Samstag, 4. September 1915

   

Anzeige im Volksmund vom 4. September 1915Die Einnahme der Festung Grodno wurde gestern gegen Abend durch Glockengeläut gefeiert. Zahlreiche Gebäude haben Fahnenschmuck angelegt.

Der Vereinslazarettzug K. 1 Bonn hat auf seiner 15. Fahrt in Chauny 245 Verwundete geladen und in Bingen, Mainz und Darmstadt ausgeladen. In Darmstadt wurde der Zug einer gründlichen Ausbesserung unterzogen. Zur Zeit steht er abfahrtbereit in Godesberg.
   An Liebesgaben sind dringend erwünscht Zigarren, Zigaretten, Hemden, Taschentücher, Pantoffeln, abzugeben Bahnhofstraße 40, Geldspenden wolle man richten an die Zweigstelle der Deutschen Bank in Bonn. (…)

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

Bonner Stadttheater. Die Kölner Stadtverordneten-Sitzung erklärte sich in ihrer gestrigen Sitzung mit dem Vertrag über das Spielen des Kölner Stadttheaters in Bonn einverstanden. In Bonn sollen bekanntlich in einer Woche zwei Schauspiel- und alle 14 Tage eine Opern-Vorstellung stattfinden; an diesen Abenden muß in Köln mindestens in einem Theater gespielt werden.

In der heutigen Verhandlung gegen die Witwe Höfer aus Lengsdorf wegen Mordes sind 13 Zeugen und 3 Sachverständige vor das Außerordentliche Kriegsgericht geladen. Die Verteidigung führt Justizrat Dr. Abs.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  Godesberg, 3. Sept. Ein ereignisfreudiger Tag war es heute für Godesberg: die langersehnten Röggelchen hatten endlich ihren Weg auch nach hier gefunden und waren in dem ehemaligen Hotel Hüttenrauch zum Verkauf ausgestellt. Beheimatet waren diese Röggelchen in Bonn; denn die Bäckerinnung von Godesberg und der gleichnamigen Bürgermeisterei weigert sich bekanntlich zur Herstellung dieser Backware und beharrt unentwegt auf ihren diesbezüglich gefaßten Beschlüssen. Unsere Gemeindeverwaltung hat jetzt kurzerhand den Bezug der Röggelchen von Bonn angeordnet und heute zum erstenmal verkaufen lassen. In hellen Scharen strömten die kauflustigen Godesberger aus allen Schichten unserer Bürgerschaft zur Verkaufsstelle hin, um auf Grund ihrer Brotkarten auch ihren Anteil für 6 Pfennig pro Stück zu erstehen. Die Verkaufszeit war von ½ 11 bis 12 Uhr vormittags bemessen. Doch schon 10 Minuten vor 11 Uhr war kein Röggelchen mehr zu haben. Bis aufs letzte Stück war innerhalb 20 Minuten alles ausverkauft gewesen, und die vielen vielen Spätlinge hatten das Nachsehen. Doch morgen schon werden wieder neue Röggelchen von Bonn nach hier verbracht, und so soll es dem Vernehmen nach jetzt jeden Tag gehalten werden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

Viktoriabad. Seit dem 1. September ds. Js. eröffnet man die Badeanstalt morgens um 8 Uhr zu einem Zeitpunkt, an dem Kinder von 6 Jahren schon die Schule besuchen und Angestellten, sowie Geschäftsleuten es vollständig unmöglich ist, ein Bad zu nehmen. Ferner ist es einer großen Anzahl Badegästen kaum möglich, Sonntags vormittags zu baden, da der Betrieb jetzt auf drei Stunden verkürzt ist, sodaß um 9 ¼ Uhr die Männerschwimmhalle vollständig besetzt ist und mithin viele Gäste gezwungen sind, umzukehren, ohne das erfrischende Bad genommen zu haben. Wenn eine Anstalt zum Wohle des Publikums errrichtet ist, so muß man doch auch erwarten können, daß Gelegenheit gegeben wird, sie zu benutzen. Auch kommt hier die Rentabilität des Bades in betracht. Hoffentlich genügen diese Zeilen zur baldigen Abhülfe. Mehrere Badegäste.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

 

Schlagsahneverbot. Der Gouverneur der Festung Köln erläßt eine Bekanntmachung, in der er für den Befehlsbereich der Festung (zu dem auch Bonn gehört) 1. die Herstellung und den Verkauf von Schlagsahne und 2. die Abgabe von Schlagsahne zu Speisen oder Getränken einschließlich der Auffüllung und Verzierung von Torten verbietet. Dieses Verbot tritt am 5. September in Kraft.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“