Freitag, 16. Juli 1915

   

Vereinslazarettzug K 1., Bonn. Der Bonner Lazarettzug K 1 hat auf seiner 13. Fahrt in Chauny 250 Verwundete aufgenommen und in Mainz und Darmstadt ausgeladen. Zurzeit steht er in Brühl zur nächsten Fahrt bereit. – An Liebesgaben sind Zigarren, Zigaretten und Marmeladen besonders erwünscht, ferner Hemden und Taschentücher, alt oder neu. Alles ist abzugeben Bahnhofstraße 40. Weitere Geldspenden wolle man einzahlen auf der Zweigstelle der Deutschen Bank in Bonn. (...)

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 16. Juli 1915Aus Merten am Vorgebirge wird uns zur Frage der plötzlichen Preissteigerungen auf dem Bonner Wochenmarkt folgendes geschrieben:
„Geehrte Redaktion! Um den Bonner Marktbesuchern einen Einblick in die hiesigen Marktpreise zu schaffen und ihnen einmal zu zeigen, was die hiesigen Engroshändler täglich in den abgelegeneren Orten des Vorgebirges für Verdienste einheimsen, wollte ich einmal die hiesigen Marktpreise mit den Bonner Marktpreisen vergleichen. So zum Beispiel. Für den Zentner Kartoffeln bezahlt man hier 6 Mark, dagegen in Bonn 8 Mark, für Strauchbohnen 6-8 Mark für den Zentner, in Bonn 15 Mark, Johannistrauben hier 18-20 Mark, in Bonn 25 Mark. (...) Es wäre an der Zeit, daß die hiesigen Händler etwas Konkurrenz vonseiten der Bonner Bürgerschaft erhielten.“

Gegen die Lebensmittelteuerung. Wie uns aus Düsseldorf geschrieben wird, hat die Stadtverwaltung mit ihren neu eingerichteten Lebensmittelverkäufen schon jetzt große Erfolge aufzuweisen. Die neuen Kartoffeln sind heute schon auf dem Markt weit billiger zu haben, als vor einigen Tagen. Noch vor kurzem wurden 65 Pfg. für das Pfund Zwiebeln verlangt. Die Stadt gab die Zwiebeln für 30 Pfg. ab und heute verkaufen sie auch die Händler für diesen Preis. Ganz ähnliche Erfahrungen sind auch mit dem Gemüseverkauf gemacht worden. Der Andrang zu den städtischen Verkaufsstellen ist derart, daß die Einrichtung weiterer Verkaufsstellen notwendig wird. Man sieht also, Zureden hilft.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Wie die hohen Marktpreise entstehen. Noch nie haben Käuferinnen und Verkäuferinnen auf so gespanntem Fuß gestanden, wie jetzt zur Kriegszeit. Man hört auf dem Wochenmarkt des öfteren Ausdrücke, über die der selige Knigge sich entsetzt haben würde; Halsabschneiderei, Gemeinheit und dergleichen nicht gerade parlamentarische Ausdrücke sind an der Tagesordnung. Erreicht wird dadurch zwar nichts, aber man will doch seinem gepreßten Herzen Luft machen. Das Hin- und Herreden führt zu nichts, denn jeder Verkäufer versichert, daß er an der allgemeinen Teuerung unschuldig ist. Der Vorkäufer schiebt die Schuld auf den Bauer, der Bauer auf den Händler. Im Grunde genommen interessiert es den Städter wenig, wer die Schuld hat; er muß bezahlen und sich einschränken, um mit seinen Groschen rundzukommen. Am Montag hatte ich Gelegenheit, festzustellen, daß die Teuerung auf verschiedene Weise zu Stande kommt. Als gegen 8 Uhr morgens ein Fuhrwerk mit Kirschen auf dem Markt anlangte, wurde es von den Händlerinnen sofort bestürmt. Noch ehe ein Korb vom Wagen herunter gehoben werden konnte, ging das Bieten von Seiten der Vorkäufer los. Der erste bot 30 Pfg. für das Pfund an, der zweite 35 Pfg. und ein dritter sogar 40 Pfg. Zu diesem Letztgebot wurde denn auch die ganze Fuhre im Handumdrehen verkauft und ehe noch eine halbe Stunde vergangen war, konnte die Verkäuferin mit ihrem leeren Fuhrwerk und mit voller Tasche wieder abziehen. „Ich hätt’ net gedaach, dat ich su viel für ming Waar gekrich hätt“, meinte die Verkäuferin schmunzelnd beim Wegfahren. „Et es nur schad, dat ich noch net e mol ne gode Kaffee krigge.“ Nun, den guten Kaffee wird die Verkäuferin wohl noch zu Hause bekommen haben.
   Ein anderes Bild: Am frühen Morgen wurde der Zentner Kartoffeln für 8,00 Mk. verkauft. Gegen 10 Uhr kam ein Kartoffelfuhrwerk vom Vorgebirge an, das wiederum von den Händlerinnen mit Beschlag belegt wurde. Die Eigentümerin der Kartoffeln verlangte rund 10 Mk. für den Zentner und als man ihr bedeutete, daß bis jetzt nur 8,00 Mk. verlangt worden wären, setzte sie den Preis auf 9,50 Mk. fest, und dabei blieb sie auch. Alles Handeln nutzte nichts, die Verkäuferin blieb fest, und wohl oder übel mußte der hohe Preis bezahlt werden. Und so kam es, daß im weiteren Verlauf des Tages die Kartoffeln mit 12 Pfg. für das Pfund bezahlt werden mußten. Meines Erachtens kann hier nur Wandel geschaffen werden, wenn die Händlerinnen sich einig sind und nicht sich gegenseitig die Preise in die Höhe treiben und dem Verkäufer gegenüber eine abwartende Stellung einnehmen. Das Allheilmittel aber wird sein, daß unsere Stadtverwaltung die Preise festsetzt und Uebertretungen empfindlich bestraft. Eine Bonner Hausfrau.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

    

Haarschneiden wird, wie die Bonner Friseur-Innung bekannt macht, da durch Einberufung zur Fahne Personalmangel eingetreten ist nur noch an Werktagen von unseren Friseuren ausgeübt.

Frauen im Postdienst. Seit einigen Tagen sind vom hiesigen Postamte Frauen im Briefbestelldienste beschäftigt. Man hat mit dieser Einrichtung gute Erfahrungen gemacht.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

„Im Kriege will jeder Millionär werden.“ Diese Worte sagte mir gestern ein Bekannter, den ich auf die unverschämt hohen Gemüse- und Obstpreise aufmerksam machte. Nachgerade ist es den armen Leuten schon bald nicht mehr möglich, mit den Mitteln auszukommen, die ihnen für die Lebensmittel zur Verfügung stehen. Und das bei der Rekordernte, die von allen Seiten angekündigt wird. Das Wetter war den Gemüse- und Obstzüchtern doch bis jetzt im großen und ganzen wohlwollend. Allenthalben liest man in den Zeitungen, daß die Gärten und Felder großartig ständen. Aber noch viel „großartiger“ stehen die Preise. Es ist schon von verschiedenen Seiten als Mittel gegen diese Wucherpreise Enthaltsamkeit angeraten worden. Allein das ist gut sagen. Was soll man dann essen? Fleisch ist zu teuer. Brot? Hopla - , da kommt das Brotbuch und sagt Halt. Da bleibt in dieser Jahreszeit eben nur das Gemüse übrig. Da der Bezieher sich gegen diese Gemüsewucherer nicht selbst helfen kann und alle Vorstellungen nur das Gegenteil erreichen, nämlich daß die Verkäufer, wie man das fast jeden Tag hören kann, sich mit ihren hohen Einnahmen brüsten, so muß nun endlich doch die Behörde eingreifen und zwar zunächst durch Ausfuhrverbote für frisches Obst und Gemüse. Weiter durch Einrichtung von behördlichen Verkaufsstellen für Obst- und Gemüsekleinhandel – oder doch meistens durch Festsetzung von Höchstpreisen für den Kleinhandel. Um den unseligen Zwischenhandel, der nach anderen Angaben wieder das Karnickel sein soll, auszuschalten, wäre zwar die Einrichtung behördlicher Verkaufsstellen das beste. Mit großem Erfolge sind hier Düsseldorf und Münster vorgegangen. Wir haben hier doch eine so reich Gemüsegegend, daß es ein leichtes sein muß, für billiges Geld Waren zu schaffen. Durchhalten! Wird uns immer gesagt. Gewiß hält das Volk durch und es hält gern durch, auch wenn es noch mehr Opfer kostet. Aber die Behörde muß auch dafür sorgen, daß nicht unnötiger Weise die Lebenshaltung verteuert wird. Dies kann sie hier, und daß sie es tun möchte, darum wird sie hiermit freundlichst und herzlichst, aber auch ebenso dringend gebeten, mag sie es nun auf die eine oder andere Weise tun. Ein Gemüseesser.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)