Sonntag, 22. August 1915

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 22. August 1915Ausfuhrverbot für grüne Bohnen. Der Guvernör der Festung Köln hat bestimmt: Jede Ausfuhr von grünen Einmach- (Stangen-) Bohnen aus dem Festungsbereiche ist verboten. Zuwiderhandelnde werden mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft, sofern nach den bestehenden Strafgesetzen keine höhere Strafe verwirkt ist.
   Zum Festungsbereiche Köln gehören auch noch die Ortschaften, aus denen der Bonner Markt mit Gemüse versorgt wird. Es ist daher zu hoffen, daß das Bohnenausfuhrverbot auch den Bonner Hausfrauen, die in der letzten Woche vergebens Einmachbohnen zu kaufen versuchten, Hilfe bringen wird.

Bestrafter Kartoffelwucher. Ein Bauer in Ersdorf (Kreis Rheinbach) hatte im Frühjahr an einen hiesigen Gemüsehändler Kartoffeln zu 4,80 M. den Zentner verkauft, obwohl der Höchstpreis nur 2,80 M. betrug. Der Bauer wollte gestern der hiesigen Strafkammer, vor der er sich wegen Ueberschreitung der Höchstpreise zu verantworten hatte, weismachen, seine Knollen seien höchstpreisfreie Saatkartoffeln gewesen, er habe den Gemüseladen an der hiesigen Josephstraße für eine Saatguthandlung gehalten. Der Staatsanwalt beantragte 50 M. Geldstrafe. Dem Gericht war diese Strafe zu gering. Wie der Vorsitzende ausführte, habe der Angeklagte nicht nur absichtlich das Gesetz umgangen, er habe auch das Gericht an der Nase herumzuführen und ihm etwas weiszumachen versucht, was er selbst nicht glaubte. Eine exemplarische Strafe sei deshalb am Platze. Das Urteil lautete auf 200 Mark Geldstrafe.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

Brot- und Mehlpreise. Landrat v. Nell veröffentlicht eine Verordnung betr. die Regelung des Mehl- und Brotverbrauchs im Landkreise Bonn, die mit dem 29. August in Kraft tritt. Danach wird der Höchstpreis für ein Schwarzbrot auf 65 Pfg., für ein Feinbrot auf 80 Pfg., für ein Kleinbrot (Röggelchen) auf 6 und für inländisches Weizenmehl auf 30 Pfg. das Pfund festgesetzt. Die Höchstpreise sind durch Anschalg an augenfälliger Stelle in den Verkaufsräumen den Käufern zur Kenntnis zu bringen.

Die Feuerwehr wurde am Samstag vormittag nach der Koblenzerstraße gerufen, um dem Pferd eines Bierfuhrwerks auf die Beine zu helfen, das auf dem nassen Asphaltbelag zu Fall gekommen war.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Anzeige im General-Anzeiger vom 22. August 1915Godesberg, 20. Aug. Heute nachmittag fand im Rathaussaale eine Gemeinderatssitzung unter dem Vorsitze des Herrn Bürgermeister Zander statt. (...) Sodann brachte das Gemeinderatsmitglied Drücke die in Godesberg üblichen übermäßig hohen Preise für Nahrungsmittel zur Besprechung, namentlich die Brot- und Kartoffelverhältnisse. Allerwärts seien beispielsweise auch Röggelchen erhältlich, nur hier in Godesberg nicht. Er bat die Verwaltung um die Vornahme geeigneter Schritte. Der Bürgermeister erwiderte, daß er wiederholt mit den Bäckermeistern diesbezügliche Verhandlungen geführt habe, die aber immer an dem vom Kreisausschuß festgesetzten Preise von 7 Pfennig für das Röggelchen gescheitert wären, weil die Bäcker erklärten, für so billiges Geld die geforderte Ware nicht liefern zu können. In der Debatte wurde diese Erklärung der Bäckermeister als recht sonderbar bezeichnet, da doch anderwärts bei den Bäckern keine Schwierigkeiten geltend gemacht würden. Der Bürgermeister wies darauf hin, daß die auf den 29. August festgesetzte neue Regelung der Mehlpreise wohl eine Aenderung bringen würden. Bezüglich der Kartoffeln habe sich eine Kommission bereits mit der Frage befaßt, jedoch zu einer Festsetzung von Höchstpreisen bisher nicht verstehen können; die jetzt sinkenden Kartoffelpreise hätten dadurch vielleicht auch das Gegenteil hervorrufen können. – (...) – Bevor die Versammlung schied, traf die Siegesnachricht des heutigen Tages ein. Herr Bürgermeister Zander brachte den hocherfreulichen Bericht zur Verlesung und schloß die Sitzung mit einer kurzen Ansprache auf die schönen Waffenerfolge unseres Heeres und mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf unsern Heldenkaiser und sein glorreiches Heer mit seinen genialen Führern.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 22. August 1915Auf der schiefen Ebene. Zehn Diebstähle, darunter drei Einbruchsdiebstähle, warf die Anklage an der Ferienstrafkammer einem 13 Jahre alten Schüler aus Bonn vor. Das Bürschchen hatte vor einiger Zeit in Bonn eine Reihe von Diebstählen ausgeführt, die ihn in den Besitz von Uhren, Geld, eines Sparkassenbuches und einer Reihe von Fahrrädern brachten. Zwei Burschen, die einige Jahre älter sind, brachten die entwendeten Gegenstände an den Mann. Sie waren wegen Hehlerei angeklagt. Bei der Urteilsverkündung hielt der Vorsitzende Geheimrat Schröder den Angeklagten zunächst eine gründliche Strafpredigt, die ihnen das Verwerfliche ihres Treibens zu Gemüte führte. Das Urteil lautete gegen den Dieb, der zudem nächstens in Fürsorgeerziehung kommen wird, auf sechs Monate Gefängnis, gegen die Hehler auf einen bezw. zwei Monate Gefängnis. Dieser Vorfall dürfte manchen Müttern Veranlassung geben, besser auf das Treiben ihrer Jungens acht zu geben, ehe es zu spät ist. Ein strenges Mahnwort in dieser Beziehung dürfte heute sehr angebracht erscheinen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)