Dienstag, 24. August 1915

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 24. August 1915Spionage durch den Fernsprecher. Das halbamtliche Wolffsche Telegraphenbüro verbreitet folgende Warnung: Es wird darauf hingewiesen, daß in letzter Zeit verschiedentlich feindliche Agenten versucht haben, die Stellung von Truppenteilen dadurch zu ermitteln, daß sie sich – besonders durch den Fernsprecher – angeblich im Auftrage höhergestellter Persönlichkeiten bei Familien nach deren im Felde stehenden Angehörigen sowie nach Truppenteil und Aufenthaltsort erkundigten. Es wird daher dringend davor gewarnt, in solchen Fällen irgendwelche Auskunft zu erteilen. Vielmehr muß versucht werden, durch sofortige Anfrage bei dem Fernsprechamt festzustellen, von welcher Seite aus die Anfrage erfolgt ist. Alle auf diesen Zweig der Spionage bezüglichen Wahrnehmungen sind ferner ungesäumt den Polizeibehörden zu melden.

Im Bonner Wehrbund herrscht zurzeit Ferienstimmung, da die Teilnahme des Kgl. Gymnasiums und der Realschule, die seine treusten Stützen waren, fehlt. An den beiden vergangenen Sonntagen traf jede Abteilung selbständig Bestimmungen über die Verwendung des Sonntags. Am kommenden Sonntag, den 29. August, soll jedoch wieder ein gemeinsames Unternehmen, eine Wanderung im Ahrtal, stattfinden. Die Einzelheiten sind in den Abteilungen zu erfahren.

Metropol-Theater. Der neue Spielplan bringt die erste Hälfte einer achtaktigen Filmhandlung „Nelly, das Weib ohne Gewissen“, ferner ein Bild aus der modernen Gesellschaft „Der lebende Tote“, mehrere heitere Stücke, die neuesten Kriegsaufnahmen und Naturdarstellungen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Rabattsparvereine. Die Kriegstagung der Deutschen Rabattsparvereine in Dresden beschloß: Die Einführung von Höchstpreisen für den Einzelhandel ist verfehlt, wenn diese nicht gleichzeitig für die Produzenten und den Großhandel festgesetzt werden. Bei Beschlagnahme sind die Berufsvertretungen gutachtlich zu hören. – Der Verband zählt 500 Vereine, 70,000 Mitglieder. Er hat für Kriegshülfe eine halbe Million ausgegeben und zahlte im letzten Kriegsjahr an die Kundschaft 37 Millionen Rabatt.

Vom Rhein. Heute morgen gegen 5 Uhr trat auf dem Rhein so dichter Nebel auf, daß die Frachtschiffe ihre kurz vorher aufgenommenen Fahrten wieder einstellen mußten. Der jetzige Wasserstand ist der Schleppschifffahrt noch immer günstig, trotzdem er in den letzten Tagen anhaltend zurückgegangen ist. Heute früh wurden am hiesigen Pegel noch 2.24 Meter Wasser gemessen.

Die Schwalben rüsten sich schon wieder zum Abzuge. Die letzte Brut ist seit ungefähr 14 Tagen flügge, und draußen auf Telephon- und Telegraphenleitungen wird jetzt alltäglich Zusammenkunft abgehalten. Da gibt’s ein Begrüßen, ein Zwitschern und Erzählen, müssen doch die Vorbereitungen für eine lange Reise getroffen werden. Plötzlich fliegt die ganze Gesellschaft von dannen, um nach einigen wohlgelungenen Flugversuchen sich wieder auf der alten Stelle niederzulassen. In der Stadt sind die Schwalben jetzt nur noch selten anzutreffen. Noch ein paar Wochen und sie sind ganz verschwunden, sie werden zurückkehren in den sonnigen Süden, wo auch jetzt gerade so wie bei uns der Waffenlärm des Krieges widerhallt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Anzeige im General-Anzeiger vom 24. August 1915Straßenbahn nach Dottendorf
Warum zahlen wir Dottendorfer für die Fahrt mit der Elektrischen bis zum Kaiserplatz 15 Pfg.? Die Strecke ist nur 50 Meter länger als die Strecke vom Friedrichsplatz [heute: Friedensplatz] bis Grau-Rheindorf, wofür ein Fahrpeis von 10 Pfg. angesetzt ist. Dabei beträgt die Fahrzeit nach Dottendorf eine Minute weniger. Die Strecke von der Gronau bis zum Friedrichsplatz ist 600 Meter länger und die Fahrzeit beträgt 17 Minuten. Dafür beträgt der Fahrpeis auch 15 Pfg., was gewiß nicht zu niedrig ist. In Dottendorf wohnen im Gegensatz zur Coblenzer Straße [heute: Adenauerallee] zum größten Teil kleinere Leute mit Gemüsebau und deren Frauen und Töchter, die meist täglich das Gemüse zum Markt bringen, ist es zu gönnen, daß sie ebenso wie die anderen Vorortler für 10 Pfg. heimfahren können. Ferner ist in Dottendorf die große Fabrik mit 4-500 Beamten und Arbeitern, die scharenweise aus der Stadt kommen und 15 Pfg. Fahr­geld bezahlen müssen, wenn sie weiter als bis zur Moltkestraße [heute: Weberstraße] fahren. Man könnte die Strecke ganz gut in drei Teilstrecken einteilen, statt jetzt in vier. Bei einem Fahrpreis von 10 Pfg. würde die Strecke voraussichtlich nicht weniger einbringen als jetzt. Mancher geht jetzt von Dottendorf bis zu Pützstraße und fährt von da aus für 10 Pfg. Wir Dottendorfer hoffen, daß unsere Klage ein geneigtes Ohr finden wird, und daß wir recht bald auch für 10 Pfg. zur Stadt fahren können. Wir versprechen alsdann recht oft zu kommen und sicher bringen wir der Stadt mehr mit als wir holen kommen. Ein Dottendorfer, der gerne zahlt, aber nicht zuviel.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

   

Fußball. Auf dem Sportplatz an der Richard-Wagnerstraße wurde am Sonntag nachmittag das Entscheidungsspiel um den Rheinischen Kriegspokal ausgetragen. Die erste Mannschaft des Elberfelder Spiel- und Sport-Vereins entschied das Spiel gegen die gleiche Mannschaft des Bonner Fußball-Vereins für sich mit 5:2.

Freigabe von Metall. Unter Aufsicht des Reichsamts des Inneren ist die Metallfreigabestelle für Friedenszwecke in Berlin NW7, Sommerstraße 4a, Telephon Zentrum 10290, gegründet worden. An sie sind künftig alle Anträge auf Freigabe von beschlagnahmten Metallen für Friedens- und mittelbare Heereszwecke zu richten. Die Erledigung aller anderen, nach wie vor von der Kriegs-Rohstoff-Abteilung zu bearbeitenden Freigabegesuche werden wesentlich beschleunigt bei Benutzung hellgrüner Umschläge mit der Bezeichnung „Metallfreigabe“ in der linken oberen Ecke. Das Kriegsministerium macht darauf aufmerksam, daß Metalle nur in äußerst dringenden Fällen freigegeben werden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)