Freitag, 13. August 1915

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 13. August 1915Eine hochherzige Gesinnung hat die bekannte Schweizer Familie Hotelbesitzer Seiler in Zermatt (Wallis) bekundet. Durch den Kurator der Bonner Universität, Herrn Geheimen Oberregierungsrat Ebbinghaus, vermittelt Herr Dr. Seiler in Zermatt dem Vaterländischen Frauenverein Stadtkreis Bonn eine Einladung an eine größere Zahl Schwestern, sich in der herrlichen Zermatter Alpenwelt, als Gäste der Familie Seiler zwei bis drei Wochen von dem anstrengenden, nun schon ein Jahr dauernden Krankenpflegedienst zu erholen. Zehn Schwestern sind gestern nach Zermatt abgereist, weitere werden folgen. Der Familie Seiler gebührt herzlicher deutscher Dank für diesen Beweis hochherziger Gesinnung.

Dem Gedächtnis Gottfried Kinkels ist eine Schrift gewidmet, die zum vorgestrigen 100. Geburtstag des Dichters im Verlage von Jos. Kroth in Bonn erschienen ist. Sie trägt auf der Titelseite die Abbildung einer von dem Bonner Bildhauer Heßling geschaffenen Kinkel-Plakette und enthält Beiträge von B. Decker: An Gottfried Kinkel, E. Ling: Kinkel als Mensch und als Deutscher, Ludwig Scheibler: Zur Uebersicht und Bewertung von Kinkels dichterischen Werken und W. Fusbahn: Gottfried Kinkel und seine Bedeutung für die Kunstwissenschaft.

Der Bonner Wehrbund zog am vergangenen Sonntag über die Waldau, Schönwaldhaus, Villiprott nach der Burg Gudenau. In liebenswürdiger Weise war den Teilnehmern am Marsch die Besichtigung der herrlichen Parkanlagen der schönen Wasserburg gestattet worden. Nach der mit Interesse erfolgten Besichtigung kehrten die Wehrbündler im flotten Marsch über Villip, Pech, Muffendorf, Godesberg nach Bonn zurück.
  
Am kommenden Sonntag treffen sich die Abteilungen auf dem Spielplatz an der Kölnstraße, um dort Uebungen zu pflegen, die im Felde verwendbar sind.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Die Inspektion des Kraftfahrwesens hat mitgeteilt, daß bei den Kraftfahrtruppen nur solche Leute eingestellt werden, die eine längere Tätigkeit als Kraftfahrzeugführer nachweisen können, ferner Schlosser, Monteure usw., die infolge ihrer technischen Vorbildung besonders geeignet scheinen; für letztere sind bei den Ersatzabteilungen des Kraftfahrzeugbataillons Fahrschulen eingerichtet, die für das vorhandene Bedürfnis genügen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Westerwaldklub. Kommenden Sonntag unternimmt die hiesige Ortsgruppe eine Tageswanderung nach Engers-Sayn-Römerturm-Grenzhausen- Grenzau-Isenburg-Sayn. Die etwa 22 Kilometer weite Wanderung führt durch eine landwirtschaftlich hervorragende Gegend. Die Abfahrt erfolgt morgens 6,44 ab Staatsbahnhof Beuel mit Sonntagskarte Fahr-Irlich.

Straßenbahn nach Dottendorf. Heute Nachmittag findet die landespolizeiliche und eisenbahntechnische Abnahme der städtischen Straßenbahn nach dem Stadtteil Dottendorf von der Bergstraße bis zum Endpunkt an der Junkerstraße statt.

Arbeitsstube für Heimarbeit. Als am 3. August vorigen Jahres der Vaterländische Frauenverein die Bonner Frauenvereine zur gemeinsamen Kriegsarbeit zusammenrief, übernahm die Rechts- und Auskunftsstelle für Frauenberufe (die eine von einem Kuratorium von 11 Vereinen, die andere vom katholischen Frauenbund geleitet) die Arbeitsbeschaffung für freiwillige und bezahlte Arbeiterinnen, In den ersten drei Wochen meldeten sich bei der Beratungsstelle für Frauenberufe in der Riesstraße 800 freiwillige Arbeiterinnen, zum größten Teil für Krankenpflege, zum kleineren Teil für häusliche Näh-, Flick- und Wascharbeit in den Lazaretten und in den für Kriegsbedürfnisse eingerichteten Nähstuben. Schon nach einer Woche stellte sich indessen die Notwendigkeit heraus, auf freiwillige Arbeit zu verzichten und alle Näh- und Strickarbeit als bezahlte Heimarbeit auszugeben, um den arbeitslos gewordenen Frauen und Mädchen, sowie den Frauen, deren Männer einberufen worden oder durch den Krieg arbeitslos geworden waren, zu einem Nebenverdienst zu verhelfen, ohne sie von Haus und Kindern zu entfernen. Die Beratungsstelle für Frauenberufe in der Riesstraße beschäftigte 100 Frauen mit Näh- und Strickarbeit, die zweimal wöchentlich ausgegeben wurde. Als im Laufe der ersten Monate die Menge die Menge der arbeitsuchenden Frauen die Zahl 100 und damit die Leistungsmöglichkeit der Beratungsstelle überschritt, wurde auf ihre Veranlassung vom Vaterländischen Frauenverein eine dritte Stube für Ausgabe von Heimarbeit eingerichtet. Die drei Arbeitsstuben empfingen zahlreiche Aufträge durch Vermittlung des Vaterländischen Frauenvereins von der Heeresverwaltung und bezahlten Einheitspreise. Es waren in der Arbeitsstube in der Riesstraßem15 ehrenamtliche Kräfte tätig, die teils unter der Leitung von Frau Geheimrat Brauns das Zuschneiden, teils unter der Leitung von Frl. Gottschalk die Büroarbeit besorgten. Es wurden während dieses ersten Jahres angefertigt: für Krieger: 2150 Hemden, 1850 Hosen, 500 Lazarettanzüge, 500 Strohsäcke, 2100 Kissenbezüge, 350 Deckbezüge, 90 Bettücher, 1100 Paar Socken, 200 Paar Pulswärmer. Die nicht von der Heeresverwaltung bestellten Gegenstände wurden den Bonner Lazaretten, dem Bonner Lazarettzug und dem Lazarett in Angerburg geschenkt. Außerdem wurden zahlreiche Frauen- und Kindersachen angefertigt, die teils bei zwei von der Arbeitsstube veranstalteten Verkäufen (Ende Oktober und Mitte Dezember) abgesetzt, teils den arbeitenden Frauen zu Weihnachten, teils den Säuglingsheimen geschenkt wurden. [...]
   Im Laufe des Jahres 1915 verringerte sich die Zahl der arbeitsuchenden Frauen nach und nach auf etwa 50, da viele Frauen in der Siegburger Geschossfabrik Arbeit fanden, die ihnen allerdings eine größere Einnahme einbringt, sie aber auch von Haus und Kindern entfernt.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)