Freitag, 29. Oktober 1915

   

Bevölkerungsbewegung in der Stadt Bonn. Nach der amtlichen Feststellung betrug die Bevölkerungszahl der Stadt Bonn am 30. September 94.782 gegen 93.979 am 30. Juni und 93.582 am 31. März. Die Einwohnerzahl ist also ständig gestiegen, und zwar im letzten Vierteljahr um 0,85 v. H. Seit 1. Januar hat die Bevölkerung um 1596 zugenommen. (...)

Der Bonner Lazarettzug K I hat auf seiner 19. Fahrt in Laon 240 Verwundete geladen und in Homburg in der Pfalz, Neustadt, Schifferstadt und Ludwigshafen ausgeladen. Zurzeit steht er fahrtbereit in Godesberg.
   An Liebesgaben sind nach wie vor erwünscht: Zigarren, Zigaretten, Hemden, Pantoffeln, Taschentücher, Marmeladen in Blecheimern. Ferner einige Fahrräder und je ein elektrischer Motor von ½ PS., 110 und 120 Volt Gleichstrom. Dies alles ist abzugeben Bahnhofstraße 40. (...)

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 29. Oktober 1915

Zwei eroberte belgische Geschütze, Kaliber 9, sind gestern nachmittag hier eingetroffen und fanden vor dem Kaiserdenkmal am Kaiserplatz Aufstellung. Die beiden Geschütze stehen auf 9 Zentimeter-Lafetten. Am Nachmittag waren die Geschütze fortgesetzt von Schaulustigen umlagert. Das größte Interesse bezeigt natürlich unsere Schuljugend, die fortgesetzt in hellen Haufen auf dem Kaiserplatz eintrifft und dem Militärposten, der zur Bewachung an den Geschützen steht, viel zu schaffen macht. Ihr Urteil geht dahin, daß die Kanonen viel zu klein seien; die auf dem Alten Zoll wären doch ganz was anderes.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Erlaß für Allerheiligen. Der Erzbischof von Köln spricht in einem Oberhirtlichen Erlaß, der am Sonntag von den Kanzeln zur Verlesung kommen soll, den dringenden Wunsch aus, daß in diesem Jahre mit Rücksicht auf die Knappheit der Beleuchtungsmittel bei der Schmückung der Gräber von der Anwendung brennender Lichter (Kerzen, Oellämpchen und dergl.) abgesehen werden möge. Auch in anderen Bezirken ist ein gleicher Wunsch zum Ausdruck gekommen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 29. Oktober 1915Eine Bonner Hausfrau. Zum ersten Mal in diesem Kriege fällt es schwer, in den Bäckerläden Brot zu kriegen. So bin ich am Samstag abend in einem Dutzend Geschäften gewesen, und wollte Brot haben. Da hieß es entwede: es ist keins da, oder wir sorgen erst für unsere feste Kundschaft. Bekommt man schließlich welches, so ist es frisch, und fragt man den Bäcker, weshalb er frisches Brot verkaufe, oder wie es wäre, daß er kein Brot habe, dann sagt er, es ist uns von der Stadt soviel Mehl entzogen worden, daß es uns unmöglich ist, einen geregelten Betrieb aufrecht halten zu können, noch weniger genügend Brot backen können, um den angeforderten Bedarf zu decken. Wenn es denn wirklich so schlimm ist mit dem Vorrat an Mehl, weshalb hat man dann das Quantum Brot erhöht. Es muß dem Bäcker doch genügend Mehl geliefert werden, damit es ihm möglich ist, soviel Brot backen zu können, als bei ihm gefordert wird. Auch so zeitig, daß er in der Lage ist, das Brot so zu backen, damit es 2 Mal 24 Stunden alt ist, wenn er es verkauft. Denn bei den teuren Zeiten frisches Brot essen, das fehlt noch. Also hier muß Wandel geschafft werden. Wer kann das? Fragte ich einen Bäcker. Er sagte: Nur die Verwaltung, die das Mehl ausgibt. Ob das zutrifft, vermag ich nicht zu beurteilen. Aber wenn es auch nicht zutreffen sollte, und die Bäcker die Schuld daran haben, so ist es doch wohl eine angebrachte Bitte an die Verwaltung, möglichst dafür zu sorgen, selbstverständlich unter Wahrung der gesetzlichen Bestimmungen, daß man nicht zu viele Bäckerläden abzulaufen hat, um Brot zu bekommen. Die Verwaltung hat ja Mittel genug in der Hand. Eine Bonner Hausfrau.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)