Mittwoch, 8. März 1916

   

Abänderung der Lustbarkeitssteuerordnung. Die städtische Finanzkommission empfiehlt den Stadtverordneten, die bisherige Lustbarkeitssteuerordnung der Stadtgemeinde Bonn abzuändern. Der Entwurf der neuen Lustbarkeitssteuerordnung sieht vor: Die Kartensteuer beträgt bei einem Eintrittsgeld von bis zu 50 Pfennig 5 Pfennig, bei höherem Eintrittsgeld für jede weitere angefangene halbe Mark 5 Pfennig. Die Kartensteuer beträgt das Doppelte dieses Satzes bei Gesangs- und deklamatorischen Vorträgen ohne höhere künstlerische Bedeutung, Tingeltangel, Spezialitäten- oder Varietäten-Vorstellungen, platt deutschen Volksbühnen, Karnevalssitzungen, Maskenbällen, Kostümfesten, Schaustellungen, Zirkus- und ähnlichen Vorstellungen, Vorstellung von Billardspielern, Bauchrednern, Ballett- und Seiltänzern, Hynotiseuren, Zauberkünstlern, Marionettentheatern und dergleichen. Die Kartensteuer beträgt das Dreifache des Satzes von 5 Pfennig auf je 50 Pfennig Eintrittsgeld bei Vorführung von Wechsel-Lichtbildern (Kinematographen, Tonbild-Theatern). Für die dauernde Aufstellung eines Apparates in Gast- und Schenkwirtschaften, bei dem gegen Entgelt für den durch die Geschicklichkeit des Benutzers herbeigeführten Erfolg ein bestimmter Gewinn zugesichert wird, sind jährlich 50 M. Steuern zu entrichten. Steuerfrei sind auch weiterhin Veranstaltungen, die ausschließlich wissenschaftlichen oder Unterrichtszwecken dienen, sowie solche, die ausschließlich vor Schülern oder für Schüler der hiesigen Unterrichtsanstalten dargeboten werden, wenn das Eintrittsgeld 1,50 Mark nicht übersteigt, ferner nationale Gedenkfeiern und Veranstaltungen der im Stadtausschuß für Jugendpflege vertretenen Vereine, wenn nur den Vereinsmitgliedern der Zutritt gestattet ist. Die Steuer wird erhoben in Form der Kartensteuer bei allen Darbietungen und Vorführungen, zu denen der Zutritt von einer Bezahlung in irgendeiner Form abhängig gemacht wird, im übrigen in Pauschalsätzen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Populär-wissenschaftliche Vorträge. Morgen abend findet der letzte Vortrag statt. Da der ursprünglich hierfür in Aussicht genommene Redner inzwischen einberufen wurde, spricht Herr Generalssekretär Geiser aus Berlin über die Ukraine (mit Lichtbildern), d. h. Südrußland. In der Ukraine lebt ein dem großrussischen Volke fremdes und zum Teil abgeneigtes Volk, das erst vor 150 Jahren seine Selbständigkeit verlor. Auf seinem Gebiete findet sich u. a. die Kornkammer Rußlands und sein Hauptkostenbergwerk. Schon aus diesen Angaben läßt sich die Bedeutung der die Abtrennung von Rußland erstrebenden ukrainischen Bewegung ermessen. Ihre Möglichkeit, Land und Leute, ihre Geschichte usw. wird Gegenstand des Vortrags sein.

Metropol-Theater. Ein großes Kriminal-Schauspiel fesselt in den letzten Tagen die Besucher des Metropol-Theaters. „Das Rätsel von Sensenheim“, wie das neue Filmwerk genannt ist, gibt in spannenden Bildern den Gehalte eines Kriminalromans von G. Werner wieder.

Butterverkauf. Auch in dieser Woche wird an jede bezugsberechtigte Person ein Fünftel Butter oder Margarine abgegeben. Wie der Oberbürgermeister in der heutigen Nummer unseres Blattes bekannt macht, steht in der Zeit von Mittwoch bis Sonntag eine genügende Menge von Butter oder Margarine in den Lebensmittelgeschäften zur Verfügung. Da die Vorräte aber nicht alle an einem Tag eingehen, ist es nicht möglich, daß am Mittwoch oder am Donnerstag bereits jedem die ihm zukommende Menge verabfolgt werden kann. Bei richtiger Handhabung der Bestimmungen kann jedoch jeder seine Butter oder Margarine erhalten. Es empfiehlt sich, beim Buttereinkauf mit Ruhe und Takt aufzutreten. Der Verkauf wird sich dann zur Zufriedenheit aller Käufer abwickeln.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Musterung der Militärpflichtigen. Für den Stadtkreis Bonn findet die Musterung von Militärpflichtigen des Geburtsjahrganges 1896 und der älteren Jahrgänge am 15., 16. und 17 März im Dreikaisersaal statt. Es müssen auch diejenigen Militärpflichtigen erscheinen, die bei ihrer letzten Musterung die Entscheidung „garnisonsdienstfähig“ oder „arbeitsverwendungsfähig“ oder „Arbeiter“ erhalten halben, von denen des Geburtsjahrganges 1896 auch diejenigen, die bisher als „dauernd untauglich“ galten. (Siehe Anzeige)

Zehn fette Schweine kaufte die Stadt von der Firma Sahne-Schmitz. Die Tiere hatten ein Durchschnittsgewicht von 3 Zentnern.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

    

Kriegsspeisekarte
Montags kocht man ohne Fett,
Dienstags ohne Fleisch ganz nett,
Mittwochs darf man alles essen,
Donnerstags nur das Fett vergessen,
Freitags gibt’s kein Fleischgericht,
Schweinefleisch am Samstag nicht,
Sonntags endlich hat man Ruh’,
Denn da sind die Läden zu.

(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)