Sonntag, 8. August 1915

   

Um mehr Brot kaufen zu können, hatte eine hiesige Arbeiterfrau die Eintragungen in ihrem Brotbuch verändert. Sie entschuldigte sich gestern vor der Strafkammer mit der großen Notlage, in der sie sich befunden habe. Alle anderen Lebensmittel seien im Frühjahr so teuer gewesen, daß ihr und ihres Mannes Arbeitsverdienst nicht gereicht hätte zur Ernährung der zahlreichen Familie. Sie habe deshalb, um das verhältnismäßig billige Brot zu bekommen, das Brotbuch gefälscht. Das Gericht berücksichtigte die Notlage der Frau als strafmildernd und erkannte auf die Geringststrafe von einem Tag Gefängnis.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 8. August 1915Bonner Volksspende. (...) Da Bonn etwa 19000 selbständige Haushaltungen, die alle aufgefordert werden sollen, einen Beitrag zu liefern, zählt, so verlangt das Unternehmen eine sorgsame Verwaltung. Diese Verwaltung besteht in dem Ehrenausschuß und dem Arbeitsausschuß. Der Ehrenausschuß wird sich aus allen Ständen, Berufen und Klassen der Bürger zusammensetzen und wird in den nächsten Tagen einen Aufruf an die Bürgerschaft erlassen. Dem Arbeitsausschuß gehören jetzt zunächst an: Oberbürgermeister Spiritus, Reichstagsabgeordneter und Stadtverordneter Chrysant, Frau Justizrat Conzen, Stadtverordneter Gentrup, Stadtverordneter Rechtsanwalt Henry, Stadtverordneter Dr. Krantz, Frau Berghauptmann Krümmer, Stadtverordneter Justizrat Meyer, Beigeordneter Piehl, Frl. M. Schaaffhausen, Konsistorialrat Stursberg, Stadtverordneter Bankdirektor Weber, Rentner Weinstock. (...)
   Die Tätigkeit der Volksspende zerfällt im wesentlichen in drei Teile. Zunächst kommt es darauf an, möglichst viele einzelne Mitglieder zu werben. Sind die Mitglieder gewonnen, so muß Vorsorge getroffen werden, daß jedes Mitglied rechtzeitig zur Leistung seiner Beiträge aufgefordert wird, und dann bedarf es noch der Abwicklung der laufenden Geschäfte.
   Bei dem großen Umfange des Stadtbezirkes sind naturgemäß zahlreiche Hilfskräfte erforderlich, die freiwillig die schwere Aufgabe übernehmen, von Straße zu Straße, von Haus zu Haus, von Stockwerk zu Stockwerk, treppauf, treppab zu wandern, um jeden, der bereit ist, an diesem vaterländischen Werke mitzuwirken, zu besuchen.
   Der Werber darf sich nicht damit begnügen, etwa nur den Hausvorstand um einen Beitrag anzugehen, sondern soll vielmehr an jeden Hausgenossen mit der bitte um einen Beitrag herantreten. In allen Familien sollen nicht nur Vater und Mutter, sondern auch die Kinder und Dienstboten spenden. Alle sollen von ihrem Einkommen, aus ihren Sparbüchsen und ihrem Lohne ein wenig für unsere tapferen Krieger erübrigen. Wenn der Vater mit einem Wochenbeitrage von 2 Mk. vorangeht, so wird die Mutter gern mit 1 Mk. folgen. Die Gaben der Kinder werden sich in Beiträgen von 30 bis zu 10 Pfg. abstufen und neben den Kindern wird auch das Dienstmädchen freudig seine 20 Pfg. zeichnen.
   Der Werber und die Werberin haben also eine hohe und dankbare Aufgabe.
   Wir bitten alle, sie in dieser Aufgabe zu unterstützen.
   Zur praktischen Durchführung wird Bonn in eine Reihe von Bezirken eingeteilt und dieser Einteilung sind die Armenbezirke zugrunde gelegt, deren es 31 gibt. (...)
   Freilich, jede Familie will und muß besucht sein. Sie will es, denn jeder Bonner wird es sich nicht nehmen lassen, zu seine Teil an dem großen Werke, das dem Wohle unserer Krieger und ihrer Angehörigen dient, mitzuwirken. Jede Familie muß besucht werden, denn die Veranstalter dieser Volksspende könnten es nicht verantworten, wenn sie irgend jemand die Gelegenheit, sein Scherflein zu diesem hohen Werke beizusteuern, verschlossen hätten.
   Wir hoffen, daß der freiwillige Opfersinn der Bonner aus allen Kreisen heraus die Bonner Volksspende in reichlichem Maße unterstützen wird.
   Des Dankes des Vaterlandes, seiner tapferen Helden und der in Not daheim Zurückgebliebenen kann jeder sicher sein!

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 8. August 1915

Drei Enten hatten drei Schulknaben im Alter von 13 Jahren aus Godesberg einem dortigen Müller gestohlen, nachdem sie dieselben tot geworfen oder geschlagen hatten. Sie waren an der Strafkammer angeklagt, weil sie bei dem Diebstahl in den Hof eingestiegen sein sollten. Es wurde jedoch festgestellt, daß der Hof durch das stets offen stehende Tor zugänglich gewesen war. Es lag daher nur ein einfache r Diebstahl vor, und die drei Burschen kamen mit einem Verweise davon. Der Verteidiger zweier Burschen hatte ausgeführt, daß seine Klienten wohl mangels der strammen väterlichen Aufsicht zu dem dummen Streiche gekommen seien. Die Väter ständen seit vorigen Herbst im Kriege und die Mütter müßten sich durchschlagen, um den Lebensunterhalt zu verdienen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)