Donnerstag, 28. Oktober 1915
Kriegsspende „Deutscher Frauendank 1915“. Ein Bonner Ortsausschuß dieser Kriegsspende soll gebildet werden. Sämtliche Frauenvereine werden gebeten, zu einer Besprechung, die morgen (Freitag) nachmittag 5 ½ Uhr im Nachmittagsheim für Verwundete, Koblenzer Straße 90, stattfindet, Vertreterinnen zu entsenden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Am kommenden Sonntag, dem letzten Sonntag vor Allerheiligen, ist ein erweiterter Geschäftsverkehr auf die Dauer von 10 Stunden freigegeben. Die Ladengeschäfte dürfen am Sonntag von morgens 7 bis abends 7 Uhr – mit Ausnahme der für den Hauptgottesdienst bestimmten Vormittagsstunden von 9 ½ bis 11 ½ Uhr – für den Verkauf geöffnet bleiben.
Zur Kartoffelteuerung. Eine Leserin unseres Blattes schreibt uns: In der Meckenheimerstraße war gestern ein Landmann mit Abladen von Kartoffeln beschäftigt. Ich frug die in der in Tür stehende Hausfrau, was die Kartoffeln kosteten. Sie nannte mir den Preis von 4 Mark für den Zentner. Als der Bauer dies hörte, rief er: „Wat, 4 Mark ?! Die Aedäppel koste 4 Mark fuffzig on keene Penning winnige. Wenn Ihr dat net bezahlt, brenge ich keene Sack mie en de Keller.“ Die Hausfrau bestand darauf, daß 4 Mark vereinbart worden seien. Wie die beiden einig geworden sind, kann ich nicht sagen, denn ich mochte nicht weiter Zeuge dieser Auseinandersetzung sein und bin meiner Wege weiter gegangen. Das Einfachste wäre jedenfalls gewesen, wenn sich die Hausfrau polizeiliche Hilfe geholt hätte.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kartoffelwucher! Im verflossenen Jahre hat die Kartoffelversorgung stellenweise tolle Auswüchse gezeigt, die jedoch an die jetzigen Zustände auch nicht annähernd heranreichen. Ueberall ist eine außergewöhnlich gute Ernte gewesen, aber Kartoffeln sind nur wenige, und die nur zu hohen Preisen käuflich. Nicht nur in den Städten, sondern auch auf dem Lande herrscht die Kalamität und scheint der Siegkreis, namentlich die Umgebung von Siegburg in dieser Beziehung an der Spitze zu stehen. Fragt man nach Kartoffeln, so erhält man aus lächelndem Munde die Antwort: „Was zahlen Sie?“ oder man sagt: „Ich verkaufe keine.“ Der verschiedentlich laut gewordene Gedanke, im Frühjahr kosten die Kartoffeln 6 bis 8 Mark ist bei allen vorherrschend und scheint die Angabe des Herrn Oekonomierats Bollig, daß wir diese Wucherpreise zum größten Teil den Herren Agrariern zu verdanken haben, vollkommen zutreffend. Mit welchem Rechte, wird sich aber jeder fragen. Größere und kleinere Landwirte haben an den russischen Gefangenen billige Arbeitskräfte, und sind demgemäß die Kosten für den Produzenten nicht höher, als auch in den früheren Jahren, in welchen die Kartoffeln für 3 Mark bis 3,50 Mark verkauft wurden. Mit diesem Preise kann der Produzent sowohl wie auch der Käufer zufrieden sein. Müssen die Herren Landwirte denn unbedingt in den beiden Kriegsjahren zum reichen Mann werden? Fast alle sehnen das Ende des Krieges mit schmerzlichen Gefühlen herbei, der Bauer dagegen reibt sich schmunzelnd die Hände und denkt, wenn es doch immer so blieb. Es ist doch gewiß kein beneidenswertes Gefühl, was unsere Krieger, die zur Zeit ihr Blut für uns alle hergeben, ergreift, wenn sie von ihren Frauen die Nachricht erhalten, die Bauern wollen uns keine Kartoffeln oder doch nur zu unerschwinglichen Preisen verkaufen, wovon sollen wir leben? In den In den größeren Städten sorgt die Behörde dafür, daß die ärmere Bevölkerung Kartoffeln zu einem annehmbaren Preise erhält, auf dem Lande dagegen heißt es in den meisten Fällen: „Hilf dir selbst, dann ist Dir geholfen!“ Anscheinend ist die Behörde gegen solche Zustände auf dem Lande machtlos. Meines Erachtens würde die Festsetzung eines Höchstpreises von 3,50 Mark z. B., der auch für die kommenden Monate eine Steigerung nicht erfahren dürfte, eine Aenderung herbeiführen. Ein Spekulieren auf hoheFrühjahrspreise wäre damit vereitelt bezw. demselben ein Riegel vorgeschoben. Hoffentlich erinnert sich die Steuerbehörde bei der demnächstigen Veranlagung dieser Vorgänge und sorgt dafür, daß die eingeheimsten Wucherpreise als Kriegsgewinn besonders versteuert werden. B.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Die Rechtsschutzstelle für Frauen in Bonn macht darauf aufmerksam, daß von ihr kostenlos Anträge auf Bewilligung von Beihilfen aus der Kronprinzessin-Kriegskinderspende bearbeitet und eingereicht werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)