Dienstag, 26. Oktober 1915

     

Hilfe für das bulgarische Rote Kreuz. Nachdem sich Bulgarien für die Mittelmächte und ihre gerechte Sache entschieden hat, ist unter dem Ehrenvorsitz des Herzogs Johann Albrecht zu Mecklenburg und unter dem Vorsitz des Staatssekretärs Dr. Solf ein deutscher Hilfsausschuß für das Rote Kreuz in Bulgarien gebildet worden, der Sammlungen in größerem Stile für das bulgarische Rote Kreuz veranstaltet. In der Nachbarstadt Köln ist bereits mit großem Erfolge eine Sammlung in die Wege geleitet. Es darf erwartet werden, daß auch die Bonner Bürgerschaft nach Kräften dazu beitragen wird, die Verwundeten und Kranken im bulgarischen Kriege an dem Liebeswerk des Roten Kreuzes teilnehmen zu lassen. Zur Entgegennahme von Beiträgen ist die Regierungshauptkasse in Köln bereit.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 26. Oktober 1915Beträchtliche Ermäßigung der Brennspirituspreise. Die bereits angekündigte Herabsetzung der Brennspirituspreise, die umso erwünschter kommt, als der Brennspiritus in großem Umfange zu Ersatz von Petroleum herangezogen werden wird, tritt zum großen Teil schon heute in Kraft. Der neue Preis beträgt bekanntlich 45 Pfg. statt bisher 60 Pfg. für eine Literflasche zu 95 Prozent, und 42 Pfg. statt bisher 57 Pfg. für eine Literflasche zu 90 Prozent. Nur die etwa aus früheren Einkäufen noch vorhandenen Restbestände dürfen noch zu den alten Preisen verkauft werden. Die Käufer werden, um sich vor Schädigungen zu schützen, gut tun, die auf den Verschlußkapseln der Flaschen aufgedruckten Preise zu beachten. Vom 10. November 1915 an ist keinerlei Ueberschreitung der ermäßigten Preise mehr zulässig.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Godesberg, 25. Okt. Als eine segensreiche zeitgemäße Volkswohlfahrtseinrichtung hat sich das auf Anregung des Herrn Bürgermeisters Zander und des Herrn Professors Dr. Wendelstadt von unserer Gemeindeverwaltung gegründete „alkoholfreie Speisehaus“ entwickelt, das an Personen jeden Standes ein bürgerliches und auskömmliches Mittagessen für nur sechzig Pfennig verabfolgt, bestehend aus Suppe, Gemüsekost und Fleisch. Die leerstehenden unteren Räume des ehemaligen Hüttenrauch’schen Hotels sind zu diesem Zwecke von unserer Gemeindeverwaltung gemietet und hergerichtet worden. Von Mitgliedern des Frauenvereins wird das Ganze musterhaft verwaltet. Ein Abendessen ist sogar schon für vierzig Pfennig dort erhältlich. Es ist begreiflich, daß von dieser bequemen Verköstigungseinrichtung recht ausgiebig Gebrauch gemacht wird, namentlich von alleinstehenden Personen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

   

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 26. Oktober 1915Ueberflüssige Verteuerung der Lebensmittel auf dem Wochenmarkt.
Warum ist es hier in Bonn gestattet, daß die Zwischenhändler täglich vor, bei und während des Marktes alles ihnen genehme Obst, Gemüse, Butter, Eier und anderes rücksichtslos wegkaufen dürfen? Während in anderen Städten eine Polizeiverordnung vorschreibt, daß kein Zwischenhändler vor 10 oder 11 Uhr das Geringste aufkaufen darf und bei Uebertretungsfall streng bestraft wird. Der Stiftsplatz ist doch für zwei Tage in der Woche zum Einkauf für Obst und Gemüse dem Großhandel freigegeben. Es ist unerhört wie an den gewöhnlichen Wochenmarkttagen durch diesen unnötigen Zwischenkauf die Lebensmittelpreise künstlich in die Höhe geschraubt werden. Man kann es wohl verstehen, wenn sich gerade jetzt bei der Winterversorgung eine gerechte Empörung unter den Hausfrauen bemerkbar macht. Immer wieder kann man von dieser Seite den Ausspruch hören: „Was zu viel ist, ist zu viel, man zahlt ja gern der Kriegslage gemäß einen höheren Preis, aber Wucherpreise hat man doch nicht nötig zu bezahlen. Brot und Mehl ist knapp, Fleisch zu teuer, Fett kaum zu erstehen, wenn man nun noch Phantasiepreise zahlen muß, dann weiß man wirklich nicht mehr, was man kochen, noch essen soll. Es ist tatsächlich recht betrübend all die gerechten Klagen mit anzuhören. Wenn man dem gegenüber das hartherzige Gebaren der Händler betrachtet, die den Bauersleuten schon bis an den Bahnhof entgegen gehen, dort und unterwegs Butter, Eier, Geflügel, feinstes Obst und Gemüse wegkaufen, und noch nicht einmal zum Markt kommen lassen, so ergreift Einen eine stille Wut über diese häßliche Gebaren. Kommt einmal eine Bauersfrau mit diesen vorerwähnten Sachen bis an den Marktplatz, so wird sie schon von weitem erspäht, von einer Scharr Händler resp. Händlerinnen angehalten, und alles im Nu weggekauft, damit ja keine Hausfrau aus erster Hand kaufen kann. Butter und Eier sieht man deshalb fast gar nicht mehr auf dem Markt zum Verkauf ausgestellt.
   Leider sind die wohlhabenden Hausfrauen zum großen Teil mit Schuld an der allgemeinen Verteuerung. Diese bezahlen jeden geforderten Preis, und kaufen fortwährend große Vorräte für den Winter ein. Kein Wunder, wenn sich die Verkäufer dies zu Nutzen machen. Für die weniger Bemittelten ist die Führung des Haushaltes jetzt schwer. Anders wäre es, wenn die Wohlhabenden gerade jetzt einmal aufhörten große Vorräte aufzustapeln, dann müßten auch die Preise heruntergehen. Der Reiche kann ja zu jeder Zeit einkaufen. Das wäre eine wahrhaft soziale Tat. Noch vor kurzem hörte ich im Kurgarten eines bekannten Badeortes zu, wie eine Anzahl Damen sich gegenseitig erzählten, daß sie für den Winter eine Masse Butter einschmelzten, und Eier sogar bis tausend Stück einlegten, dann hätten sie sich mit großen Vorräten an Dauerwaren, wie Schinken, Speck, Rauchfleisch, Wurst und Schmalz versehen und viele, viele Zentner Aepfel bestellt und da dachte ich bei mir: „aha, jetzt weiß ich wer die Hauptschuld an der Preissteigerung trägt! Das sind die ganz Reichen, die viel zu viel vorsorgen und die vierte Bitte des Vaterunsers, welche heißt: „Unser täglich Brot gib uns heute“, und nicht heißt: „Für morgen und übermorgen“, nicht beobachten, und dadurch dem Armen das heutige gegebene Brot recht knapp und unzureichend gestalten.
   Wenn nun die Stadtverwaltung eine wie Oben erwähnte Verordnung erläßt, und die Reichen aufhören werden in Massen einzukaufen, dann wird auch trotz der schwerbedrängten Kriegszeit ein normaler Zustand auf dem Lebensmittelmarkt entstehen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)