Samstag, 20. November 1915

    

Für verstümmelte Kriegsbeschädigte hielt Herr Dr. med. Richarz im Vortragssaale der städtischen Fortbildungsschule einen sehr fesselnden Lichtbildervortrag nach Bildern aus dem Buch von Professor Bisalski. Der Vortragende zeigt zunächst die Möglichkeit der Betätigung mit dem Armstumpf, ohne jedes künstliche Hilfsmittel. Danach führte er im Bilde den Bau künstlicher Gliedmaßen und Arbeitsprothesen vor und erläuterte in anschaulicher Art die Arbeitsweise mit diesen bei den verschiedensten Werkzeugen und an einer Reihe von Maschinen. Mit einer Aufmunterung an die 200 erschienenen Soldaten, in Zuversicht und Ausdauer durch werktätige Arbeit Zufriedenheit für die Zukunft zu suchen, schloß der Redner seinen lehrreichen, mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Vortrag.

Bonner Lichtspiele. Der neueste Spielplan enthält den ersten Film, in dem der bekannte Humorist Guido Thielscher auftritt, und zwar „Guido der Erste von Pleitanien“, eine dreiaktige Posse. Außer kleineren Stücken wird ferner das dreiaktige Schauspiel „Die Vergangenheit seiner Frau“, ein schwedischer Kunstfilm mit spannendem Inhalt geboten.

Viktoria-Kino. Das von heute ab gültige Programm enthält u. a. den Detektivfilm „Der verhängnisvolle Fingerabdruck“, das dreiaktige Drama „Das Brandmal ihrer Vergangenheit“ und das Lustspiel „Kehre zurück, alles vergeben“.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Das außerordentliche Kriegsgericht verurteilte vorgestern eine russischen Arbeiter, der schon zum dritten Male ohne polizeiliche Abmeldung seinen Arbeitsplatz gewechselt hatte, zu einem Monat Gefängnis, worauf eine Woche Untersuchungshaft angerechnet wurde. -
  
Wegen Widerstandsleistung gegenüber einem Jagdschutzbeamten hatte sich ein Ackerer aus Niederbachem zu verantworten. Er war von dem Beamten auf der Straße angehalten worden, wobei man festgestellt hatte, daß er in seinem Rucksack zwei Kaninchen, ein Frettchen und Fangnetze mit sich führte. Als der Beamte ihm mit Gewalt den Rucksack abnehmen wollte, wehrte sich der Angeklagte dagegen. Die von dem Jagdschutzbeamten mit Beschlag belegten Kaninchen wurden dem Angeklagten später auf Anordnung des Gerichts zurückgegeben. Das außerordentliche Kriegsgericht kam zu seiner Freisprechung. Das Kaninchenfangen sei nicht an die Zustimmung des Jagdberechtigten gebunden. Nachdem der Jagdschutzbeamte sich überzeugt hatte, daß der Angeklagte nur Kaninchen in seinem Rucksack hatte, konnte von dem Verdacht eines Jagdvergehens nicht mehr die Rede sein. Bei der Beschlagnahme des Rucksacks befand sich der Beamte also nicht in der rechtmäßigen Ausübung seiner Amtsgewalt und ein Widerstand war nicht strafbar. – Wegen Widerstandsleistung gegen einen Forstschutzbeamten war eine Frau aus Muffendorf angeklagt. Ein Privatförster hatte ihrem Kinde das Streusammeln verboten, sowie einen Rechen und ein Stück Seil weggenommen. Die Frau hatte sich daraufhin selbst in den Wald begeben, da ihrer Ansicht nach das Sammeln von Streu erlaubt sei. Bei dem Zusammentreffen mit dem Förster behaupten beide Parteien, sowohl die Frau wie der Mann, geschlagen worden zu sein. Das Kriegsgericht hielt dafür, daß die Sache nicht aufgeklärt sei und auch durch Zeugen nicht aufgeklärt werden könne.

Sahne für Kranke. In den Fällen, in denen vom Arzt eine chronische Krankheit bescheinigt wird, die einen ständigen Genuß von Sahne erforderlich macht, wird nach Berliner Zeitungen in Zukunft die Erlaubnis nicht mehr für eine bestimmte Woche, sondern „bis auf weiteres“ erteilt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Unfall. Gestern mittag wurden auf der Rheindorfer Straße zwei Mädchen, die nicht auf die Warnungszeichen gehört hatten, von einem Wagen der elektrischen Straßenbahn angefahren und leicht verletzt.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)