Samstag, 23. Oktober 1915

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 23. Oktober 1915Zwei fleischlose Tage in der Woche. Wie uns aus Berlin berichtet wird, wird der Bundesrat am heutigen Samstag eine neue Verordnung über die Einschränkung des Fleischverbrauchs und des Fleischverkaufs erlassen. Die Verordnung wird folgendes bestimmen: An zwei Tagend der Woche wird die gewerbsmäßige Verabfolgung von Fleisch und Fleischwaren aller Art sowie aller Speisen, die ganz oder teilweise aus Fleisch hergestellt sind, verboten. Das verbot erstreckt sich demnach nicht nur auf Gastwirtschaften, sondern auch auf Fleisch- und Wurstgeschäfte, Delikatessenhandlungen, Gasthöfe usw. An diesen Tagen dürfen Fleisch, Fleischwaren und Fleischspeisen auch in Schaufenstern öffentlich nicht ausgestellt werden. An zwei weiteren Tagen in jeder Woche darf in Gast- und Speisewirtschaften mit Fett gebackenes, gesottenes oder geschmortes Fleisch nicht verabfolgt werden. An einem weiteren Tag st der Verkauf von Schweinefleisch unersagt. Als Fleisch in der Verordnung gelten: Rind-, Kalb-, Schaf-, Schweine- und Hühnerfleisch; als Fleischwaren: Wurst aller Art und Speck; als Fette: Butter und Butterschmalz, Kunstspeisefett, Rind- und Schweinfett. Polizei und Sachverständigenkommissionen erhalten, wie bei ähnlichen früheren Verordnungen, weitgehende Rechte, in die Verkaufs- und Herstellungsräume einzudringen, Kontrollen auszuüben usw. Für Uebertretungen sind hohe Strafen vorgesehen. – Mit der Regelung der Fleischpreise wird sich der Bundesrat nächste Woche beschäftigen.

Versammlungen von Ausländern werden durch eine Verordnung des Gouverneurs der Festung Köln verboten

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 23. Oktober 1915Wegen Ueberschreitung der Höchstpreise für Mehl hatte sich ein Bäckermeister von hier gestern vor dem Schöffengericht zu verantworten. Er hatte für das Pfund Mehl 35 Pfg. verlangt, während der Höchstpreis auf 30 Pfg. bestimmt war. Vor Gericht entschuldigte er sich, er sein krank und nur zufällig im Geschäft gewesen, um das er sich im übrigen nicht gekümmert habe. Das Urteil lautete wegen fahrlässiger Uebertretung der Verordnung auf 20 Mark Geldstrafe. Wenn eine vorsätzliche Uebertretung nachgewiesen worden wäre, würde unbedingt auf eine Gefängnisstrafe anerkannt worden sein.

Um eine Fahne hatten sich mehrere Kinder in der Maargasse gezankt. Drei Jungen hatten sie einem vierten beim Spielen weggenommen. Das bemerkte dessen Mutter, eilte auf die Straße, nahm dem Jungen die Fahne ab und versetzte ihm mit dem Stock ein paar Schläge. Darüber erbost sich die Mutter des Geschlagenen. Sie eilte auf die Straße hinab und misshandelte ihe Gegnerin, indem sie sie beim Halse faßte, in erheblicher Weise. Das Schöffengericht verurteilte sie gestern dafür zu einer Geldstrafe von 20 Mark, während ihre Gegenerin mit 15 Mark davonkam.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 23. Oktober 1915Hohenzollernfeier. Man schreibt uns: „Die Donnerstag abend von der Bonner M.-G.-V. „Apollo“ am Kaiser Wilhelm-Denkmal veranstaltete Hohenzollern- und Kaiserin-Geburtstagsfeier verlief in würdevoller Weise. Die Landsturm-Kapelle unter Leitung ihres Kapellmeisters Herrn Johnen eröffnete die Feier mit dem Marsch aus „Tannhäuser“. Hierauf sang der Chor, ca. 70 Sänger stark, unter Direktion des Herrn Eschweiler „Heil Kaiser und Reich“ von Rehbert. In Vertretung des dienstlich verhinderten Präsidenten Herrn Hauptmann Dr. Kaufmann schilderte Herr Chefarzt Sanitätsrat Prof. Dr. F. A. Schmidt den Werdegang der Hohenzollern, beleuchtete die ganzen Erfolge der nachherigen Fürsten, welche das Königreich Preußen und später das Deutsche Reich gründeten und zur vollen Blüte brachten. Die kernige Rede leitete zum Schluß auf unser jetziges Kaiserpaar über und klang aus in einem dreifachen Hoch auf dasselbe, das bei der vieltausendköpfigen Menge begeistert aufgenommen wurde. Mit dem nun folgenden Chor „Mein Vaterland“ von Brambach, der mit seiner Kraft und Wucht gerade in der heutigen Zeit so recht die Herzen für die Treue zum deutschen Vaterland zu entflammen weiß, legte der Verein alle Ehre ein. Ebenfalls die schlichten Volkslieder „Mädchen, wenn ich von dir ziehe“ und „Es geht bei gedämpftem Trommelklang“ gefielen sehr. Ein patriotisches Potpourri der Landsturm-Kapelle beschloß die Veranstaltung. Der Kapelle gebührt besondere Anerkennung für ihre Leistungen, die den Wunsch berechtigen, sie öfters in die Oeffentlichkeit treten zu sehen. Dem „Apollo“ und seiner Leitung gebührt besonderer Dank, daß er es verstanden hat, trotz seiner vielen im Felde stehenden Sänger, eine solche schöne Feier zu veranstalten.“

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)