Mittwoch, 14. Juli 1915

   

Der Bonner Wehrbund unternahm vergangenen Sonntag eine Geländeübung an der unteren Sieg. Die eine Partei hatte die Aufgabe, den Siegübergang zu erzwingen und kleinere, zur Sicherung vorgeschobene Abteilungen eines in Mondorf stehenden Feindes, die von der anderen Partei dargestellt wurden, zurückzudrängen, womöglich abzuschneiden. Für die Ueberschreitung der Sieg konnten nur die beiden Furten bei der Bergheimer und Mondorfer Fähre in Betracht kommen, wo sie bei dem gegenwärtigen Wasserstande gefahrlos durchwatet werden kann. An der zweiten Stelle wurde der Uebergang mit Erfolg durchgeführt, während er an der ersten nicht als geglückt anerkannt werden konnte. Auch gelang es den Angreifern, wenigstens einen Teil der Mannschaft, die den Uebergang an der Bergheimer Fähre erfolgreich verhindert hatte, abzufangen.
   An die Uebung, die sich für die Teilnehmer in verschiedener Hinsicht lehrreich und anregend gestaltete, schloß sich eine Besichtigung der schönen Kirche in Schwarz-Rheindorf. Herr Pfarrer Bremer, der die Liebenswürdigkeit hatte, die Führung zu übernehmen, schloß seine belehrenden und fesselnden Erläuterungen mit dem Hinweis auf die Zeit der Kreuzzüge, der die Kirche ihren Ursprung verdankt, indem er in eindrucksvoller Weise der Jungmannschaft die Hingabe, den Opfermut und die Tapferkeit der Kreuzfahrer zum Vorbild aufstellte.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 14. Juli 1915Zum Raubmord in Lengsdorf. Heute morgen findet die Obduktion der Leiche von Frau Schönefeld in Lengsdorf statt, die, wie gestern berichtet, in ihrer Wohnung durch Beilhiebe ermordet wurde. Die der Tat verdächtige Witwe Höfer wurde gestern in das hiesige Untersuchungsgefängnis abgeführt. Sie leugnet bis jetzt noch hartnäckig, die schreckliche Mordtat verübt zu haben.

Auf dem gestrigen Bonner Wochenmarkte und auf dem Engrosmarkt auf dem Stiftsplatz waren die bisher schon sehr hohen Preise für sämtliche Gemüse und Obst fast alle noch gestiegen. Diese Preissteigerungen sind unerklärlich, wenn man das tagtäglich große Angebot auf den beiden Märkten beobachtet. Die Menge der angebotenen Waren ist mindestens dieselbe wie in früheren Jahren, eher noch größer. Um eine Preisregelung herbeizuführen, wäre es angebracht, daß die Kleinverkäufer trotz der außerordentlich hohen Preise, die die Großhändler auf dem Stiftsplatz verlangen, nicht so heißhungrig über die Ware herfielen, denn auch dadurch werden die Preise künstlich in die Höhe getrieben. Die Kleinverkäufer, die ihre eigenen Erzeugnisse auf den Markt bringen, haben natürlich nichts eiligeres zu tun, als sich mit ihren Preisen nach denen der Vorkäufer zu richten. Es liegt gar keine Veranlassung vor, diese in gar keinem Verhältnis zu der guten Ernte stehenden Preise zu fordern. Strauchbohnen kosteten gestern im Zentner 15 Mk., also 2-3 Mk. mehr als in der vorigen Woche – warum? Ferner kosteten im Zentner: dicke Bohnen 14-15 Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 14. Juli 1915Mk., Erbsen 22 Mk., Kartoffeln 8 Mk., (…) Kirschen im Zentner 40 Mk., (…) Himbeeren 45-50 Mk. Kopfsalat kostete 8 und 10 Pfg. das Stück, vorige Woche 4 und 5 Pfg., (…) Die Zufuhr in holländischem Blumenkohl ist immer noch sehr knapp, es wurden gestern 40 und 45 Pfg. für das Stück bezahlt. Holländische Tomaten kosteten 60-70 Pfg. das Pfund, hiesige Pfirsiche und Aprikosen 60-70 Pfg. das Pfund. Schnittblumen waren wieder reichlich vorhanden und fanden guten Absatz. Gute Butter, Kisten-Eier und Geflügel waren im Preise unverändert. Frische Eier sind etwas billiger geworden.
   Die Kauflust hatte erheblich nachgelassen. Gegen Marktschluß um 1 Uhr mittags waren noch reichliche Vorräte an Gemüse und Obst zu beobachten. Die Preise waren jedoch nicht gesunken.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Künstliche Preistreibereien auf dem hiesigen Markte. Ich will durch einen Vorfall beweisen, mit welcher Kaltblütigkeit selbst die kleinsten Landleute einem die unverschämtesten Forderungen stellen – angestachelt natürlich von den „Großen“. Frage ich heute mein Gemüsemädchen, welches einige Male in der Woche mit der Handkarre bei uns vorfährt, warum auch bei ihr in letzter Zeit die Preise in die Höhe gingen und erhalte zur Antwort: „Ich wäre ja dumm, wenn ich das nicht täte, die anderen nehmen ja auch die höheren Preise.“ Wann wird hier in Bonn dagegen angegangen? Was „Münster“ kann, kann Bonn wohl auch, ich bin neugierig, wie das noch enden wird.
   Mit der Butter ist es dasselbe: vor 14 Tagen bezahlte ich bei meiner Butterfrau 1,60 Mk. – vor acht Tagen 1,70 Mk. – und heute verlangt sie 1,80 Mk., trotzdem sie sagte, daß Futter genug da sei, also kein Grund zur Preissteigerung vorliege. Auch hier geben die „Großen“ den Ton an. W. Sch.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

   

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 14. Juli 1915Pflanzt Gedenkbäume! Man schreibt uns: Zur Förderung des Obstbaues könnte noch viel mehr geschehen, da dieser Zweig der Land- und Volkswirtschaft großen Nutzen bringt. Die Zahl der Obstbäume ist noch zu gering. Durch den Krieg ist die Zufuhr vom Auslande größtenteils gesperrt. Hat der Krieg auch seine Härten, so erteilt er uns auch manche Lehre für die Zukunft. So müssen wir von jetzt ab dafür sorgen, daß wir unseren Bedarf an Obst selbst produzieren. Deshalb gilt es, bei jung und alt vermehrtes Interesse für Obstbaumzucht zu wecken. Hierzu bietet sich häufig Gelegenheit. Haben Großeltern, Eltern oder Kinder Namens- oder Geburtstag, so weiß man oft nicht, wie man sich diesen gegenüber dankbar zeigen oder sie ehren soll. Ein schönes und zugleich wertvolles Geschenk ist ein guter Obstbaum. Wird dieser an einem Ehrentage gepflanzt, so ist er eine bleibende Erinnerung an die gezollte Liebe und Anhänglichkeit. Das diesem Baum sowohl von dem Beschenker [Beschenkten?] als auch dem Geschenkgeber eine große Beachtung gezollt, daß er gut gepflegt und gedüngt wird, ist wohl außer Zweifel. Wenn die Landwirte und alle, denen genügend Raum zur Pflanzung von Obstbäumen zur Verfügung steht, diese Anregung befolgten, so würden nach einigen Jahren tausende Obstbäume stumme Zeugen sein von der Dankbarkeit und Treue des deutschen Volkes, die sich namentlich an Ehrentagen kundgibt.

Einbruchsversuch. In der vorletzten Nacht gegen ½1 Uhr versuchte ein 15jähriger Bursche in eine Uhren- und Goldwarengeschäft an der Brückenstraße einzudringen, um zu stehlen. Er stieg durch das Fenster über der Türe in den Laden, trat auf einen Telephondraht, wodurch die elektrischen Anlagen im Schlafzimmer des Uhrmachers klingelten. Durch ihren Alarm wurden die Einwohner geweckt. Die Frau rief um Hilfe. Der Mann eilte in den Laden. Der Bursche suchte wieder durch das Fenster das Weite und entkam. Er soll aber erkannt sein.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)