Donnerstag, 8. Juli 1915

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 8. Juli 1915Seinen Verwundungen erlegen ist in Königsberg der Unterarzt im Landwehr-Infanterie-Regiment Nr. 29 Dr. Felix Leeser, der Sohn des Bonner Arztes Dr. Jakob Leeser.
  
Dr. Felix Leeser war von Beginn des Krieges an als Militärarzt tätig. Seinem sehnlichen Wunsche, im Felde beschäftigt zu werden, wurde bald Erfüllung, und so konnte er zunächst in Frankreich und dann auf dem östlichen Kriegsschauplatze sein Können und Wissen im Dienste des Vaterlandes einsetzen. Im Osten ging auch sein dringender Wunsch, an die vorderste Linie zu kommen, in Erfüllung, und auf der Fahrt zur Front erhielt er schwere Verwundungen, denen er jetzt in einem Königsberger Lazarett erlegen ist. Er starb für sein Vaterland, in dessen Dienst er mit unermüdlichem Eifer tätig war. Dr. Leeser, der als sehr begabter junger Mediziner galt, hatte sich dem Sonderfach Chirurgie zugewandt.

Wegen Tierquälerei hatte sich gestern ein hiesiger Schäfer vor dem Schöffengericht zu verantworten. Er hatte ein Schaf seiner Herde, das sich verletzt und eine tiefe Wunde am Hinterbein hatte, vom Mittag des einen bis zum Mittag des folgenden Tages beim Jesuitenhof am Rhein liegen lassen, ohne sich um das Tier zu kümmern. Als das Schaf dann auf Veranlassung eines Polizeibeamten zum Schlachthof gebracht wurde, waren schon dicke Maden in der Wunde. Der Schäfer wurde zu sechs Tagen Haft verurteilt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

500 Jahre Hohenzollernherrschaft. Der Kaiser hat durch einen Erlaß bestimmt, daß der Gedenktag der 500jährigen Herrschaft der Hohenzollern am 21. Oktober d. J. gefeiert werden soll. Die Feier soll mit Rücksicht auf den Ernst der Zeiten auf eine Feier in den Schulen und auf eine kirchliche Feier am Sonntag den 24. Oktober beschränkt werden.

Anzeige im General-Anzeiger vom 8. Juli 1915Frauenkriegsberufe. Der Krieg hat allenthalben eine Umwertung der Werte hervorgerufen. In manchen Betrieben sind jetzt Frauen mit Arbeiten beschäftigt, die man noch vor Jahresfrist keiner Frau anvertraut oder zugemutet hätte. Der Außenstehende merkt von dieser Umwandlung weniger, da sich die Arbeiten meist innerhalb der vier Wände abspielen. Aber auch das Straßenbild weist in dieser Beziehung merkliche Veränderungen auf. Auf Bierwagen und anderen Fuhrwerken thronen jetzt weibliche Führer und auch unsere Straßenbahn hat bekanntlich seit Monaten weiblich Schaffner angestellt. Wenige bekannt dürfte sein, daß die Straßenbahn auch weibliche Weichensteller besitzt, die mit Umsicht ihres immerhin verantwortungsvollen Amtes walten. Seit einiger Zeit hat ein hiesiges Reinigungsinstitut weibliche Fensterputzer angestellt, die begreiflicherweise ihren männlichen Kollegen mit Erfolg Konkurrenz machen können. Eine ganze Anzahl hiesiger Geschäfte sah sich genötigt, die „radfahrenden Laufburschen“ durch Mädchen zu ersetzen und neuerdings ist auch die pst dazu übergegangen, Frauen als Briefkastenleererinnen zu verwenden. Auch sollen, wie wir hören, weibliche Briefträger zur Anstellung gelangen, wie dies im Industriebezirk längst der Fall ist. Natürlich ließe sich die Liste der neuen Frauenberufe noch erheblich erweitern; wir beschränken uns aber auf den Wechsel in den Berufen, die sich hauptsächlich im Straßenbild bemerkbar machen.

Die deutsche Seifenindustrie macht darauf aufmerksam, daß die deutschen Hausfrauen ihre bisherigen Ansprüche an Farbe und Härte der Seife etwas werden zurückschrauben müssen. Eine weichere Kernseife kann aber dennoch denselben Waschwert haben wie eine ganz harte, und auf den Waschwert kommt es im Kriege an. Auch eine dunklere Farbe der Seife beeinflusst keinesfalls den Waschwert. Die zur Seifenerzeugung früher gebrauchten Oele und Fette sind fast gar nicht mehr und dann auch nur in sehr geringen Mengen zu ungewöhnlich hohen Preisen zu haben.

Neuer Militärmarsch. Im Kommissionsverlag von J. Tonger in Köln erschien soeben ein „Marsch des Res.-Inf.-Regts. 29“, der von unserem Landsmann Herrn Ernst Heyer komponiert ist. Herr Heyer dient augenblicklich als Wehrm. in diesem Regiment; er hat den Marsch im Schützengraben von Ripont komponiert und bereits vielen Beifall mit ihm gefunden. Der Komponist ist bekanntlich Organist in der hiesigen St. Remigiuskirche und wird als Musiker sehr geschätzt. Der Reinertrag, der aus dem Verkauf des flotten Marsches erzielt wird, soll zum besten der Hinterbliebenen des Res-Inf.-Regts. 29 verwandt werden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Der letzte Marsch. Die Deutsche Photographur Akt.-Ges. in Siegburg hat nach dem Original von Oskar Detering in Düsseldorf zwei Bilder hergestellt, welche unter dem Titel „Der letzte Marsch“ den Erlöser darstellen, wie er gefallene Krieger aufrichtet und in das Reich der Seligkeit führt. Die Bilder sind von packender Wirkung. Ein Bild ist im Schaufenster unserer Geschäftsstelle ausgestellt. Der Preis der Bilder beträgt je nach Größe 5 oder 8 Mark. Sie können auch mit Rahmen bezogen werden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)