Freitag, 22. Oktober 1915

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 22. Oktober 1915Die Klostermannschen Anstalten begingen die 500-jährige Jubelfeier des Hohenzollernhauses am Festtag morgens um 10 Uhr in der Aula. In vaterländischen Liedern und Gedichten wurde die Belehnung des Burggrafen Friedrich von Hohenzollern mit der Mark Brandenburg, seines Einzugs in die Mark, des allmählichen Emporblühens des brandenburgisch-preußischen Staates unter den Hohenzollern gedacht. Darauf hielt Herr Oberlehrer Dr. Möller die Festrede. In warmen Worten entwickelte er das Emporringen der kleinen Mark Brandenburg unter Führung der Hohenzollern zur Weltmacht des Deutschen Reiches. Er pries die Liebe der Hohenzollern zu ihrem Volke, die Treue und Dankbarkeit des Volkes zu seinen Herrschern. Jubelnd und voll Dank würden wir diesen Tag in Friedenszeiten begangen haben. Mit tiefem Ernst, so schloß der Redner, aber nicht geringer Zuversicht feiern wir ihn in jetziger schwerer Zeit, die uns wieder zeigt, daß die Hohenzollern und ihr Volk unlöslich miteinander verbunden sind in Kampfesstürmen und in Friedensarbeit. In einem begeisterten Hoch auf unseren Kaiser klang die Feier aus.

Poppelsdorfer Frauen-Verein. Am 20. Oktober fand die Hauptversammlung des Poppelsdorfer Frauen-Vereins statt. Frau A. Zuntz erstattete den Jahresbericht. Der Verein bemühte sich nach Kräften, die Not der Armen und Kranken zu lindern. An Unterstützungen wurden verteilt: 2069 Liter Milch, 785 Zentner Kohlen, 866 Brote, 4450 Pfund Kartoffeln, 12 Decken, 45 Bettücher, 5 Jacken, 20 Hemden, 20 Pakete Kinderzeug. Es wurden 260 Tage Wochenpflege geleistet, 450 Mittagessen in den Häusern der Vereinsdamen ausgegeben. Den Kassierern, Herrn Goldschmidt und Frau Rat Sonntag, wurde Entlastung erteilt. Von dem Vermächtnis von Frau Kommerzienrat Soennecken von 3000 Mark wurden 2000 Mark in die dritte Kriegsanleihe angelegt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 22. Oktober 1915Im Bonner Wehrbund fand am Samstag eine Abendübung statt. Eine Abteilung hatte den Kreuzberg besetzt, der von einer anderen Abteilung genommen werden sollte. Jeder Führer hatte seine Maßnahmen mit Umsicht getroffen. Vom Verteidiger waren alle Zugänge besetzt worden und die auf Posten stehende Jungmannschaft paßte auf, als ob es sich um einen Ernstfall handele. Der Angreifer hatte einen Scheinangriff angeordnet, der aber zu spät zur Ausführung kam, sodaß die Absicht mißlang, den Gegner zu veranlassen, zur Abwehr hier seine Kräfte einzusetzen. Der Hauptangriff wurde rechtzeitig durch die aufgestellten Posten gemeldet und konnte abgeschlagen werden. Nach Beendigung de Uebung zogen die Abteilungen zur Stadt und führten auf dem Kaiserplatz eine strammen Parademarsch aus. Die nächste Uebung findet am 31. Oktober statt.

Vorsicht beim Fettauslassen! Da jetzt in zahlreichen Familien Fett ausgelassen wird, so dürfte es man Platze sein, auf einen bedauerlichen Unfall hinzuweisen, von dem eine junge Frau aus Köln betroffen worden ist. Sie hatte einen Kessel mit Fett ausgelassen und schüttete die glühende Flüssigkeit in einen Topf, in dem sich bereits erkaltetes Fett befand. Im gleichen Augenblick erfolgte ein explosionsartiger Knall, der Topf sprang entzwei und das heiße Fett spritze hoch empor. Das ganze Gesicht und die Hände der Frau wurden mit Brandwunden bedeckt, und nur dem Umstand, daß sie eine Brille trug, ist es zu verdanken, daß die Augen unverletzt blieben. Der verletzten Frau wurde vom Arzt ein Notverband angelegt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Butterstreckung. In mehreren Blättern wird ein praktisches Rezept zur Butterstreckung angegeben, wodurch ein Pfund gut schmackhafte Sparbutter auf 90 Pfg. zu stehen kommt. Wir wollen dieses Rezept unseren Hausfrauen nicht vorenthalten: „Man lasse 250 Gramm Naturbutter aus und verrühre darin 140 Gramm Weizenmehl oder Kartoffelmehl, ohne zu bräunen. Zu dieser Mischung geben man ¾ Liter der 750 Gramm ungekochter Vollmilch und lasse das Ganze unter stetem Durchrühren gut durchkochen, damit das Mehl gar wird. Ach dem Kochen füge man ein geschlagenes Ei und 20 bis 30 Gramm Salz nach Geschmack bei und rühre bis zum vollständigen Erkalten. [...]

 Die Heyermannschen Bildungsanstalten begingen gestern das 500jährige Regentenjubiläum unserer Hohenzollern in recht erhebender Gedenkfeier. In den unteren Klassen würdigte Frl. Lenders das Mitwirken unserer Fürsten in dem Verständnis der Kleinen angepaßter Form. Eingehender stellte Rektor Zander in der Mädchen-Mittelschule die Verdienste der Hohenzollern dar und zeigte, wie sie Deutschlands kraftvolle Wehrmacht geschmiedet, ein großes herrliches Reich aus kleinen Anfängen geschaffen, wie sie des Volkes Geistesbildung gefördert und bei der Sorge um des Volkes Wohlfahrt vor allem der niedern Stände gedachten und endlich, wie sie ihre Tätigkeit allezeit unter den Schutz des Allerhöchsten gestellt haben. Fräulein Schmees ließ bei der Feier der oberen Klassen des Lyzeums und des Seminars die hervorragenden Denkmäler der preußischen Geschichte erzählen von den Großtaten unserer Regenten und gedachte am Schlusse des schönsten Denkmals, der liebenden Erinnerung an Kaiser und Heer beim furchtbaren Ringen im heutigen Völkerkampfe. Alle Vorträge und Lieder der Schülerinnen standen gleichfalls unter dem Eindruck der großen Zeit und waren unter Meister Krakamps Leitung von ergreifender Wirkung. Als Frau Direktor E. Heyermann alle Liebe und Verehrung zum Hohenzollernhause auf die Person unseres gegenwärtig glorreich regierenden Kaiser Wilhelm II vereinte und die Blicke der begeisterten Schülerinnen hinlenkte zum großen Hauptquartier, da klang das Kaiserhoch so vertrauensvoll und lebenswarm, wie wohl niemals bei ähnlichen Festen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)