Mittwoch, 30. Juni 1915

  

Bonner Adreßbuch. Am 2. Juli wird mit dem Druck des Bonner Adreßbuches begonnen werden. Der Verlag J. F. Carthaus erinnert an die rechtzeitige Einsendung etwa noch ausstehender Adreßkarten. Nach dem 1. Juli können Aenderungen nicht mehr berücksichtigt werden.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 30. Juni 1915Anzeige im General-Anzeiger vom 30. Juni 1915Eine große Katholikenversammlung fand gestern abend im dicht besetzten Dreikaisersaale statt. Herr Rechtsanwalt Henry begrüßte die Versammlung. Er beglückwünschte zunächst die beiden Reichstagsabgeordneten Dr. Spahn und Chrysant zu ihrem Namenstag und Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 30. Juni 1915brachte ein Hoch auf den Kaiser und den Papst aus. Nachdem der Münsterchor einen Chor vorgetragen hatte, ergriff Herr Abgeordneter Oberlandesgerichts-Präsident Dr. Spahn das Wort zu einer Rede über: Krieg und Wirtschaft. Deutschland habe seine Politik auf den Frieden gestellt eingedenk der Warnung Bismarcks vor einem ruchlosen Präventivkrieg. Der Krieg sei der größte der Welt geworden. (...)
   Wann der Friede kommt, wissen wir nicht, ob er unser Vaterland stärken wird, wir können es nur hoffen. Dieser Krieg muß aber das Reich stärken helfen. Was das dritte Jahrtausend bringen wird, läßt sich aus der Geschichte nicht erklären. Wir wollten keinen Eroberungskrieg führen. Aber Belgien darf nicht mehr ein Bollwerk Englands sein (Bravo!). Rußlands Dampfwalze müssen wir jederzeit abweisen können. (...) Wir werden weitere Opfer für Heer und Marine bringen müssen. Für die Hinterbliebenen werden wir umfangreich zu sorgen haben. (...) Möge Deutschlands Sonne allezeit auf ein glückliches Reich strahlen.
   Lebhafter Beifall wurde dem Redner für seine mehr als einstündigen Ausführungen zuteil.
   Nach einem Gesangsvortrag des Münsterchores sprach Herr Universitätsprofessor Dr. Brandt über die religiös-sittliche Mission des Krieges. Wenn auch der Krieg der Vernichter sei, so sei ihm doch eine Mission zuzuschreiben, die große sittlich-religiöse Werte für unser Volk geschaffen habe und es einer großen Zukunft entgegenführe. Er habe tief in das religiöse Gebiet eingegriffen zur Besserung. (...)
   Und wie leer war manches Jünglingsleben geworden. Da kam der Krieg und zeigte, daß die Selbstsucht weggeweht und daß die Opferfreudigkeit, das Heldentum geblieben war. Wenn Deutschland auf diesem Wege fortschreite, werde die Gottesmutter den Gottessohn bitten, daß bald ein ehrenvoller Friede Deutschland beschieden sein möge.
   Starker Beifall erscholl am Schlusse dieser Rede. Mit einem Liede zu Ehren der Gottesmutter wurde die Versammlung geschlossen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Anzeige im General-Anzeiger vom 30. Juni 1915Anzeige im General-Anzeiger vom 30. Juni 1915Godesberg, 30. Juni. Gestern nachmittag fand im hiesigen Ortsteile Schweinheim die kirchliche Einweihung der neuen Sebastianuskapelle statt. Die Bewohner hatten ihre Häuser und den vollendeten Neubau reich beflaggt. Um 4 Uhr bewegte sich von der großen Pfarrkirche aus eine stattliche Prozession hinauf zur Anzeige im General-Anzeiger vom 30. Juni 1915Weihestätte unter Teilnahme der Mitglieder des Kirchenvorstandes und der kirchlichen Gemeindevertretung, sowie des Kirchenchors Cäcilia und der Fahnendeputationen der katholischen Vereine. (...) Von einer weiteren weltlichen Nachfeier war entsprechend der heutigen ernsten Zeit abgesehen worden.

 (Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und fern“)

   

Für Briefmarkensammler. Wie bereits im vorigen Jahre für Belgien, sind nun auch für die von unseren Truppen besetzten Teile Russisch-Polens deutsche Reichspostmarken mit dem Aufdrucke Rußland-Polen erschienen. Briefmarkensammlern hat der Weltkrieg überhaupt viel Anregung gebracht. Die meisten kriegführenden Staaten haben dem Roten Kreuz durch Herausgabe frankaturfähiger Marken namhafte Beträge zugewandt. Allen voran ist Ungarn gegangen, das nicht weniger als 34 Wohltätigkeitsmarken im Nennwert von zusammen über 20 Mark hat erscheinen lassen. Seinem Beispiele ist die österreichische Post gefolgt, die kürzlich 5 wundervolle Kriegsmarken herausgegeben hat, welche mit 1-3 Heller Aufschlag zugunsten des Roten Kreuzes verkauft werden. Auf den einzelnen Werten findet sich Infanterie im Schützengraben, Kavalleriepatrouille, Motormörser in Feuerstellung, das Kampfschiff „Viribus unitis“ und ein Kriegsaeroplan dargestellt. Für die in österreichisch-ungarische Verwaltung genommenen Teile Rußlands hat man 21 Marken der kursierenden Ausgabe für Bosnien mit K. u. K. Feldpost überdruckt.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)