Mittwoch, 1. September 1915

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 1. September 1915Felddiebstähle sind in der letzten Zeit im Süden der Stadt vielfach vorgekommen, namentlich waren Bohnen, Kartoffeln und Futterknollen vielfach Gegenstand des Diebstahls. Die Besitzer legten sich auf die Lauer und es gelang ihnen, mehrere Kartoffeldiebe, sowie Diebe von Futterknollen abzufassen und dem Flurhüter zu übergeben, der sie zur Anzeige brachte. In der Altstadt, so in der alten Bachstraße, sind in den letzten Tagen wiederholt sehr dreist vorgehende Obstdiebe beobachtet worden.

Verbotener Brotverkauf. An der Rheinbrücke wurde vorgestern eine größere Anzahl Brote von einem Beamten angehalten, die von einem hiesigen Bäckermeister nach der rechten Rheinseite verkauft worden war. Der betreffende Bäckermeister wurde zur Anzeige gebracht.

Flaschenpfand. Um den überhand nehmenden Mißbrauch mit den leeren Bierflaschen zu steuern, führen die Brauereien von Bonn und Umgegend und der Sieggegend, sowie der Verein der Bierverleger von Bonn von heute ab das Flaschenpfand ein.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Anzeige im General-Anzeiger vom 1. September 1915Schreibe deutsch! An hiesigen Mietshäusern sieht man vielfach die Aufschrift: „Parterre und 1. Etage zu vermieten.“ Es dürfte wohl an der Zeit sein, das Wort Parterre durch Erdgeschoß und das Wort Etage durch Obergeschoß oder Stockwerk zu ersetzen. Ein Freund der deutschen Sprache.

Reis. Warum verkauft die Stadt im Sommer keinen Reis? Im Sommer habe ich den Kindern immer mehr Reis gekocht wie im Winter. Eine Mutter, die sieben Kinder hat.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

    

Die Bonner Bäcker-Innung hat beschlossen, den Preis für Feinbrot von 86 auf 80 Pfg. zu ermäßigen.

Das Friedrich-Wilhelm-Stift wird vom 1. September d. J. ab für Zivilkranke geschlossen. Als Eröffnungstermin des neuen Hauses ist der 1. November d. J. bestimmt.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 1. September 1915Die Lust zum „Nageln“ lebte auch hier in Bonn auf, als Köln seinen „Kölschen Boor in Eisen“ vor dem Gürzenich aufgestellt hatte. In einem hiesigen Verein mit großer Mitgliederzahl soll die Idee sofort aufgegriffen und eifrig gefördert worden sein, und es schien, nach den Mitteilungen in der Tagespresse, als bestände in jenem Verein der Ehrgeiz, irgendeine Gestalt zum Vernageln dem Bonner Publikum so bald wie möglich vorzusetzen. Der Männergesangverein, dem auch irgendwie „Beziehungen“ zu den Maßgebenden des Vereins nachgerühmt werden, hat für einen Grundstock zu der zu schaffenden Figur schon ein Konzert veranstaltet, das ohne alle Frage auch den erwarteten Erfolg hatte. Seit der Zeit aber hört man nichts mehr von der Gestalt, die „vernagelt“ werden soll. Anscheinend kann über die Gestalt keine Einigung erzielt werden. Warum soll es kein „Siegfried in Eisen“ sein? Held Siegfried ist uns doch eine sehr vertraute und gleichzeitig symbolische Gestalt, die mit unserm Rhein auch unmittelbar in Berührung steht. Ein „St. Michael in Eisen“ käme auch noch in Frage. Der streitbare Erzengel ist zudem der Schutzpatron unseres Volkes, dem ein eisern Kleid auch gut paßte. Schließlich könnte es ja auch ein „Kreuz in Eisen“ sein, wie es jetzt die Brust so vieler unsrer Tapfern schmückt. Warum wählt man noch immer nicht? Oder ist die Lust zum „Nageln“ hier schon wieder erloschen? Iwo.

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 1. September 1915Die Bonner Theaterfrage ist in der letzten Stadtverordnetensitzung entschieden worden. Köln hat sich unseres verwaisten Musensitzes wieder einmal angenommen – selbstverständlich nicht ohne klingenden Grund. Stadtverordneter Simon war sogar der Ansicht, die Entscheidung des Theaterausschusses werde der Stadt doppelt so teuer sein, wie ein eigener Theaterbetrieb. Stadtverordneter Geheimrat Schultze aber tröstete: es handle sich ja nur um eine vorläufige Entscheidung, der man unter den obwaltenden Umständen ruhig zustimmen könne. Das Abkommen mit der Stadt Köln ist denn auch mit großer Mehrheit genehmigt worden. Das Kölner Schauspiel wird uns wöchentlich zweimal, die Oper über die andere Woche einmal heimsuchen. Sonntagsvorstellungen sollen, wenn eben möglich, auch veranstaltet werden; doch gehören sie nicht zu den Bedingungen.
   Die Bonner Theaterfrage war, nicht ohne Schuld des Publikums, von vornherein gründlich verfahren. Das Interesse des Bonner Publikums für das Theater ist im allgemeinen nicht sonderlich groß, das hat der Besuch in der vorigen Spielzeit bewiesen; hier, wie auch anderwärts, sucht der größte Teil seine geistigen Bedürfnisse im Kino zu befriedigen. Allerdings spielt die Kostenfrage bei vielen auch eine Rolle. Warum setzte man hier die Theaterpreise nicht so niedrig, wie in Köln, wo der teuerste Platz im Schauspielhause, wenn ich nicht irre, mit 1,50 M. bezahlt wird? Auch hätten, als Bonn noch ein eigenes Schauspielpersonal, viel mehr Volksvorstellungen zu ganz niedrigen Preisen gegeben werden sollen. Der Spielplan entsprach auch wenig den Anforderungen der heutigen Zeit. Leider wurden bei den fortgesetzten Einberufungen auch die Leistungen immer minderwertiger. Doch soll nachträglich keine Kritik geübt werden. Unter den heutigen Verhältnissen ist das Abkommen mit Köln wirklich das beste, das getroffen werden konnte: ein minderwertiges eigenes Personal hätte unserm Ansehen weit mehr geschadet. Bei dem Widerstand, dem unser ganzer Theaterbetrieb an einflußreicher Stelle überhaupt begegnet, muß man sich eigentlich wundern, daß noch etwas zustande gekommen ist. Die jetzt gemachten Erfahrungen werden uns aber eine Lehre sein für später. Vorläufig warten wir einmal ab, was Köln dem verwaisten Musensitz Bonn zu bieten haben wird. Rg.

(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)