Freitag, 3. März 1916
Die Butterkarte. Man schreibt uns: Welche Hoffnungen wurden auf das Erscheinen der Butterkarte gesetzt, und wie mancher ist enttäuscht darüber. „Ich mache mir gar nichts aus Butter, wenn eben keine Butter da ist, dann ißt man etwas anderes. Ich kann mich nur ärgern, daß ich gerade keine Butter haben soll, während Müllers und Schulzes sie fingerdick aufs Brot streichen.“ Diese und ähnliche Aeußerungen kann man täglich – nicht nur in Bonn – hören. Mit Einführung der Butterkarte glaubte man diesen ungerechten Zustand aus der Welt geschafft. Nun ist sie da, die Heißersehnte. 64.000 Personen sind bisher mit ihr beglückt worden. Mit wenigen Ausnahmen wollen alle 64.000 nun auch ihr ein Fünftel Pfund Butter haben, und alle am Mittwoch, am liebsten schon vormittags. Sie vergessen aber dabei, daß es ein Fünftel Pfund Butter oder Margarine gibt, und wenn die ersten 32.000 ihr ein Fünftel Pfund Butter erhalten haben, die übrigen 32.000 sich mit Margarine begnügen müssen; denn die zur Verteilung gelangenden Mengen sind zurzeit fast gleich. Aber auch die Freude der 32.000, welche mit Butter beglückt werden, ist nicht immer ungetrübt. Mancher hat am Mittwoch und Donnerstag vergeblich gewartet und die ersehnte Butter erst am Freitag oder gar erst Sonntag morgen erhalten. Man bedenkt eben nicht, daß am Mittwoch morgen nur diejenige Buttermenge verkauft werden kann, die in Händen der Verkäufer ist. Das ist einmal die durch Vermittlung der Stadt von der Zentraleinkaufsgesellschaft gelieferte Auslandsbutter, sodann die von der Zentraleinkaufsgesellschaft aus großen Molkereien in Anspruch genommene Inlandsbutter und schließlich diejenige Butter und Margarine, welche die Lebensmittelgeschäfte von Sonntag bis Mittwoch morgen unmittelbar erhalten haben. Die in der zweiten Wochenhälfte eingehende Butter (Margarine) kann natürlich nicht schon am Mittwoch verkauft werden.
Die Berechnung der auf jeden einzelnen kommende[n] Wochenmenge an Butter oder Margarine beruht auf vorsichtiger Schätzung der im Laufe der ganzen Woche zur Verfügung stehenden Butter und Margarine. Diese Mengen sind aber großen Schwankungen unterworfen. Zahlreiche Geschäfte bekommen nur einmal wöchentlich oder nur alle 14 Tage ihre Sendungen, andere täglich oder doch häufiger. Alle Sendungen sind aber jetzt unregelmäßig nicht nur in ihrer Zahl, sondern auch bezüglich der Menge.
Eine schematische Einsteilung der Stadt in Butterbezirke nach Zahl der Bezugsberechtigten, nach Brotbuchbezirken, nach dem Alphabet, Verkauf an verschiedenen Wochentagen für bestimmte Gruppen, eine stärkere Inanspruchnahme von Geschäften beim Butter- und Margarineverkauf in den Vororten und wie die gutgemeinten Vorschläge alle heißen mögen, sind daher fromme Wünsche, welche die technischen Schwierigkeiten bei der Verteilung verschieben, doch nicht ausräumen. Wenn man mit so vielen unsicheren Größen rechnen muß, kann nicht jeder auf pünktliche und zufriedenstellende Versorgung mit Butter und Margarine rechnen. Aber ebensoschnell wie man sich an die Beschränkungen des Brot- und Mehlbedarfs gewöhnt hat, wird man sich mit der Butter- oder Margarinekarte abfinden.
Als eine wesentliche Erleichterung bei der Abfertigung der Käufer hat sich in dieser Woche die Annahme der Butterkarten am Tage vorher gezeigt. Natürlich darf jedes Geschäft nicht mehr Butterkarten annehmen als es tatsächlich Butter oder Margarine angeben kann. Die Käufer dürfen niemals mehr verlangen, als ihnen zusteht, da der Geschäftsinhaber sich streng an die Vorschriften halten muß und Käufer und Verkäufer sich bei jeder Umgehung der Bestimmungen hohen Strafen aussetzen. Jedes Geschäft muß auf Verlangen die ganze Menge Butter oder Margarine, welche dem einzelnen zusteht, diesem verabfolgen. Wenn der betreffende Geschäftsstempel im Wochenfeld der Butterkarte eingedrückt, hört jeder weitere Bezug in anderen Geschäften auf.
Mit etwas Geduld und gutem Willen wird bald jeder mit der Butterkarte zufrieden sein. Die vielgeschmähte amtliche Verteilungsstelle tut jedenfalls ihr Bestes zur Behebung der noch bestehenden Schwierigkeiten.
Im Landkreise Bonn wird durch eine Verordnung des Landrats der Kartoffelverkauf aus einer Bürgermeisterei in eine andere von der Zustimmung des Bürgermeisters abhängig gemacht. Zum Verkauf von Kartoffeln nach außerhalb des Kreises ist außerdem noch die besondere Genehmigung des Landrats erforderlich.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Metropol-Theater. Für unsere Kriegsverletzten und ihre Angehörigen ist ein Film besonders bemerkenswert, der gegenwärtig im Metropol-Theater gezeigt wird. Es handelt sich darum, unsern Kriegsbeschädigten eine praktische Vorstellung davon zu geben, wie sie mit Hülfe künstlicher Gliedmaßen wieder in die Lage kommen, entweder ihrem bisherigen Berufe nachgehen zu können oder einem neu erlernten Berufe obzuliegen. Der Film zeigt eine Reihe von Aufnahmen aus handwerklichen Werkstätten, von der Betätigung in Feld und Garten und die praktische Ausbildung zu künstlerischen Berufen. Die Filmaufnahmen lassen nicht nur erkennen, daß die kriegsbeschädigten Arbeitskräfte durch die Hilfe künstlicher Gliedmaßen voll und ganz den Platz ausfüllen, an den sie beruflich gestellt worden sind, sondern daß sie auch wieder volle Lebensfreude erlangt haben und erneut frohgemute Menschen geworden sind. Das Kino erfüllt mit der Vorführung dieses Films eine trostreiche Aufgabe.
Metall-Ablieferung. Wie der Oberbürgermeister in der heutigen Nummer unseres Blattes bekannt macht, läuft die Frist für die Ablieferung der Gegenstände aus Kupfer, Messing und Reinnickel am 31. März d. J. ab. Wer bis zu diesem Tage die Gegenstände nicht abgeliefert hat, macht sich strafbar. Die Sammelstelle im städtischen Schlachthof ist zur Ablieferung geöffnet am Freitag, vormittags von 9 – 12 und nachmittags von 3 – 6 Uhr.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zur vierten Kriegsanleihe. Das Erzbischöfliche Generalvikariat macht bekannt: „Die vom Deutschen Reichstage beschlossene vierte Kriegsanleihe wird demnächst zur Ausgabe gelangen. Wir ersuchen daher die Kirchenvorstände der Erzdiözese, die etwa noch bereitstehenden Kirchengelder im vaterländischen Interesse für diese Kriegsanleihe zur Verfügung zu stellen. Nach erfolgter Zeichnung wolle man uns baldgefälligst unter Angabe der Höhe der gezeichneten Summe und des Fonds, zu welchem sie gehört, Mitteilung machen. Die vorherige Einholung der Genehmigung ist nicht erforderlich. Gleichzeitig ersuchen wir die hochwürdige Geistlichkeit, wie bisher, ihren Einfluß unter den Pfarrkindern und in bekannten Kreisen geltend zu machen, damit die bereitstehenden Mittel für die zur Verteidigung des Vaterlandes notwendige Kriegsanleihe gezeichnet werden. Namentlich wird eine eifrige Werbetätigkeit der Geistlichkeit für diese Kriegsanleihe auf dem Lande und in den kleineren Städten dringend gewünscht. Wer an dieser Kriegsanleihe sich beteiligt, erweist nicht bloß dem Vaterlande einen Dienst, sondern benutzt auch sein Geld zu einer vorteilhaften Kapitalanlage.“
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)