Sonntag, 27. Juni 1914

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 27. Juni 1915Der Bonner Lazarettzug K 1 hat auch die zwölfte Fahrt mit großer Schnelligkeit ausgeführt. Er fuhr am Samstag mittag vom hiesigen Güterbahnhofe ab, lud am Dienstag in Chauny 200 Verwundete aus den letzten Gefechten bei Moulin sous Touvent, sowie 40 im August und September v. J. schwer verwundete und jetzt erst beförderungsfähige Franzosen. Ausgeladen wurde am Donnerstag in Bayreuth. Der Zug steht jetzt zur nächsten Fahrt auf dem Godesberger Güterbahnhof bereit.
   Die wachsende Fliegenplage nötigt zur Bitte um Geldspenden für geeignete Schutznetze. Ferner werden besonders dringend Zigarren, Zigaretten, Marmeladen als Liebesgaben erbeten. Endlich Konserven aller Art in Blechdosen. Da der Vorrat an Verbandsstoffen zu Ende geht, so sind auch davon größere Mengen, noch besser aber Geld zu ihrer Beschaffung erforderlich. – Sammelstelle Bahnhofstraße 40.
   Den Bonner Marktfrauen sei auch diesmal für die reichlichen Spenden an frischen Gemüsen, von denen wiederum mehrere Körbe an Lazarette in Chauny abgegeben werden konnten, und nicht minder allen übrigen freundlichen Spendern herzlich gedankt. (...)

Bonner Männer-Gesang-Verein. Auch in Bonn wird bekanntlich geplant, eine Figur aufzustellen und durch Einschlagen von Nägeln Mittel für die Kriegshilfe bezw. das Rote Kreuz aufzubringen. In erster Linie gilt es nun, die Mittel für eine solche Figur aufzubringen. Wie wir soeben erfahren, hat der Bonner Männer-Gesang-Verein in seiner letzten Vorstands-Sitzung beschlossen, der Verwirklichung des Planes sofort näher zu treten. Der altbekannte Verein wird an einem der nächsten Sonntage im Bonner Bürgerverein ein Gartenkonzert veranstalten, dessen Reinertrag als Grundstock für die Errichtung einer solchen Figur dienen und dem in der Bildung begriffenen Ausschusses überwiesen werden soll. Gutes Wetter und zahlreicher Besuch möge im Interesse des guten Zweckes dieser Veranstaltung beschieden sein. Das Nähere wird demnächst durch Anzeigen in den Tageszeitungen bekannt gegeben werden.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

Anzeigen im General-Anzeiger vom 27. Juni 1915Zur Vermeidung von Störungen in der Kriegsindustrie. Das hiesige Königl. Bezirkskommando übermittelt uns folgenden Korpsbefehl des Generalkommandos des 8. Armeekorps:
Zahlreiche Kriegslieferanten sind im Zweifel, ob unentbehrliche Facharbeiter, die bis 30. Juni 1915 beurlaubt oder zurückgestellt sind, am 1. Juli 1915 ohne weiteres sich zu stellen haben, oder ob sie diesbezüglichen Befehl abwarten können. Um Störungen in der Kriegsindustrie zu vermeiden, wird hiermit auf Befehl des stellvertretenden Generalkommandos, 8. Armeekorps, bekannt gegeben, daß diese Leute, - es handelt sich nur um unentbehrliche industrielle Facharbeiter – bei Ablauf ihrer Zurückstellung oder Beurlaubung sich nicht ohne weiteres zu stellen haben, sondern Gestellungsbefehl abwarten sollen.
   Als „Kriegslieferungen“ sind, entsprechend ihrer Bedeutung für die Durchführung des Krieges, anzusehen alle Arbeiten, die zur Herstellung des Bedarfs für die Bewaffnung, Ausrüstung, Bekleidung, Ernährung und Unterbringung der Wehrmacht des deutschen Reiches und seiner Verbündeten, sowie zur Erhaltung des gesamten deutschen Volkes und seines Wirtschaftslebens erforderlich sind. Ob den Lieferanten einer Firma dieser Charakter zukommt, ist im Einzelfall zu prüfen. Allgemein ausgeschlossen vom Begriff eines Kriegslieferanten sind jedenfalls nur die Luxusgewerbe, wie z.B. die Spielwaren-, Schmuckwaren-, Musikinstrumenten-Industrie usw.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Nächtliche Ruhestörer. Wir möchten die Stadtverwaltung einmal auf die Radauszenen aufmerksam machen, die sich nachts in der Kommandarie- und Neustraße abspielen. Bei Harmonikaspiel wird dort auf offener Straße getanzt und derartig skandaliert, daß es der Nachbarschaft nicht möglich ist, ein Auge zuzumachen. In der Nacht zum Freitag wurde, trotzdem die Anwohner um 11 ½ Uhr um Ruhe gebeten hatten, noch bis 1 Uhr weiter gesungen, Harmonika gespielt und getanzt. Es wäre zu wünschen, wenn die Polizei sich ins Mittel legte, damit es den Leuten, die sich am Tage müde gearbeitet haben, möglich ist, nachts auszuruhen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

  

Frisches Obst, insbesondere Erdbeeren und Kirschen, darf in Pappkästen mit der Feldpost nicht verschickt werden, weil die Früchte schon nach kurzer Beförderungsdauer Flüssigkeit absondern, wodurch andere Sendungen beschädigt werden. Die Versendung ist nur in sicher verschlossenen Blechbehältern zulässig. Am besten wird von der Versendung überhaupt abgesehen, weil keine Gewähr besteht, daß die Früchte in gutem Zustande ankommen. Ungenügend verpackte Feldpostsendungen mit frischem Obst werden von den Postangestellten zurückgewiesen werden.

Die Kunst im Schützengraben. Herr Ernst Heyer, Wehrmann im Res.-Inf.-Reg. Nr. 29, im Frieden Organist an der St. Remigiuskirche in Bonn, hat im Schützengraben einen Marsch für Klavier komponiert: „Marsch des Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 29“. Das Werk hat bereits vielen Beifall gefunden. Es ist in dem bekannten Verlag von P.J. Tonger in Köln erschienen und kostet 1 Mark. Der Reinertrag wird zum Besten der Hinterbliebenen von Angehörigen des Res.-Inf.-Reg. Nr 29 verwendet.

Weibliche Steuerleute. Der empfindliche Mangel an männlichem Personal macht sich auch auf den Rheinschiffen bemerkbar. Man sieht jetzt vielfach weibliche Steuerleute auf den Schiffen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)