinnahme auf 54.600 Mark.
Von Korporationen erschienen zur Nagelung ferner der Eifelverein, Ortsgruppe Bonn und der A. H. Verband des Coburger L. C. in Bonn.
Heute, Sonntag, nachmittags 4½ wird der M.-G.-B. Freundschaftsbund die feierliche Nagelung vornehmen.
Der Betrag des eingetauschten Goldes ist auf 9400 Mark gestiegen.
Ueber die Kriegsgefangenenlager in England wird am Dienstag Herr Pastor Rosenkranz in der Aula des städtischen Gymnasiums einen Vortrag halten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eine Erhöhung der Gaspreise ist geplant. Der Preis für Leucht-, Koch- und Heizgas soll auf 14 Pfg. das Kubikmeter erhöht werden, für Kraftgas und Gas zu technischen Zwecken soll auf 10 Pfg. bestehen bleiben, für technische Zwecke nur dann, wenn der monatliche Verbrauch mindestens 100 Kubikmeter beträgt. Kraftgas für Gasmotoren, die elektrisches Licht erzeugen, kostet 14 Pfg.
Die Hundesteuer soll in der Weise erhöht werden, daß sie beträgt für einen Hund 40 Mark, für jeden weiteren Hund 60 Mark.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)