Donnerstag, 18. November 1915

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 18. November 1915Glockengeläut am Totensonntag. Das Königliche Konsistorium in Koblenz hat für das Totenfest folgendes bestimmt: „In dieser Kriegszeit, da der Kampf für das Vaterland so viele blühende Menschenleben gefordert hat, werden die evangelischen Gemeinden die Feier des Totensonntags unter verstärkter Teilnahme, aber auch mit vertieftem Ernst und vertiefter Andacht begehen. Um die Feier erhebender und eindruckvoller zu gestalten, um auch denen, die das Gotteshaus nicht aufsuchen, ins Gedächtnis zu rufen, daß die Gemeinde ihrer Toten vor dem Angesicht Gottes gedenkt, ordnen wir hiermit an, daß in sämtlichen Kirchengemeinden unseres Aufsichtsbezirks am Totensonntag in der Zeit von 12 bis 12 ½ Uhr in allen Kirchen ein feierliches Geläute mit allen Glocken veranstaltet werde.“
  
Die Sammlungen an den Kirchentüren am Totensonntag ist behördlich für den Preußischen Landesverein vom Roten Kreuz in Berlin bestimmt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 18. November 1915Der Dragoner-Verein in Bonn hat am Sonntag im „Hotel zur Post“ seine neue Standarte geweiht. Wie der Vereinsvorsitzende nach Begrüßung der Erschienenen mitteilte, hat der Verein seine Ersparnisse, die dadurch entstehen, daß von den üblichen Festlichkeiten und Vergnügungen abgesehen wurde, den bedürftigen Kameraden oder deren Familien zugute kommen lassen. Fräulein Kluge sprach hierauf sehr schön ein Vorwort, worauf Herr Rittmeister d. Landw.-Kav. Weyermann die Standarte enthüllte und weihte. Er schloß mit einem Hoch auf den Kaiser. Fräulein Nicolai überreichte eine von den Frauen des Vereins gestiftete Standartenschleife. Der Ulanen-Verein, Kürassier-Verein, Pionier-Verein, Allgemeiner Militär-Verein, Verein ehem. Hohenzollernscher Füsiliere, Verein ehem. 69er und Verein ehem. Kolonialtruppen überreichten je einen Standartennagel.

Ein Ostpreußen-Abend fand am Montag statt. Die Anwesenden wurden von der Vorsit­zenden, Frau Geheimrat Krüger, mit herzlichen Worten begrüßt. In Ostpreußen sei jetzt nach den wilden Kriegsstürmen die Ruhe der Arbeit eingekehrt. Der Wiederaufbau müsse aus Mangel an Material und Arbeitern bis zum Friedensschluß warten. Der schöne und sympathische Gedanke der Patenschaft sei am besten geeignet, die verstörten Herzen wieder mit Vertrauen und Mut zu erfüllen. München habe besonders schöne zweckmäßige Zimmereinrichtungen geschickt. Bonn sei mit der Rheinprovinz für Stadt und Kreis Neiden­burg eingetreten. Innerhalb dieses Rahmens liege die Frauenhilfe der heutigen Aussteu­ern. Aus Bonn seien etwa 48 Ausstattungen beschafft worden, darunter vier aus der deut­schen Kolonie in Argentinien und vier von der Klostermannschen Schule. 16 große Kisten mit Wäsche und Kleidungsstücken sind an die verwüsteten Orte geschickt worden. Solche Sendungen, wie auch Lebensmittel sind auch jetzt noch erbeten. Die Stiftung schöner Bü­cher einer Dame habe in Bialla den Grundstock zu einer kleinen Bibliothek gelegt. Nach dem Kassenbericht, den Frau Pfarrer Lammers erstattete, belief sich die Einnahme auf 1379,35 Mark, der Bestand beträgt augenblicklich 209,80 Mark.
  
Frau Landgerichtsrat Frost hielt einen Vortrag über ihre Eindrücke in Neidenburg. Der Ort selbst steht noch unter dem Zeichen völliger Verwüstung. Im Krankenhaus und dem Laza­rett fehlt es an Wäsche und Lebensmitteln. Neidenburg hat 8800 Einwohner, von denen die meisten geflohen waren. 300 Granaten schlugen in dem Ort ein. Von 370 Grund­stücken sind 210 von den eingezogenen Russen zerstört worden. Am 31. März nahmen die Deutschen wieder Besitz von Neidenburg und wurden mit jubelnder Freude begrüßt. Verlassene und verödete Dörfer liegen ringsum. Soldau mit Kirche ist ganz zerschossen. Eine neue Eisenbahnlinie führt nach Königsberg. Es sei eine große Aufgabe, die Landleu­te wieder den Wert des eigenen Besitzes fühlen zu lassen. Der fesselnde Vortrag wurde mit warmem Beifall aufgenommen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Wucherpreise für Heringe. Der Direktor der Bonner Versuchsstation, Professor Neubauer, weist eingehend nach, daß der gegenwärtig hohe Heringspreis im schreiendsten Gegensatz zu dem reichen Heringsfang dieses Jahres steht und in keinster Weise gerechtfertigt ist. So betrage z. B. in Holland der diesjährige Heringstand 438.000 Tonnen gegen 330.000 Tonnen im Vorjahre. Während in Friedenszeiten die Preise für den üblichen Handelsmarkt „Prima-Original“ zwischen 20 und 30 Mk., mitunter etwas darüber, schwankten, fordert heute Holland für dieselbe Marke einen Preis von 140 Mark. Die holländischen Fischer würden jedoch in der Ausführung ihres Berufes nicht so stark behindert, daß sich die unverhältnismäßige Mehrforderung rechtfertigen ließe. Es sei hohe Zeit, daß die beabsichtigte Einführung von Höchstpreisen für Fische sehr bald erfolge.

Soldaten-Weihnacht. Die Vaterländischen Vereinigungen von Bonn wenden sich in einem Aufrufe, der im Anzeigenteil dieser Zeitung abgedruckt ist, an den mildtätigen Sinn der Bonner Bevölkerung um Unterstützung bei der Versendung von Weihnachtsgaben an unserer Bonner Krieger im Felde. Es bedarf wohl nur eines Hinweises auf die großen Opfer unserer tapferen Feldgrauen, die durch ihre treue Wacht die Verwüstungen von unserem heimatlichen Boden ferngehalten haben und noch immer fernhalten, um die Zuhausgebliebenen zu eifriger Liebestätigkeit anzuspornen. Gerade die herannahende Weihnachtszeit, die so manchen sich daran erinnern läßt, wem er zu Dank verpflichtet ist für eine während des Jahres erwiesenen Wohltat, muß uns veranlassen, in ganz besonderer Weise an unsere Lieben im Felde zu denken. Wir empfehlen daher den Aufruf auch unsererseits aufmerksamer Beachtung und wünschen den Bestrebungen den besten Erfolg.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)